Themen

Implikationen der Corona-Pandemie für Planungsrechnungen

Relevanz für Finanzierung, Rechnungslegung und Unternehmensbewertung

Für Unternehmen ist eine hohe Planungssicherheit essenziell. Regelmäßig müssen Unternehmen Prognosen erstellen, um einerseits das operative Geschäft bestmöglich im Blick zu behalten und strategische Überlegungen anzustellen, andererseits um das Informationsbedürfnis weiterer außenstehender Anspruchsgruppen des betreffenden Unternehmens zu erfüllen. In Abhängigkeit des jeweiligen Einzelfalls werden Planungsrechnungen regelmäßig für Zwecke der Finanzierung, für Jahresabschlusszwecke sowie für Zwecke der Unternehmensbewertung benötigt.

Hintergrund

Eine zentrale Herausforderung bei der Erstellung von Planungsrechnungen ist regelmäßig, dass eine entsprechende Zukunftsprognose erstellt werden muss, die naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet ist. Diese Herausforderung besteht bereits bei den Unternehmen unabhängig von Krisenzeiten wie der aktuellen Corona-Pandemie. In der aktuellen Pandemie kommt unternehmens- und branchenübergreifend erschwerend hinzu, dass kaum ein Unternehmen nicht von den Auswirkungen der Pandemie betroffen ist. Hierbei können sich – je nach Geschäftsmodell und Branche – sowohl Chancen als auch Risiken aus der aktuellen Situation ergeben. Jedes Unternehmen teilt zudem das Schicksal, dass nicht abgesehen werden kann, wann die Pandemie ein Ende nimmt und insbesondere, welche wirtschaftlichen Folgen damit einhergehen werden. Nach einer konjunkturellen Erholung im III. Quartal 2020 bremst der seit November 2020 anhaltende Shutdown eine fortlaufende Erholung der Wirtschaft weiter aus. Unabhängig davon, wie sich der weitere Verlauf abzeichnet, ist es für Unternehmen wichtig, den bereits jetzt bestehenden Handlungsbedarf systematisch zu identifizieren, um frühzeitig handeln zu können.

Planungsrechnung in Krisenzeiten

Vor dem Hintergrund des volatilen Marktumfelds besteht aktuell die Notwendigkeit einer kritischen Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung bestehender Planungsrechnungen. Zwar gibt es keine konkrete Anforderung zur Erstellung und zum Umfang sowie der Häufigkeit einer Aktualisierung, aus der Sorgfaltspflicht der Geschäftsführung ergibt sich jedoch die rechtliche Pflicht einer ordnungsmäßigen Unternehmensplanung.

Vor dem Hintergrund der Funktion einer Planungsrechnung als wesentliches Steuerungs- und Kontrollinstrument sind verschiedene Planungsinstrumente zur Verbesserung der Planungssicherheit sinnvoll. Beispielsweise stellen Szenariorechnungen und Sensitivitätsanalysen geeignete Instrumentarien dar, um Risiken und Chancen zukünftiger Entwicklungen transparent und erwartungstreu abzubilden. Eine aktive Auseinandersetzung mit mehreren möglichen Szenarien bereitet Unternehmen auf unerwartete Ereignisse vor, wenn diese rechtzeitig ins Planungskalkül einbezogen werden. Mithilfe einer Sensitivitätsanalyse können Handlungsspielräume einzelner oder mehrerer kritischer Inputgrößen untersucht werden. Somit können kritische Einflussfaktoren innerhalb der möglichen Szenarien identifiziert werden.

Im Wesentlichen sollte eine Szenarioanalyse mindestens drei mögliche zukünftige Entwicklungen abbilden. Ausgehend von einem Base-Case-Szenario, welches die Unternehmensleitung unter sorgfältiger Einschätzung der Krisenauswirkungen und Abwägung geeigneter Maßnahmen für den am wahrscheinlichsten Fall einstuft, sollte ein optimistischeres und ein pessimistischeres Szenario erstellt werden. Das pessimistische Szenario prognostiziert eine zum aktuellen Erkenntnisstand negative wirtschaftliche Entwicklung und ermöglicht es den Entscheidungsträgern, zukünftige Liquiditätsengpässe im Vorfeld zu erkennen und bereits mögliche Präventivmaßnahmen rechtzeitig einzuleiten. Dieses Szenario ist für viele Unternehmen in der aktuellen Situation besonders relevant, insbesondere im Zusammenhang mit möglichen insolvenzrechtlichen Folgen. Durch den Einsatz von Notfallkonzepten über verschiedene Unternehmensbereiche hinweg können Unternehmen nicht nur ihren langfristigen Betrieb sichern, sondern die Krise gleichzeitig als Chance für neues Wachstum begreifen und nutzen.

