In dem am 05.05.2022 nachträglich zur Auswertung bestimmten Urteil VI R 73/15 vom 17.05.2018 hatte sich der BFH mit der unentgeltlichen Übertragung von ursprünglich für land- und forstwirtschaftliche Zwecke genutzte Flächen über Generationen hinweg zu befassen.
Bestandteil der zugrundeliegenden Gerichtsverhandlung war die zunächst unentgeltliche Übertragung eines landwirtschaftlichen (Eigentums-)Betriebs auf die Kinder der Eheleute B und die spätere Übertragung auf die Klägerinnen im Rahmen der Erbfolge.
Zum Sachverhalt:
Die Großeltern der Klägerinnen, FB sen. und MB, unterhielten einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, den sie bis zum Jahr 1977 selbst bewirtschafteten. Im Anschluss wurde der Betrieb parzelliert verpachtet.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom April 1982 wurden fast alle Grundstücke an die beiden Söhne FB jun. und AB übertragen. Nur ein einziges Grundstück blieb im Eigentum von FB sen. und MB, wurde aber dem FB jun. durch Verfügung von Todes wegen „zum Voraus und außer Erbteil vermacht“. Eine Gegenleistung für die Übertragung der Grundstücke musste von den Söhnen nicht erbracht werden.
Mit dem Tod des AB ging dessen (Mit-)Eigentum an den übertragenen Grundstücken an seine Frau LB über. Im Februar 1996 schlossen FB jun. und LB einen notariell beurkundeten Vertrag über die „Auseinandersetzung einer Miteigentümergemeinschaft“.
Nach dem Tod des FB jun. und der LB gingen die Grundstücke im Rahmen der Erbfolge auf die Klägerinnen über. Gegen die daraufhin ergangenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wurde von den Klägerinnen nach erfolglosen Einsprüchen geklagt. Das FG entschied daraufhin, dass die Realteilung einer land- und forstwirtschaftlichen Mitunternehmerschaft zur Betriebsaufgabe führt. Die Grundstücke gelangen in das Privatvermögen der Erben, sofern sie sie nicht in ein anderes Betriebsvermögen überführt oder eingelegt werden.
Das FA legte daraufhin Revision ein, die mit oben genanntem BFH-Urteil abgewiesen wurde.
Zum Urteil:
Die Revision des FA wurde vom BFH zurückgewiesen. Das FG Rheinland-Pfalz habe im vorangehenden Urteil 1 K 1627/11 vom 25.04.2014 zu Recht entschieden, dass zwischen den Klägerinnen in den Streitjahren keine Mitunternehmerschaft bestand.
FB sen. und MB bildeten aufgrund ihrer Ehe im Güterstand der Gütergemeinschaft auch ohne ausdrücklich vereinbarten Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft. Die zwischen ihnen bestehende Gütergemeinschaft stellt ein den in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG genannten Gesellschaftsverhältnissen vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis und damit eine Grundlage für die Begründung einer Mitunternehmerschaft dar.
Durch die Einstellung der Selbstbewirtschaftung und die parzellenweise Verpachtung wurde der Betrieb noch nicht aufgegeben. Bei der Verpachtung seines Betriebs steht dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht offen, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG behandeln und die Wirtschaftsgüter des Betriebs in sein Privatvermögen überführen möchte, oder ob er das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will. Die Absicht, den Betrieb aufzugeben, kann aber nur bei einer eindeutigen Aufgabeerklärung des Steuerpflichtigen angenommen werden, welche nicht an eine bestimmte Form gebunden ist und sich auch durch konkludentes Handeln ergeben kann. Im vorliegenden Fall konnte das FG eine solche Erklärung zu Lebzeiten von FB sen. und MB nicht feststellen. Auch von den Klägerinnen, die hier die Beweislast tragen, konnte dies nicht bewiesen werden.
Das FG hat aber zu Recht anerkannt, dass der Betrieb durch die Teilauseinandersetzung der Miteigentümerschaft durch den notariell beurkundeten Vertrag vom Februar 1996 aufgegeben wurde. Hierbei gilt: Fasst der Steuerpflichtige den Entschluss, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb aufzulösen und veräußert er alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer oder überführt sie in das Privatvermögen, liegt eine Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 EStG vor. Nach diesen Maßstäben wurde auch im vorliegenden Sachverhalt der Betrieb durch die Teilauseinandersetzung aufgegeben.
