Der Abriss eines technisch und wirtschaftlich nicht verbrauchten Wohngebäudes und der anschließende Neubau eines Wohngebäudes erfüllt nach Ansicht des FG Köln nicht die Voraussetzungen der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau. Tatbestandsvoraussetzung ist, dass die Wohnung sowohl neu als auch bisher nicht vorhanden gewesen ist. Die Ersetzung des Gebäudes erfüllt diese Voraussetzung nicht, denn sie führt nicht zu einer weiteren zählbaren Wohneinheit.
In seinem Urteil vom 12.09.2024 (1 K 2206/21) beschäftigte sich das FG Köln mit der Frage, ob die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau gem. § 7b Abs. 1 EStG anwendbar ist, wenn ein vermietetes Wohngebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird. Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW veröffentlicht.
Die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau ist mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus vom 04.08.2019 eingeführt worden. Für die Anschaffung oder Herstellung neuer Wohnungen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union belegen sind, können unter bestimmten Voraussetzungen im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden drei Jahren Sonderabschreibungen bis zu jährlich 5 Prozent der Bemessungsgrundlage in Anspruch genommen werden.
Die Sonderabschreibung kann neben der Absetzung für Abnutzung nach § 7 Absatz 4 EStG geltend gemacht werden. Voraussetzung dafür ist nach § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, dass durch Baumaßnahmen aufgrund eines nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 gestellten Bauantrags neue, bisher nicht vorhandene, Wohnungen hergestellt werden, die die Voraussetzungen des § 181 Abs. 9 BewG erfüllen. Weitere Voraussetzung ist, dass die neue Wohnung über einen Zeitraum von insgesamt 10 Jahren vermietet und die Baukostenobergrenze von 3.000 € pro qm nicht überschritten wird.
Durch das Wachstumschancengesetz wurde die Sonderabschreibung verlängert und hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen ausgeweitet. Voraussetzung ist nach § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG, dass durch Baumaßnahmen auf Grund eines nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.10.2029 gestellten Bauantrags neue, bisher nicht vorhandene, Wohnungen hergestellt werden, die die Voraussetzungen des § 181 Abs. 9 BewG erfüllen. Weitere Voraussetzung ist, dass die neue Wohnung über einen Zeitraum von insgesamt 10 Jahren vermietet und die Baukostenobergrenze von 5.200 € pro qm nicht überschritten wird. Zudem muss das Gebäude, in dem die Wohnungen liegen, die Kriterien eines „Effizienzhaus 40“ erfüllen und das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ tragen. Der Entscheidung des FG Köln lag die Sonderabschreibung in der vorherigen für das Streitjahr 2020 einschlägigen Fassung zugrunde. Allerdings kann die Entscheidung auch auf die Sonderabschreibung i. d. F. des Wachstumschancengesetzes übertragen werden. Laut FG Köln wurden die Voraussetzungen für die Sonderabschreibung durch das zusätzliche Abstellen auf energetische Aspekte nämlich verschärft. Die ursprüngliche Zielsetzung des Gesetzgebers zur Schaffung von neuem Wohnraum sei hierdurch nicht aufgegeben worden.
Sachverhalt:
Ein vermietetes Einfamilienhaus wurde abgerissen und im Streitjahr 2020 mit einem neuen Einfamilienhaus bebaut, da die Eigentümer die Sanierung des Gebäudes auf einen zukunftsfähigen Standard als nicht wirtschaftlich erachteten. Auch der Neubau sollte zu Wohnzwecken vermietet werden. Das Finanzamt versagte allerdings die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau, woraufhin die Eigentümer zunächst Einspruch einlegten und nach dessen Ablehnung Klage einreichten.
Entscheidungsgründe: Das FG Köln kommt zu dem Ergebnis, dass die voranstehenden Voraussetzungen der Sonderabschreibung im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien. Das neu errichtete Einfamilienhaus sei keine neue, noch nicht vorhandene Wohnung. Der Senat sieht die Voraussetzungen der Sonderabschreibung nur dann als erfüllt an, wenn es sich sowohl um eine neu errichtete als auch eine vorher nicht vorhandene Wohnung handelt. Laut FG Köln wurde im vorliegenden Fall lediglich eine alte Wohnung durch eine neue Wohnung ersetzt. Die Ersetzung von Wohnraum entspricht allerdings nicht dem Förderungszweck des § 7b Abs. 2 EStG, denn eine Ersetzung wirkt nicht gleichsam gegen die vom Gesetzgeber anvisierte Wohnungsknappheit. Das FG Köln führt allerdings weiter aus, dass eine neu geschaffene Wohnung in Betracht kommt, wenn bestehender Wohnraum nach Sanierung erstmalig dem Wohnungsbegriff genügt. Dies entspräche dem gesetzgeberischen Willen, mit § 7b EStG als Maßnahme im Rahmen der Wohnraumoffensive insbesondere in Ballungsräumen die Schaffung bezahlbaren Wohnraums herbeizuführen. Dies kam im vorliegenden Fall allerdings nicht in Frage, da das abgerissene Einfamilienhaus im Zeitpunkt des Abrisses weder technisch noch wirtschaftlich verbraucht gewesen sei. Daher sei die Klage unbegründet.
Die Entscheidung ist derzeit anhängig beim BFH (IX R 24/24). Daher bleibt es abzuwarten, ob die Aussagen des FG Köln Bestand haben werden. Durch die Entscheidung des FG Köln zeigt sich allerdings für die Praxis eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit bei Anwendung der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau auf. Ein Käufer einer förderfähigen Wohnung verfügt gegebenenfalls gar nicht über die notwendigen Informationen, ob eine Wohnung neu und bisher nicht vorhanden war. Die Anwendungsmöglichkeit der Sonderabschreibung ist für den Käufer damit mit Rechtsunsicherheit belastet, wenn zukünftig das Tatbestandsmerkmal des bisher nicht Vorhandenseins stärker in den Fokus der Finanzverwaltung rückt.