Die Verlagerung von Funktionen aus dem Inland in das Ausland unterliegt der Besteuerung durch das Außensteuergesetz (AStG). Der Wert der übergehenden Funktionen ist im Sinne eines Transferpakets zu ermitteln. Besteuerungsgrundlage ist ein fremdüblicher Transferpreis. Wenn für das Transferpaket kein vergleichbarer Fremdvergleichswert existiert, muss ein hypothetischer Fremdvergleich nach § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG anhand ökonomisch anerkannter Bewertungsmethoden durchgeführt werden.
1. Grundlagen
Die Verlagerung von Funktionen aus dem Inland in das Ausland innerhalb eines Konzernverbundes unterliegt der Besteuerung durch das Außensteuergesetz (AStG). Hierbei handelt es sich regelmäßig um steuerlich komplexe Sachverhalte, wenn kein vergleichbarer Fremdvergleichswert für die zu verlagernde Funktion existiert. In diesen Fällen sind zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der zu verlagernden Funktion mehrere Unternehmensbewertungen durchzuführen. Die steuerliche Abwicklung von Funktionsverlagerungen erfordert daher regelmäßig die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Experten in den Themenfeldern „Steuern“ und „Unternehmensbewertung“.
2. Funktionsverlagerung nach § 1 Abs. 3b AStG
Eine Funktion ist gemäß § 1 der Funktionsverlagerungsverordnung – FVerlV eine Geschäftstätigkeit, die aus einer Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht, die von bestimmten Stellen oder Abteilungen eines Unternehmens erledigt werden. Eine Funktionsverlagerung im Sinne des § 1 Abs. 3b AStG liegt dann vor, wenn eine Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken sowie der mitübertragenen Wirtschaftsgüter ganz oder teilweise übertragen wird. Ein Beispiel hierfür ist die Verlagerung der Vertriebsfunktion mit allen Rechten und Patenten, die im Zusammenhang mit den zu vertreibenden Produkten stehen. Das übernehmende Unternehmen muss diese Funktion ausüben oder eine bestehende Funktion ausweiten können. Die verlagerte Funktion als Ganzes bildet das sogenannte Transferpaket. Zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlage des Transferpakets ist unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes dessen Wert bzw. dessen Transferpreis zu berechnen.
Falls der Steuerpflichtige gem. § 1 Abs. 3b S. 2 AStG jedoch glaubhaft machen kann, dass weder wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter noch sonstige Vorteile Gegenstand der Funktionsverlagerung waren, liegt keine Funktionsverlagerung i.S.d. § 1 Abs. 3b S. 1 AStG vor.
3. Bestimmung des Transferpreises
3.1 Fremdvergleichsgrundsatz
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 AStG ist als Transferpreis ein Preis anzusetzen, den Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz). Für die in § 1 Abs. 3b S. 1 AStG definierte Verlagerung der Funktion als Ganzes (Transferpaket) wird nur in den seltensten Fällen eine vergleichbare Transaktion vorliegen, anhand derer ein fremdüblicher Verrechnungspreis festgestellt werden könnte. Daher ist i.d.R. für die Bestimmung des Fremdvergleichspreises ein hypothetischer Fremdvergleich aus Sicht des verlagernden Unternehmens und des übernehmenden Unternehmens anhand ökonomisch anerkannter Bewertungsmethoden durchzuführen (§ 1 Abs. 3 S. 7 AStG).
3.2 Ermittlung der Besteuerungsgrundlage bzw. des Werts des Transferpakets
Zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlage bzw. des Werts des Transferpakets muss unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes der Einigungsbereich i.S.d. § 1 Abs. 3a AStG ermittelt werden.
Der Einigungsbereich ergibt sich aus dem Mindestpreis (Untergrenze) des verlagernden Unternehmens und dem Höchstpreis (Obergrenze) des übernehmenden Unternehmens der Funktion (§ 1 Abs. 3a S. 5 AStG). Der Wert des Transferpakets entspricht dem Mittelwert aus Mindest- und Höchstpreis (§ 1 Abs. 3a S. 6 AStG), falls der Steuerpflichtige nicht glaubhaft macht, dass ein anderer Wert innerhalb des Einigungsbereichs dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.
Der Mindestpreis soll den Preis reflektieren, zu dem das verlagernde Unternehmen bereit wäre, das Transferpaket zu verkaufen. Der Höchstpreis soll den Preis reflektieren, zu dem das übernehmende Unternehmen maximal bereit wäre, das Transferpaket zu erwerben.