Fazit:
Die Entscheidung unterstreicht, dass eine Betriebsaufgabe nicht nur vorliegen kann, wenn die Aufgabe gemäß § 16 Abs. 3b Sb. 1 Nr. 1 EStG vom Steuerpflichtigen erklärt wird, sondern dass auch Sachverhalte denkbar sind, in denen dem FA gemäß § 16 Abs. 3b S. 1 Nr. 2 Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsaufgabe erfüllt sind. Dies kann aber auch zu einer ungewollten Betriebsaufgabe führen, welche erhebliche steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, wenn sie in nicht festsetzungsverjährter Zeit erfolgt.
Eine solche ungewollte Betriebsaufgabe kann sich in Bezug auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe etwa aus Folgendem ergeben:
- Überschreiten die Grundstücke der Größe und Art nach nicht den Rahmen einer privaten Gartenbewirtschaftung für Eigenbedarfszwecke, liegt kein landwirtschaftlicher Betrieb vor. Dies ist der Fall, wenn die bewirtschafteten Grundstücksflächen insgesamt nicht größer als 3.000m2 sind, sofern es sich nicht um die Intensivnutzung für Sonderkulturen handelt. Eine bloße Verkleinerung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs führt aber grundsätzlich noch nicht zu einer Betriebsaufgabe, selbst wenn die verbleibende Fläche eine ertragreiche Bewirtschaftung nicht mehr ermöglicht (vgl. BFH-Urteil IV R 48/08 vom 05.05.2011, BStBl. 2011 II, 792 (Rz.32))
- Der Annahme einer Betriebsaufgabe steht nicht entgegen, dass es sich bei einem Strukturwandel von einem einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbsbetrieb zu einem Liebhabereibetrieb nicht um eine gewinnrealisierende Betriebsaufgabe handelt, wenn das verbleibende Grundstück auf Grund seiner geringen Fläche eigentlich kein Gegenstand einer landwirtschaftlichen Nutzung sein könnte.
- Bei der Auseinandersetzung einer land- und forstwirtschaftlichen Miteigentümerschaft kommt es nicht zu einer Betriebsaufgabe, wenn den ehemaligen Miteigentümern Betriebe oder Teilbetriebe übertragen werden, die sie nach § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten fortführen können. Hiervon ist grundsätzlich auszugehen, wenn selbstbewirtschaftete Flächen übertragen werden (es sei denn, diese erreichen die notwendige Größe nicht (siehe 1.).
- Werden den Miteigentümern verpachtete Flächen übertragen, so steht ihnen kein Verpächterwahlrecht zu, wenn sie jeweils etwa nur die Hälfte des Betriebsvermögens der Miteigentümergemeinschaft übernehmen und somit nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Betrieb in seinem Wesen unverändert (fort-)besteht und als solcher von dem ehemaligen Miteigentümer hätte wieder aufgenommen werden können.
- Die Auseinandersetzung einer verpachteten Mitunternehmerschaft führt nicht zu einer Realteilung, wenn die Miteigentümer die Grundstücke weder in einen neu eröffneten noch in einen bestehenden Betrieb einlegen. Dafür wäre es erforderlich gewesen, dass die Flächen von den Eigentümern selbst bewirtschaftet werden. Die bloße Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen führt zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, aber nicht zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft.
- Bei der Auseinandersetzung einer verpachteten Mitunternehmerschaft führt dies nur insoweit zum Fortbestehen des Verpächterwahlrechts, als einer der Übernehmenden alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen des Verpachtungsbetriebs in (Allein-)Eigentum übernimmt und das Verpachtungsverhältnis fortsetzt. Wird das Vermögen aber aufgeteilt, kann das Verpächterwahlrecht nicht fortgeführt werden. Eine Zwangsbetriebsaufgabe ist in dem Fall nur dadurch vermeidbar, dass die übernommenen Wirtschaftsgüter einem Betriebsvermögen zugeführt werden.