Zentraler Punkt des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) ist die Einführung einer Option zur Körperschaftbesteuerung für Personengesellschaften. In einigen anderen Ländern gibt es bereits schon seit längerem die Möglichkeit dieses sogenannten Check-the-box-Verfahrens. In Deutschland wird es nur mit “Ankreuzen” der Option aber nicht getan sein. Die Auswirkungen sind zahlreich und es lauern an verschiedenen Stellen “Fallstricke”, die im Vorfeld identifiziert und gelöst sein müssen, um nachteilige Folgen der Optionsausübung zu vermeiden.
- Anwendungsbereich
Berechtigt zum Antrag auf die Option zur Körperschaftbesteuerung sind Personenhandelsgesellschaften, (OHG und KG einschließlich der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung) sowie Partnerschaftsgesellschaften nach dem PartGG. Auch ausländische Gesellschaften können optieren, wenn sie nach dem sogenannten Rechtstypenvergleich als qualifizierte Personengesellschaften einzustufen sind. Einzelunternehmen, BGB-Gesellschaften, Erbengesellschaften und reine Innengesellschaften (wie z.B. die atypisch stille Gesellschaft) fallen dagegen nicht in den Anwendungsbereich.
In zeitlicher Hinsicht kann die Option erstmals ausgeübt werden für Wirtschaftsjahre, welche nach dem 31.12.2021 beginnen.
- Antrag
Der – unwiderrufliche – Antrag auf Option zur Körperschaftbesteuerung ist nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz elektronisch zu übermitteln. Der Antrag erfordert grundsätzlich die Zustimmung aller Gesellschafter. Sieht der Gesellschaftsvertrag hierfür hingegen eine Mehrheitsentscheidung der Gesellschafter vor, ist diese nur anzuerkennen, wenn die Mehrheit mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen beträgt. Dies muss im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen. Der Antrag ist zu richten an das für die gesonderte und einheitliche Feststellung zuständige Finanzamt. Frist ist jeweils spätestens ein Monat vor Beginn des jeweiligen Wirtschaftsjahres.
- Übergang zur Körperschaftbesteuerung
Der Übergang von der transparenten Besteuerung der optierenden Gesellschaft zur Körperschaftsbesteuerung wird als Formwechsel im Sinne des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) fingiert, so dass grundsätzlich eine steuerneutrale Buchwertfortführung möglich ist. Es gelten faktisch dieselben Vorschriften wie bei Einbringung eines Betriebs bzw. Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft. In diesem Zusammenhang sind eine Reihe von Herausforderungen wie die Übertragung von Sonderbetriebsvermögen und die Einhaltung von Sperrfristen zu beachten. Einbringungszeitpunkt ist das Ende des Wirtschaftsjahres vor der Geltung der Option. Eine steuerliche Rückwirkung ist nicht möglich. Gewerbesteuerliche Verluste gemäß § 10a GewStG, Verluste nach §§ 15a, 15b EStG und Zins- und EBITDA-Vorträge gehen unter und leben auch im Fall der Beendigung der Option auch nicht wieder auf.
- Laufende Besteuerung im Zeitraum der Option
4.1. Ertragsbesteuerung der optierenden Gesellschaft
Durch die Option erfolgt eine Gleichstellung mit einer Kapitalgesellschaft in materiell-rechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht. Die optierende Gesellschaft unterliegt selbst der Körperschaftsteuer; auch die Gewerbesteuerpflicht richtet sich bei ihr nach den Regelungen für Kapitalgesellschaften. Unter Annahme eines Gewerbesteuerhebesatzes von 400 Prozent resultiert hieraus eine Ertragsteuerbelastung, bestehend aus Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag, von knapp 30 Prozent.
Bestehende ertragsteuerliche Organschaften mit der optierenden Gesellschaft als Organträger werden weitergeführt. Allerdings kann die optierende Gesellschaft selbst nicht Organgesellschaft sein.
