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Handels­recht­liche Impli­kationen des Körper­schafts­modernisie­rungs­gesetzes (KöMoG)

Auswirkungen auf ausgewählte Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung

Mit dem Körperschaftsmodernisierungsgesetz (KöMoG) vom 25.06.2021 wurde unter anderem für Personenhandelsgesellschaften eine Option zur Körperschaftsbesteuerung eingeführt, die erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022 beantragt werden kann. Aus einer solchen Optionsausübung können sich aber nicht nur steuerliche, sondern auch handelsrechtliche Auswirkungen ergeben. So können zum Beispiel unterschiedliche Posten der handelsrechtlichen Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung mittelbar betroffen sein, was wiederum bedeutungsvolle Folgewirkungen nach sich ziehen kann.

Grundsätzliches

Mit Ausübung der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach Maßgabe des § 1a KStG werden unter anderem Personenhandelsgesellschaften analog zu Kapitalgesellschaften besteuert. Dies hat weitreichende steuerliche Folgen für die Gesellschaft selbst sowie für den jeweiligen Gesellschafter. Obwohl die optierende Gesellschaft zivilrechtlich und handelsrechtlich weiterhin als Personenhandelsgesellschaft zu behandeln sind, können sich aber dennoch mittelbare handelsrechtliche Auswirkungen ergeben, die sich in unterschiedlichen Positionen der handelsrechtlichen Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung niederschlagen können. Dies liegt zum einen darin begründet, dass der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln soll, welches auch durch steuerliche Aspekte beeinflusst wird. Zum anderen ergeben sich grundlegende Änderungen aus der neuen Besteuerungssystematik, die handelsrechtlich abzubilden sind.

Allgemein wird eine Personengesellschaft für Zwecke der Einkommen- und Körperschaftsteuer nach dem Transparenzprinzip besteuert. Demnach erfolgt auf Ebene der Gesellschaft selbst lediglich eine Besteuerung mit der Gewerbesteuer, sofern eine gewerbliche Tätigkeit oder Prägung vorliegt, während die Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer auf Ebene der jeweiligen Gesellschafter erhoben wird. Mit Optionsausübung wird die Personenhandelsgesellschaft neben der Gewerbesteuer zusätzlich mit Körperschaftsteuer belastet. Damit unterliegt die Gesellschaft zunächst einer grundsätzlich höheren Besteuerung. Ungeachtet dessen kommt es erst mit einer Ausschüttung an die Gesellschafter zusätzlich zum Anfall von Kapitalertragsteuern, welche für die Gesellschafter einbehalten werden. Aufgrund dieses Wechsels des Besteuerungsregimes können sich Auswirkungen auf handelsrechtliche Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung ergeben.

Steuerrückstellungen

Die Tatsache, dass eine optierende Gesellschaft auf ihrer Ebene einer grundsätzlich höheren Steuerbelastung unterliegt, spiegelt sich auch in der Höhe der Steuerrückstellungen wider. Während vor der Optionsausübung Steuerrückstellungen nur für die Gewerbesteuer zu bilden waren, kommen nun Steuerrückstellungen auch für die Körperschaftsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag hinzu. Damit ergeben sich nach Optionsausübung höhere Steuerrückstellungen als vorher. Aufgrund der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz gemäß § 5 Abs. 1 EStG gilt dies grundsätzlich auch für die Steuerbilanz.

Steueraufwand

Die höhere Steuerbelastung auf Ebene der Gesellschaft führt zu einem höheren Steueraufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung. Während vor Optionsausübung lediglich die Gewerbesteuer zu Steueraufwand führte, kommt mit Optionsausübung noch die Körperschaftsteuer und der Solidaritätszuschlag hinzu. Werden demgegenüber nämlich vor der Optionsausübung die persönlichen Einkommensteuern der Gesellschafter durch die Gesellschaft beglichen, wird dieser Vorgang für gewöhnlich als Entnahme durch die Gesellschafter behandelt, weshalb kein Steueraufwand auf Ebene der Gesellschaft anfällt. Dies gilt analog für eine anzurechnende Kapitalertragsteuer aus der Gesellschaft zufließenden Beteiligungs- oder ggf. Zinserträgen, die einbehalten und abgeführt werden. Vergleichbares gilt beispielsweise auch im Fall der handelsrechtlichen Erfassung von Forschungszulagen. Da diese grundsätzlich zu einer Anrechnung auf Ebene der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer führen, ist ein hierdurch entstehender Ertrag auf Ebene einer nicht optierenden Personenhandelsgesellschaft in der Regel als Entnahme im Sinn einer persönlichen Steuervorauszahlung zu behandeln. Handelt es sich demgegenüber um eine Personenhandelsgesellschaft, die der Körperschaftsbesteuerung unterliegt, erfolgt die Anrechnung auf die Körperschaftsteuer der Gesellschaft, was zu einem sonstigen Vermögensgegenstand oder zu einer Minderung der Steuerrückstellungen – anstelle einer Entnahme bei einer nicht optierenden Personenhandelsgesellschaft – führt. Insofern sind Steueranrechnungsbeträge nicht als Entnahme, sondern entweder als sonstiger Vermögensgegenstand oder Steueraufwand zu buchen.

