Die Steuerbefreiung nach § 3b EStG kann nach der Rechtsprechung des BFH unabhängig von der arbeitszeitrechtlichen Einordnung der Tätigkeit in Anspruch genommen werden. Eine konkret belastende Tätigkeit ist nicht erforderlich.
Zentrale Aussage des BFH
Mit Urteil vom 16.12.2021 (VI R 28/19; (veröffentlicht am 03.02.2022) hat der Bundesfinanzhof (BFH) zu einem Sachverhalt im Profisport entschieden, dass die Steuerbefreiung nach § 3b EStG für bestimmte zusätzlich zum Grundlohn gezahlte Zuschläge unabhängig von der Art der Tätigkeit und deren arbeitszeitrechtlicher Einordnung in Anspruch genommen werden kann.
Ausgangslage
Die Vorschrift des § 3b EStG gewährt eine Steuerbefreiung
- für Nachtarbeit zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr in Höhe von 25 %,
- für Sonntagsarbeit von 50 % und
- für Feiertagsarbeit von 125 % bzw. 150 % (Weihnachten und 01.05.)
des Grundlohns. Maßgebend als Grundlohn sind jeweils maximal EUR 50 Stundenlohn, eine steuerfreie Zahlung des auf diesen Lohn bezogenen und somit begrenzten Zuschlags ist auch für Bezieher höherer Löhne möglich.
Die Regelung und deren Inanspruchnahme durch Profisportler war bereits in der Vergangenheit umstritten. Die Begrenzung des Grundlohns auf EUR 50 Stundenlohn ist Folge einer Beanspruchung der Steuerbefreiung in der Fußballbundesliga im Falle von Abend- und Sonntagsspielen, welche vielfach auf Kritik gestoßen ist.
Verfahren
Auch im nun entschiedenen Fall waren Vergütungen für Profisportler Gegenstand des Verfahrens. Die Sportler waren bei Fahrten zu Auswärtsspielen verpflichtet, das durch den Arbeitgeber bestimmte Beförderungsmittel zu nutzen. Nach Ansicht des Finanzamtes lag (im Gegensatz zu den Auswärtsspielen selbst) bloßer Zeitaufwand vor, aber keine belastende Tätigkeit, sodass die Steuerbefreiung für diese Zeiten nicht in Anspruch genommen werden dürfte. Entsprechend erging ein Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid.
Das Finanzgericht Düsseldorf gab der Klage des Arbeitgebers statt und gewährte die Steuerbefreiung, da die entsprechenden Voraussetzungen, wie insbesondere eine zusätzliche Zahlung auf Grundlage der für Zuschläge berechtigenden Arbeitszeiten, vorlagen. Die Art der Tätigkeit sei „nicht objektivierbar und weder von den Finanzbehörden verlässlich und belastbar zu handhaben noch justiziabel“.
Die durch das Finanzamt eingelegte Revision sieht der BFH als unbegründet an und hat sie entsprechend zurückgewiesen. Der BFH begründet dies damit, dass als Arbeitszeit auch jede vom Arbeitgeber zu den begünstigten Zeiten verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme zählt, die mit der eigentlichen Tätigkeit des Arbeitnehmers oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Als „versprochene Dienste“ im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB sieht er auch die Fahrt an: „Insbesondere die Beteiligung an Reisen des Arbeitgebers, für die dieser auch das zu benutzende Verkehrsmittel bestimmt“. Der Entlastungsgrund liege typisierend allein durch die zu den jeweiligen Zeiten ausgeübte und als besonders belastend erachtete Tätigkeit vor.
Auswirkungen
Das Urteil des BFH ist zu begrüßen, da das Gericht klar entschieden hat, dass auch die betreffenden Zuschläge zu weniger belastenden – passiven – Reisezeiten steuerfrei sind. Zudem ist das Urteil generell von Relevanz bei Arbeitnehmern mit Reisetätigkeit und betrifft nicht nur den Profisport. Da die arbeitszeitrechtliche Unterscheidung, die bei der Höchstarbeitszeit von zehn Stunden (§ 3 Satz 2 ArbZG) zu beachten ist, ohne Belang ist, kann auch eine über diese Grenze zulässigerweise hinausgehende Tätigkeit in Form einer Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln (soweit dieses Verkehrsmittel vom Arbeitgeber für die Reisezeit zum Auswärtstermin bestimmt wurde) mit einem zusätzlich zum hierauf entfallenden Grundlohn gezahlten steuerfreien Zuschlag vergütet werden. Unklar bleibt nach der Rechtsprechung, welche Vorgaben genau zu erfüllen sind, insbesondere ob der Arbeitgeber auch die konkrete Reiseverbindung vorgeben muss, damit die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen. Vorsorglich sollten entsprechende Einschränkungen dokumentiert und/oder eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag aufgenommen werden.
Die Zuschläge wurden politisch mit besonderen Belastungen in gering bezahlten Berufen (z.B. Polizisten, Krankenschwestern) begründet. Eine Inanspruchnahme bei gut bezahlten Profisportlern – die unzweifelhaft der Gesetzeslage entspricht – ist bereits in der Vergangenheit auf Kritik gestoßen. Eine weitere Beschränkung der Vergünstigung wäre daher in der aktuellen Lage gut vorstellbar, somit sollte die weitere Entwicklung der Gesetzgebung beachtet werden.