Im internationalen Steuerrecht gilt – nach deutschen Verständnis – die optierende Gesellschaft abkommensrechtlich als „Gesellschaft“. Allerdings findet die auf der Mutter-Tochter-Richtlinie basierende Kapitalertragsteuerentlastung bei Ausschüttungen keine Anwendung.
4.2. Beteiligung an der optierenden Gesellschaft
Gewinne und Verluste der optierenden Gesellschaft werden bei den Gesellschaftern nicht mehr als Einkünfte berücksichtigt (wegen Aufgabe der transparenten Besteuerung). Die Anrechnung der Gewerbesteuer der optierenden Gesellschaft bei der Einkommensteuer der Gesellschafter gemäß § 35 EStG ist unter Geltung der Option ebenfalls nicht anwendbar.
Ausschüttungen der optierenden Gesellschaft unterliegen dem Kapitalertragsteuerabzug und werden beim Gesellschafter als Einkünfte aus Kapitalvermögen (Dividende) erfasst. Der dem Gesellschafter zustehende handelsrechtliche Gewinnanteil gilt dabei erst dann als ausgeschüttet, wenn er tatsächlich entnommen wurde oder seine Auszahlung verlangt werden kann. Werden die Anteile an der optierenden Gesellschaft in einem Privatvermögen gehalten, unterliegen die Gewinnanteile grundsätzlich der Abgeltungsteuer. Bei Zuordnung zu einem Betriebsvermögen ist das sogenannte Teileinkünfteverfahren anwendbar bzw. gegebenfalls nach Maßgabe des § 8b KStG zu 95 Prozent von der Steuer befreit (wenn eine Kapitalgesellschaft hinreichend an der optierenden Gesellschaft beteiligt ist).
Vom Grundsatz her gilt das auch für Veräußerungsgewinne, d.h. etwaige Veräußerungsgewinne werden anlog zu Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen besteuert. Wird die Beteiligung hingegen innerhalb von 7 Jahren nach Ausübung der Option veräußert, würden die zum Zeitpunkt der Ausübung der Option enthaltenen steuerpflichtigen stillen Reserven aber (zeitanteilig) nachversteuert.
4.3. Rechtsverhältnisse zwischen optierender Gesellschaft und Gesellschaftern
Für die ertragsteuerliche Beurteilung der Rechtsverhältnisse zwischen optierender Gesellschaft und ihren Gesellschaftern sind die für Kapitalgesellschaften geltenden Grundsätze maßgeblich.
Für durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderungen oder verhinderte Vermögensmehrungen gelten die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung und der verdeckten Einlage. Die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos ist im Wirtschaftsjahr der erstmaligen Optionsausübung möglich.
Hingegen stellen nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderungen grundsätzlich das Einkommen erhöhende Betriebsausgaben sowie Vermögensminderungen entsprechend das Einkommen mindernde Betriebsausgaben dar.
Bisher als Sonderbetriebseinnahmen zu versteuernde Tätigkeitsvergütungen des Gesellschafter-Geschäftsführers stellen nunmehr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit dar. Die optierende Gesellschaft wird insofern lohnsteuerlicher Arbeitgeber. Hier wird darauf zu achten sein, dass die Verträge auch schriftlich abgeschlossen sind, um Risiken der verdeckten Gewinnausschüttung zu mindern.
Gewinnanteile gelten erst dann als ausgeschüttet, wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann.
4.4. Andere Steuerarten
Die Option betrifft grundsätzlich nur die Besteuerung des Einkommens. Für die Erbschaftsteuer, die Umsatzsteuer und die Grunderwerbsteuer wird die optierende Gesellschaft nach wie vor als Personengesellschaft behandelt. Bei der Grunderwerbsteuer hat der Gesetzgeber jedoch Sonderregeln eingefügt, um Gestaltungsmodelle zu verhindern. Diese können im Ergebnis dazu führen, dass die notwendige Übertragung von Sonderbetriebsvermögen in die optierende Gesellschaft gar nicht steuerneutral möglich ist.
