Mit seinem Urteil konkretisierte das FG Münster die vorangegangen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 14.03.2012 – XI R 33/09, BStBl II 2012, 477, Rn. 38 m.w.N, Urteil vom 15.05.2018 – VII R 14/17, BFH/NV 2018, 1137, Rn. 18) zur Befreiung von der Pflicht der elektronischen Übermittlung der E-Bilanz aufgrund von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit im Falle eines Kleinstunternehmens in der Form einer GmbH.
Für Veranlagungszeiträume nach dem 31.12.2011 verpflichtet die im Zuge des Gesetzes zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens (SteuBAG) eingeführte Vorschrift des § 5b EStG Unternehmen, die entweder wegen gesetzlicher Verpflichtung oder freiwillig Bücher führen und ihren Gewinn nach den §§ 4 Abs. 1, 5 oder 5a EStG ermitteln, die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sowie einer eventuell notwendigen Überleitungsrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln (§ 5b Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG). Laut der sogenannten Härtefallregelung des § 5b Abs.2 i.V.m. § 150 Abs. 8 AO kann jedoch auf die elektronische Übermittlung verzichtet werden, wenn dies zu Vermeidung unbilliger Härte beiträgt.
In seinem aktuellen Urteil vom 28.01.2021 entschied der 5. Senat des FG Münster über die Auslegung eben dieser Härtefallregelung. Im Verfahren 5 K 436/20 AO war streitig, ob die Klägerin einen Anspruch darauf hat, von der Pflicht des § 5b EStG zur Übermittlung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung befreit zu werden. Bei der Klägerin handelte es sich um eine GmbH, die Dienstleistungen in verschiedenen Bereichen, wie beispielsweise der Buchhaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Haus- und Wohnungsverwaltung, erbringt. Ein Steuerberater wurde von der Klägerin für die Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten nicht in Anspruch genommen. Für das Jahr 2015 übermittelte die Klägerin ihre Bilanz und ihre Gewinn- und Verlustrechnung elektronisch an das zuständige Finanzamt. Hierfür verwendete sie ein Computerprogramm, das vom Bundesanzeiger Verlag angeboten wird. Ihr Umsatz betrug für dieses Jahr 70.146,81 € und der Gewinn 310,55 €. Am 12.02.2019 hatte die Klägerin beantragt, von der Pflicht des § 5b EStG befreit zu werden.
Damit § 5b Abs. 2 EStG zur Anwendung kommen kann, müssen beide Tatbestandsmerkmale erfüllt sein. Zum einen muss ein Antrag auf Befreiung gestellt werden und zum anderen muss die elektronische Übermittlung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar sein.
§ 150 Abs. 8 AO konkretisiert diese wirtschaftliche Unzumutbarkeit dahingehend, dass diese vorliegt, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine elektronische Übermittlung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich ist oder der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der elektronischen Übermittlung zu nutzen. Im Falle der Klägerin erkannte das Gericht diese Tatbestandsmerkmale als erfüllt an.
Das Gericht folgte damit bei der Auslegung des § 150 Abs. 8 AO der Intention des Gesetzgebers. Bereits im Gesetzesentwurf des SteuBAG tat der Gesetzgeber kund, dass diese Regelung insbesondere im Hinblick auf Kleinstbetriebe großzügig auszulegen ist. Weiterhin erkannte das Gericht an, dass die Einführung der E-Bilanz und die elektronische Übermittlung der Daten zwar generell von Vorteil seien für die Finanzverwaltung, diese Vorteile jedoch in Bezug auf die Besteuerung von Klein- bzw. Kleinstunternehmern geringer ausfielen und damit den finanziellen Aufwand auf Seiten der Klägerin nicht rechtfertigen würden.