Die in Deutschland umgesetzte, befristete Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gilt nur, wenn die Unternehmenskrise pandemiebedingt ist und mit einer Auszahlung der Corona-Hilfen zu rechnen ist. Es muss schließlich durch die staatlichen Gelder eine Überlebenschance für das Unternehmen bestehen. Eine umsichtige Beurteilung und laufende Überwachung der Liquiditätslage des Unternehmens ist daher aus insolvenzrechtlicher Sicht essenziell.

Ferner muss auch die Notwendigkeit einer kurz- bis mittelfristigen Zuführung von Liquidität zur Sicherung der Unternehmensfortführung geprüft werden (Stichwort: going concern). Auch Bilanzierungs- und Bewertungsfragen im Einzel- und Konzernabschluss erfordern Annahmen hinsichtlich der Zukunft. Dies gilt sowohl im Zusammenhang mit der Beurteilung von Wertminderungen als auch bspw. bei der Beurteilung der Werthaltigkeit steuerlicher Verlustvorträge. Demzufolge sind plausibel Planungsannahmen notwendig, um die Anforderungen der Rechnungslegung und Berichterstattung angemessen und zutreffend erfüllen zu können.

Darüber hinaus sind die langfristigen Folgen der Corona-Pandemie insbesondere im Zusammenhang mit Unternehmensbewertungen von Relevanz. Bei einer unterstellten unendlichen Lebensdauer des Bewertungsobjekts wird der Unternehmenswert im Wesentlichen durch den Wertbeitrag bestimmt, der sich in der ewigen Rente bzw. nachhaltig ergibt. Anders als bspw. bei der Überbrückung akuter Liquiditätsengpässe kommt es bei einer Planungsrechnung für Zwecke von Unternehmensbewertungen insbesondere auf Planjahre an, die im besten Fall mehrere Jahre nach der Pandemie liegen. Insofern könnte sich das Ausmaß der Corona-Pandemie bei langfristig orientierten Zukunftserfolgswertverfahren relativieren.

Fazit

Die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie führen branchenübergreifend zu steigenden Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Wirtschaft im Allgemeinen sowie einzelner Unternehmen im Speziellen. Auch wenn sich die gesamte Wirtschaft zeitnah nach der Corona-Pandemie erholen sollte, steht bereits jetzt fest, dass zahlreiche Unternehmen langfristig mit den Folgewirkungen zu kämpfen haben werden, sodass stets eine individuelle Betrachtung erforderlich ist. Insbesondere in aktuellen Krisenzeiten ist eine intensive Überprüfung der bestehenden Planungsprozesse erforderlich, um aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Finanzierung, Rechnungslegung und Unternehmensbewertung angemessen begegnen zu können.

Diese Themen könnten Sie auch interessieren

Diese News könnten Sie auch interessieren

Audit Advisory

IDW veröffentlicht Trendwatch Positionspapier zum Thema Krankenhausfinanzierung

Das IDW hat mit Datum vom 20.03.2024 ein Trendwatch Positionspapier zum Thema „Krankenhausfinanzierung auf dem Prüfstand – Auswirkungen aktueller Entwicklungen auf die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser“ veröffentlicht. Das Positionspapier analysiert die Gründe und Auswirkungen der angespannten wirtschaftlichen Lage von Krankenhäusern, wobei aktuelle Entwicklungen und wesentliche Herausforderungen im Hinblick auf...
Tax Audit Advisory

Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Das LfSt Niedersachsen hat sich in seiner Verfügung vom 21.02.2024 mit der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen in Papier oder digitaler Form beschäftigt. Für die Aufbewahrung ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, die einigen Voraussetzungen unterliegt. Aufbewahrungspflicht Aufgrund der öffentlich-rechtlichen Aufbewahrungspflichten muss eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten für zu...
Audit

Währungsumrechnung im Konzernabschluss

Der § 308a HGB erweitert die im Einzel- und Konzernabschluss zu beachtenden Regelungen gemäß § 256a HGB hinsichtlich der Währungsumrechnung von einzelnen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, die in Fremdwährung ausgewiesen sind. Dabei werden zusätzliche Vorschriften zur Umrechnung von Fremdwährungsabschlüssen eingeführt. Die Umrechnung hat dabei anhand der „modifizierten Stichtagskursmethode“ zu erfolgen. Der DRS 25...
Tax Advisory

BFH-Urteil zu Verrechnungspreisaspekten bei Warentransaktionen

Der BFH hat sich mit seinem Urteil vom 09.08.2023 (I R 54/19) auf diverse Aspekte bei der Bestimmung von Warenverrechnungspreisen bezogen. Der BFH urteilte über praxisrelevante Aussagen zur Rangfolge der Korrekturnormen und schafft somit Rechtssicherheit in der Frage der Normenhierarchie. Zudem äußert sich der BFH auch zur Wahl der Verrechnungspreismethode...