Neben der Tatsache, dass sich der Steueraufwand der optierenden Personenhandelsgesellschaft um die Belastung mit der Körperschaftsteuer verändert, ist zu beachten, dass sich die steuerlichen Bemessungsgrundlagen durch den Wegfall etwaiger Hinzurechnungen von Sonderbetriebseinnahmen bzw. Kürzung um Sonderbetriebsausgaben verändern und sich hieraus nicht nur Auswirkungen auf die Körperschaftsteuer, sondern auch für die Gewerbesteuer ergeben. Demzufolge wird – wenngleich die optierende Personenhandelsgesellschaft weiterhin mit Gewerbesteuer belastet wird – sich der auszuweisende gewerbesteuerliche Steueraufwand durch die künftige Nichtberücksichtigung von Ergebnissen aus der früheren Sonderbetriebsvermögenssphäre ändern.

Personalaufwand

Da Ausschüttungen von Gewinnen einer Personenhandelsgesellschaft im Rahmen einer transparenten Besteuerung keine Steuerauswirkungen haben, nehmen Gesellschafter regelmäßig entsprechende (Vorab-)Entnahmen vor. Im Rahmen der Körperschaftsbesteuerung hat eine Gewinnausschüttung aber eine Kapitalertragssteuerpflicht zur Folge. Aus diesem Grund ist es denkbar, dass Gesellschafter zukünftig Einkünfte für ihre Leistungen zum Zweck der Gesellschaft vereinbaren, die dann bei ihnen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 EStG begründen. Gleichzeitig zeigt sich in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung dann ein erhöhter Personalaufwand, während die Entnahmen abnehmen. Um gewünschte steuerrechtliche und handelsrechtliche Folgen zu bewirken, ist auf die entsprechend notwendige schriftliche Ausgestaltung von Dienstverträgen zu achten.

Sonstige Verbindlichkeiten

Einkünfte der Gesellschafter aus der Personenhandelsgesellschaft gelten grundsätzlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit Optionsausübung gelten Einkünfte, die Gesellschafter für ihre Tätigkeiten im Dienst der Gesellschaft erhalten, als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, sodass hierauf Lohnsteuer fällig wird. Damit erhöht sich die von der Gesellschaft einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer. Lohnsteuer, die für den Monat Dezember einbehalten und noch nicht abgeführt wurde, wird regelmäßig unter den sonstigen Verbindlichkeiten ausgewiesen. Damit zeigen sich auch tendenziell höhere sonstige Verbindlichkeiten aus höherer einbehaltener, aber noch nicht abgeführter Lohnsteuer.

Latente Steuern

Bei der Bewertung latenter Steuern ist auf den Steuersatz abzustellen, der voraussichtlich im Zeitpunkt der Auflösung der steuerrechtlichen und handelsrechtlichen Bewertungsunterschiede oder der Nutzung steuerlicher Verlustvorträge gilt. Da der relevante Steuersatz mit der Körperschaftsbesteuerung höher ausfällt, ergeben sich auch höhere latente Steuern. Dies gilt sowohl für aktive latente Steuern als auch passive latente Steuern. Da die Bewertung damit einen Zukunftsbezug aufweist, können sich erste Auswirkungen auf die latenten Steuern bereits in der Handelsbilanz für das Geschäftsjahr ergeben, in dem der Antrag auf Optionsausübung mit Wirkung für das nächste Geschäftsjahr gestellt wurde.

