News

Steuerbefreiung von Photovoltaikanlagen

Auffassung der Finanzverwaltung

Mit Schreiben vom 17.07.2023 äußert sich die Finanzverwaltung ausführlich zur Steuerbefreiung von Einnahmen aus Photovoltaikanlagen nach § 3 Nr. 72 EStG.

Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung der Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen Folgendes:

I. Persönlicher Anwendungsbereich

Die Steuerbefreiung für bestimmte Fotovoltaikanlagen gilt für natürliche Personen, Mitunternehmerschaften und Körperschaften.

II. Sachlicher Anwendungsbereich

Begünstigt sind mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene Photovoltaikanlagen, die sich auf, an oder in dem jeweiligen Gebäude befinden (einschließlich Nebengebäude, wie z. B. Gartenhäuser, Garagen, Carports). Begünstigt sind auch dachintegrierte und sogenannte Fassadenphotovoltaikanlagen. Die Photovoltaikanlage ist ertragsteuerlich als ein selbständiges bewegliches Wirtschaftsgut zu behandeln.

Art des GebäudesMaximale Maßgebliche Leistung der Anlage(n)
in kW (peak)
Einfamilienhaus30
Wohnzwecken dienendes Zwei- / Mehrfamilienhaus15
Gemischt genutzte Immobilie15, je Wohn-/Gewerbeeinheit
Nicht Wohnzwecken dienendes Gebäude30
Gewerbeimmobilie mit mehreren Gewerbeeinheiten15, je Gewerbeeinheit

Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind unabhängig von ihrer Größe nicht begünstigt.

Es ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der Photovoltaikanlage auch Eigentümer des Gebäudes ist, auf, an oder in dem sich die Photovoltaikanlage befindet.

III. Umfang der Steuerbefreiung

Von der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG umfasst sind Einnahmen und Entnahmen unabhängig von der Verwendung des von der Photovoltaikanlage erzeugten Stroms.

Zu den Einnahmen gehören insbesondere:

  • die Einspeisevergütung,
  • Entgelte für anderweitige Stromlieferungen, z. B. an Mieter,
  • Vergütungen für das Aufladen von Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugen,
  • Zuschüsse und
  • bei der Einnahmenüberschussrechnung vereinnahmte und erstattete Umsatzsteuer.

Entnahmen liegen vor, wenn der Strom für betriebsfremde Zwecke verwendet wird, wie z. B.: Der mit der Photovoltaikanlage erzeugte Strom wird neben der teilweisen Netzeinspeisung in den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen verwendet.

Auch der Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung oder Entnahme einer Photovoltaikanlage aus einem Betriebsvermögen eines Betriebs, der nur steuerfreie Einnahmen und Entnahmen nach § 3 Nr. 72 EStG erzielt, fällt unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG.

IV. Prüfung der Höchstgrenzen

  1. Objektbezogene Prüfung
    In einem ersten Schritt ist für den Steuerpflichtigen oder die Mitunternehmerschaft zu prüfen, ob die maßgeblichen Leistungen der von ihm oder ihr betriebenen Photovoltaikanlagen, die für die jeweilige Gebäudeart zulässige Größe pro Gebäude einhalten.

  2. Subjektbezogene Prüfung
    Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob der jeweilige Steuerpflichtige oder die jeweilige Mitunternehmerschaft insgesamt die 100,00 kW (peak)-Grenze einhält. Dabei sind die maßgeblichen Leistungen aller nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigten Fotovoltaikanlagen, die vom Steuerpflichtigen oder der Mitunternehmerschaft auf, an oder in Gebäuden betrieben werden, für die Ermittlung der 100,00 kW (peak)-Grenze zu addieren. Das gilt sowohl für Anlagen, die sich auf demselben Grundstück befinden, als auch für Anlagen auf verschiedenen Grundstücken. Dabei ist unerheblich, ob die Anlagen technisch voneinander getrennt sind.

    Ist ein Steuerpflichtiger oder eine Mitunternehmerschaft, der bzw. die nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigte Photovoltaikanlagen betreibt, daneben an einer Photovoltaikanlagen betreibenden anderen Mitunternehmerschaft beteiligt, sind die von der anderen Mitunternehmerschaft betriebenen Photovoltaikanlagen nicht anteilig bei der Prüfung der 100,00 kW (peak)-Grenze des Steuerpflichtigen oder der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen.

V. Auswirkungen der Steuerbefreiung auf § 7g EStG

Die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g EStG setzt eine betriebliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht und damit mit prognostiziertem Totalgewinn voraus. Werden in diesen Fällen Einnahmen und Entnahmen ausschließlich aus der Stromerzeugung von Photovoltaikanlagen erzielt, die nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG begünstigt sind, gilt Folgendes: In nach dem 31.12.2021 endenden Wirtschaftsjahren scheidet die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen aus, da ein Gewinn nicht mehr zu ermitteln ist.