5. Beendigung der Option zur Körperschaftbesteuerung
Ein Antrag auf Rückoption zur transparenten Besteuerung ist unter denselben Voraussetzungen möglich wie die Option selbst. Die Rückoption gilt als Formwechsel und es finden die Regelungen zum Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft Anwendung. Eine steuerliche Rückwirkung ist auch für diesen Formwechsel ausgeschlossen. Die Rückoption innerhalb von sieben Jahren führt zur rückwirkenden Besteuerung (eines Teils) der stillen Reserven im Jahr der ursprünglichen Option.
Eine Rückkehr zur transparenten Besteuerung erfolgt jedoch bereits von Gesetzes wegen, wenn die Voraussetzungen der Option nicht mehr erfüllt sind, z.B. weil die optierende Gesellschaft keine begünstigte Personengesellschaft mehr ist (z.B. bei Umwandlung in eine BGB-Gesellschaft).
Wenn die optierende Gesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft verschmolzen wird, ist dies gemäß §§ 11 ff UmwStG grundsätzlich steuerneutral möglich. Ein „echter“ Formwechsel der optierenden Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft stellt daher keinen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang dar.
Wie unter Ziffer 1. erwähnt, ist für ein Einzelunternehmen die Option nicht möglich. Folglich kommt es auch dann zu einer Beendigung der Option zur Körperschafsteuerbesteuerung, wenn der vorletzte Gesellschafter aus der optierenden Gesellschaft ausscheidet. Dadurch wird die optierende Personengesellschaft zivilrechtlich beendet (eine Personengesellschaft mit nur einem Gesellschafter ist nicht möglich). Wenn der letzte Gesellschafter die persönlichen Voraussetzungen eines übernehmenden Rechtsträgers einer Umwandlung einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwStG erfüllt (also insbesondere Personenhandelsgesellschaft, Partnerschaftsgesellschaft, GmbH, AG, KGaA, eG und natürliche Person), gilt die optierende Gesellschaft als aufgelöst und auf den verbleibenden Gesellschafter verschmolzen. Im Fall des unterjährigen Ausscheidendes des vorletzten Gesellschafters ist auf diesen Zeitpunkt eine steuerliche Schlussbilanz aufzustellen.
In allen anderen Fällen gilt die optierende Gesellschaft als aufgelöst und ihr Vermögen als an die Gesellschafter ausgeschüttet; dabei ist § 11 KStG (Liquidationsbesteuerung) mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des zur Verteilung kommenden Vermögens der gemeine Wert (entspricht regelmäßig dem Verkehrswert) des vorhandenen Vermögens tritt.
6. Grundsätzliche Vor- und Nachteile der Option
In der laufenden Besteuerung des Einkommens wird die optierende Gesellschaft weitestgehend wie eine Kapitalgesellschaft behandelt. Inwiefern dies vorteilhaft ist, hängt stark von der individuellen Situation der Personengesellschaft ab. Wenn die Thesaurierung von Gewinnen im Vordergrund steht, bietet die Option mehr als die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG. In der Verlustsituation fehlt dem Gesellschafter aber dann die Verrechnungsmöglichkeit nach § 15 EStG bzw. § 15a EStG. Nachteilig ist auch, dass die Gesellschafter – anders als Gesellschafter von Kapitalgesellschaften – nach wie vor nach entsprechend den allgemeinen handelsrechtlichen Grundsätzen für die von der Gesellschaft geschuldeten Steuerschulden (also auch für Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer) haften.
Ob die Option in der Gesamtbetrachtung sinnvoll ist, hängt nicht nur vom Vergleich der Steuerbelastung in der Optionsphase ab, sondern ist im Zusammenhang mit dem Eintritt in die Optionsbesteuerung und einer möglichen Rückoption zu sehen. Da die Option wie ein Formwechsel in eine Körperschaft behandelt wird, geht es mitnichten nur um „check-the-box“. Vielmehr handelt es sich um eine steuerliche Umstrukturierung, welche sorgfältig abgewogen und eingehend mit dem steuerlichen Berater besprochen werden sollte.