Eigenkapital

Die Tatsache, dass die Thesaurierungsbelastung bei Ausübung der Option im Vergleich zur transparenten Besteuerung (ohne Optionsausübung) geringer ist, dürfte vermehrt zur Thesaurierung von Gewinnen führen, was – neben positiven Zins- und Liquiditätseffekten – regelmäßig in einem höherem Eigenkapital der Gesellschaft resultiert. Ungeachtet davon ergeben sich mittelbar Auswirkungen im Eigenkapital durch die Auswirkungen der Optionsausübung auf die unterschiedlichen Posten der Gewinn- und Verlustrechnung und damit auf das Jahresergebnis, welches wiederum Eingang in das Eigenkapital findet.

Gerade im Zusammenhang mit Gewinnausschüttungen und -auskehrungen sollten bestehende Gesellschaftsverträge vor Ausübung der Option einer Prüfung unterzogen und ggf. angepasst werden, weil sich hieraus bzw. aus handelsrechtlich geführten Kapitalkonten unmittelbare Folgeauswirkungen auf die Klassifizierung der Beträge als Eigen- oder Fremdkapital ergeben können.

Im Hinblick auf die Berücksichtigung von anrechenbaren Steuern oder Sachverhalten, die bislang auf Ebene des Gesellschafters zu berücksichtigen waren (bspw. Berücksichtigung der Forschungszulage), ist anzumerken, dass solche Sachverhalte bei einer zur Körperschaftsteuer optierenden Gesellschaft nicht mehr als Entnahme und damit Eigenkapitalminderung zu buchen sind. Vielmehr sind die Sachverhalte unmittelbar auf Ebene der Gesellschaft zu erfassen.

Fazit

Aus dem Wechsel hin zur Körperschaftsbesteuerung können sich unter anderem für Personenhandelsgesellschaften wesentliche Auswirkungen auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss ergeben. So sind zum Beispiel die unterschiedlichen Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung in einem jeweils unterschiedlichen Ausmaß betroffen. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Steuerrückstellungen und der Steueraufwand, der Personalaufwand, die sonstigen Verbindlichkeiten, die latenten Steuern und das Eigenkapital. Zwar wird das Ausmaß der Auswirkungen im Einzelnen unternehmensindividuell variieren, dennoch werden sämtliche optierende Gesellschaften in einem gewissen Ausmaß betroffen sein.

Aus den entsprechenden handelsrechtlichen Auswirkungen können sich im Weiteren zusätzliche Folgewirkungen ergeben. So können sich beispielsweise Effekte auf die Zuordnung zu den unterschiedlichen handelsrechtlichen Größenkategorien aufgrund einer Änderung der Bilanzsumme ergeben. Tendenziell wird bei thesaurierenden Gesellschaften die Bilanzsumme steigen, da die Ausübung der Option insbesondere bei thesaurierenden Gesellschaften sinnvoll ist und damit Kapital im Unternehmen gebunden wird. Außerdem kann es zu einer Erhöhung der Bilanzsumme durch die Übertragung von Sonderbilanzvermögen der Gesellschafter auf die Gesellschaft im Zuge der fiktiven Umwandlung zu einer Körperschaft kommen. Auch kann eine neue Gliederung für die Bilanz oder die Gewinn- und Verlustrechnung infrage kommen. Gegebenenfalls kommt es zu abweichenden oder zusätzlichen Anhangangabepflichten. So müssen bspw. etwaige Angabepflichten zu Geschäften mit (nicht-)marktüblichen Bedingungen (§ 285 Nr. 21 HGB) beachtet werden, wenn die Beziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern erstmals bzw. neu vertraglich geregelt werden. Außerdem können sich auch betriebswirtschaftliche, aus dem Jahresabschluss abgeleitete Kennzahlen von den Änderungen betroffen sein.

Im Ergebnis sind eine Vielzahl verschiedener handelsrechtlicher Implikationen mit der Optionsausübung nach § 1a KStG verbunden, die sich im Einzelfall auch aufgrund deren Zusammenspiel als äußerst komplex darstellen können. Im Hinblick auf deren unter Umständen hohen Bedeutung sind sie vor einer Optionsausübung unbedingt abzuwägen. Die handelsrechtlichen Folgewirkungen sollten daher im Voraus genau bedacht und gewürdigt werden.

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