VI. Betriebsausgabenabzugsverbot § 3c Abs. 1 EStG

Alle Betriebsausgaben, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem (ggf. zukünftigen) Betrieb von nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG begünstigten Photovoltaikanlagen stehen, sind nach Maßgabe des § 3c Absatz 1 EStG nicht abzugsfähig.

VII. Verhältnis § 3 Nr. 72 EStG zu § 6 Abs. 3 und 5 EStG

Die Übertragung oder Überführung einer Photovoltaikanlage zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 oder 5 EStG ist nach allgemeinen Grundsätzen möglich. Die Besteuerung der stillen Reserven ist jedoch nicht sichergestellt, wenn die Photovoltaikanlage vor der Übertragung oder Überführung nicht nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG begünstigt war und damit auch ein etwaiger Aufgabe-/Veräußerungsgewinn steuerpflichtig wäre, nach der Übertragung oder Überführung jedoch nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG begünstigt ist. In diesen Fällen scheidet eine Übertragung oder Überführung zu Buchwerten aus.

VIII. Wegfall der gewerblichen Infektion (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) in Altfällen

Bei im Übrigen vermögensverwaltend tätigen Mitunternehmerschaften, die bislang nur aufgrund des Betriebs einer oder mehrerer Photovoltaikanlagen im Sinne des § 3 Nr. 72 S. 1 EStG gewerblich infiziert waren, sind sämtliche Wirtschaftsgüter, insbesondere die Gebäude, auf, an oder in dem sich eine Photovoltaikanlage befindet, mit Ausnahme der Photovoltaikanlagen im Jahr 2022 zu entnehmen. Aus Vertrauensschutzgründen wird von einer Entnahme abgesehen, wenn die Verstrickung der stillen Reserven bis zu 31.12.2023 aus anderen Gründen wiederhergestellt ist.

IX. Behandlung von Fotovoltaikanlagen in anderweitigem Betriebsvermögen

Befindet sich eine Photovoltaikanlage im Betriebsvermögen eines Betriebs, dessen Zweck nicht ausschließlich der Betrieb von nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG begünstigten Photovoltaikanlagen ist, ist § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG nur insoweit anzuwenden, als der Strom eingespeist, entnommen oder an Dritte veräußert wird. Der Betriebsausgabenabzug im Zusammenhang mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage bleibt unberührt, soweit dieser auf die eigenbetriebliche Nutzung des Stroms aus der Photovoltaikanlage entfällt. Bis zur Höhe der Einnahmen und der Entnahmen im Sinne von § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG gilt das Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 3c Abs. 1 EStG.

Diese Themen könnten Sie auch interessieren

Diese News könnten Sie auch interessieren

Tax

Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Objekten mit mehr als 250 qm Wohnfläche

Mit Urteil vom 20.06.2023 (IX R 17/21) hat der BFH entschieden, dass bei der Vermietung eines Objekts mit einer Wohnfläche von mehr als 250 qm eine Ausnahme von der typisierten Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt. Auch bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist in diesen Fällen durch die Finanzverwaltung eine Überprüfung der...
Tax

Interner Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 (JstG 2024)

Auf rund 240 Seiten widmet sich der bisher nur inoffiziell kursierende Entwurf u. a. Anpassungen an EU-Recht, EuGH-Rechtsprechung, Rechtsprechung des BVerfG und des BFH, Folgeänderungen und Fehlerkorrekturen. Der als Artikelgesetz ausgestaltete Entwurf zum Jahressteuergesetz 2024 betrifft dabei schwerpunktmäßig die Umsatz- und die Lohnsteuer. Seit einigen Tagen kursiert ein inoffizieller Referentenentwurf...
Tax Audit

Verteilung von Einnahmen bei Nutzungsüberlassungen

Der BFH hat mit Urteil IX R 18/22 vom 12. Dezember 2023 entschieden, dass die Verteilung von Einnahmen über die Nutzungsdauer nach § 11 EStG nicht voraussetzt, dass die Zeitdauer der Nutzungsüberlassung zum Vorauszahlungszeitpunkt bereits feststeht. Es ist ausreichend, dass die Zeitdauer zumindest bestimmbar ist. Die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG ermöglicht es Einnahmen, welche...
Tax

BFH: Zweitwohnungsteuer als Kosten der Unterkunft für eine doppelte Haushaltsführung

Der BFH hat mit Urteil vom 13. 12. 2023 (VI R 30/21), veröffentlicht am 04. 04. 2024, entschieden, dass die Zweitwohnungssteuer für eine im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzte Wohnung Aufwand für die Nutzung der Unterkunft darstellt. Im Ergebnis unterfällt sie damit der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG, sodass dieser Aufwand nicht zusätzlich als Werbungskosten abgezogen werden darf,...