Abbildung 1: Ermittlung des Werts des Transferpakets.
Bei der Bestimmung des Mindest- und Höchstpreises sind im Rahmen des hypothetischen Fremdvergleichs gem. § 2 FVerlV alle Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage einer Funktions- und Risikoanalyse vor und nach der Funktionsverlagerung zu berücksichtigen. Hierbei sind auch tatsächlich bestehende Handlungsalternativen, Standortvorteile oder -nachteile, Synergieeffekte sowie Steuereffekte einzubeziehen. Ausgangspunkt für die Berechnung sind die Unterlagen, die Grundlage für die Unternehmensentscheidung waren, eine Funktionsverlagerung durchzuführen.
Für die Berechnung des Einigungsbereichs ist nach § 2 FVerlV eine kapitalwertorientierte Bewertungsmethode zu verwenden. Eine solche Bewertungsmethode muss als Bewertungsstandard anerkannt und auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblich sein (Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023 „VWG-VP 2023“ des BMF; Rn. 3.101).
Der Mindestpreis des verlagernden Unternehmens entspricht in der Regel dem Barwert der Minderung der finanziellen Überschüsse. Hierbei handelt es sich um die Differenz aus dem Wert des Unternehmens vor und nach der Funktionsverlagerung (§ 6 Abs. 1 FVerlV). Es sind auch die zu erwartende Steuerbelastung als Steuerzuschlag (sog. Tax Gross Up/Exit-Steuer) und die Schließungskosten im Zusammenhang mit der Verlagerung der Funktion zu berücksichtigen (VWG-VP 2023“; Rn. 3.114). Der Unterschiedsbetrag aus beiden Unternehmenswerten entspricht dem Mindestpreis des verlagernden Unternehmens für die übernommene Funktion.
Zur Ermittlung des Höchstpreises des übernehmenden Unternehmens im Sinne des § 1 Abs. 3a S. 5 AStG erfolgt eine Bewertung des übernehmenden Unternehmens vor und nach der Funktionsverlagerung (§ 6 Abs. 4 FVerlV). Dabei sind auch die steuerlichen Auswirkungen aus der Übernahme der verlagerten Funktion zu berücksichtigen (z.B. Abschreibungen auf erworbene Wirtschaftsgüter, Tax Amortisation Benefit (TAB) („VWG-VP 2023“; Rn. 3.117)) sowie etwaige Synergien beim übernehmenden Unternehmen. Der Unterschiedsbetrag aus beiden Unternehmenswerten entspricht dem Höchstpreis des übernehmenden Unternehmens für die übernommene Funktion.
Zur Bestimmung der vorgenannten Barwerte ist im Regelfall ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum zu Grunde zu legen. Falls sich aus den Umständen der Funktionsausübung ein begrenzter Kapitalisierungszeitraum ergibt, ist dies entsprechend zu berücksichtigen (§ 5 FVerlV).
Im Ergebnis sind vier Unternehmensbewertungen notwendig, um den Wert des Transferpakets zu bestimmen:
- Das verlagernde Unternehmen ist vor und nach der Funktionsverlagerung zu bewerten. Der Unterschiedsbetrag zzgl. etwaiger Schließungskosten und der Steuerbelastung (TGU) entspricht dem Mindestpreis.
- Das übernehmende Unternehmen ist ebenfalls vor und der Funktionsverlagerung zu bewerten. Der Unterschiedsbetrag zzgl. eines TAB entspricht dem Höchstpreis.
Der Mittelwert aus dem ermittelten Mindest- und Höchstpreis entspricht dem Wert des Transferpakets.
4. Fazit
Die steuerliche Behandlung von Funktionsverlagerungen ist stets individuell zu betrachten. Grundlage zur Berechnung der Steuerlast ist die Bewertung des verlagernden und des übernehmenden Unternehmens jeweils vor und nach der Durchführung der Funktionsverlagerung. Insgesamt ist hierfür die Erstellung von vier separaten Unternehmensbewertungen mit eigenständigen Planungsszenarien erforderlich. Die steuerliche Abwicklung von Funktionsverlagerungen aus dem Inland in das Ausland erfordert daher Kompetenz in den beiden Themenfeldern „Steuern“ und „Unternehmensbewertung“.