Das OLG Köln (Beschluss v. 31.08.2021 – 28 Wx 29/20) musste sich in einem Beschwerdeverfahren mit der Frage befassen, ob eine Universitätsklinik ihren Jahresabschluss nach den Offenlegungspflichten zu veröffentlichen hat. Die Richter lehnten dies mangels Kaufmannseigenschaft einer Universitätsklinik nach § 1 HGB ab.
Eine Universitätsklinik hat als Anstalt öffentlichen Rechts ihren Jahresabschluss nach § 325 HGB zu veröffentlichen, wenn sie Kaufmann nach § 1 HGB ist und die in § 1 PublG genannten Merkmale auf sie zutreffen (§§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 5, 9 Abs. 1 Satz 1 PublG). Gemäß § 1 Abs. 1 HGB ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Handelsgewerbe ist wiederum jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Streitgegenstand war die Frage, ob eine Universitätsklinik einen Gewerbebetrieb führt und somit die Kaufmannseigenschaft nach § 1 HGB besitzt.
Nach herkömmlicher Definition ist Gewerbe im Sinne des § 1 HGB jede selbstständige und berufsmäßige wirtschaftliche, nicht wissenschaftliche, künstlerische oder freiberufliche Tätigkeit, die auf Gewinnerzielung durch einen auf Dauer gerichteten Geschäftsbetrieb zielt, wobei das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht zunehmend durch die Merkmale der Selbstständigkeit, des Angebots am Markt, der Entgeltlichkeit und der planmäßigen Dauer ersetzt wird.
Der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren war der Ansicht, dass es sich bei einer Universitätsklinik um einen Gewerbebetrieb handele. Selbst ohne Gewinnerzielungsabsicht (öffentlich-rechtliches Klinikum) sei dies der Fall, da bereits die Teilnahme am Wettbewerb und das Anbieten von Leistungen ein Handelsgewerbe begründen könne. Als Universitätsklinik stehe sie in Konkurrenz zu privaten Einrichtungen und warb im vorliegenden Fall auch für internationale Kunden. Es liege mithin eine wirtschaftliche Tätigkeit am Markt vor. Deshalb handele es sich vorliegend um einen Gewerbebetrieb, sodass die Universitätsklinik der Offenlegungspflicht nach § 325 HGB unterliege.
Die Universitätsklinik vertritt jedoch die Auffassung, wissenschaftlich tätig zu sein, damit keinen Gewerbebetrieb zu führen und mangels Kaufmannseigenschaft i. S. d. § 1 HGB deshalb nicht offenlegungspflichtig zu sein. Dies ergebe sich bereits aus der Satzung, da hier die Förderung der Forschung und Lehre explizit vorgeschrieben sind. Auch stehe sie nicht in Konkurrenz zu privaten Einrichtungen, da sie strukturell nicht mit Plankrankenhäusern vergleichbar sei. Ein Uniklinikum sei öffentlich-rechtlich tätig und führe deshalb primär auch keine wirtschaftlichen Tätigkeiten am Markt aus.
Insbesondere handele es sich allenfalls um eine wissenschaftliche und wirtschaftliche Mischtätigkeit. Dann sei auf das Gesamtbild und die Haupttätigkeit abzustellen. Eine strikte Trennung zwischen beiden Teilbereichen ist nicht möglich, da die Forschung und Lehre auf die Patientenpraxis angewiesen sind. Zur Erforschung und Entwicklung neuer Diagnose- und Behandlungsmethoden sei die unmittelbare Erkenntnisgewinnung durch die praktische Krankenversorgung erforderlich. Zudem könnten die neu entwickelten Ergebnisse aus Forschung und Lehre direkt in der Krankenversorgung angewandt werden. Der Hauptfokus einer Universitätsklinik liege deshalb auf der wissenschaftlichen Erforschung. Daher liege kein Gewerbebetrieb vor und mangels Kaufmannseigenschaft nach § 1 HGB bestehe für die Universitätsklinik in der Folge auch keine Offenlegungspflicht nach § 325 HGB.
Die Richter folgten der Argumentation der Universitätsklinik vollumfänglich. Das OLG betonte die Verzahnung zwischen Forschung und medizinischer Krankenbehandlung. Der Hauptfokus liegt aber auf der Forschung – das ergibt sich aus der Gesamtanschauung. Auf der Website des Klinikums wird vor allem für Forschung und Innovation geworben. Folglich führt die Universitätsklinik keinen Gewerbebetrieb und hat deshalb keine Kaufmannseigenschaft. In Folge bestehen keine Offenlegungspflichten.
Auch wenn das OLG Köln bei seiner Entscheidung auf die im vorliegenden Fall einschlägige Rechtsverordnung für die Universitätskliniken Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster Bezug nimmt, dürfte die Entscheidung wohl für alle Universitätskliniken von Relevanz sein und damit eine eindeutige Richtungsentscheidung darstellen. Es sind kaum Konstellationen denkbar, in denen das Ergebnis anders ausfallen müsste. Es kann deshalb abschließend festgehalten werden, dass Universitätskliniken mangels Kaufmannseigenschaft nicht der Offenlegungspflicht nach § 325 HGB unterliegen.