Am 17.05.2022 hat die Regierungskommission den neuen Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK 2022) veröffentlicht, welcher mit seiner Bekanntmachung im Bundesanzeiger am 27.06.2022 in Kraft getreten ist. Wesentliche Änderungen gegenüber der vorherigen Fassung betreffen die stärkere Betonung des Themas Nachhaltigkeit sowie Anpassungen an die durch das FISG und FüPoG II geänderte Rechtslage.
Mit der Bekanntmachung am 27.06.2022 ist die neue Fassung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) in Kraft getreten. Diese Neufassung (DCGK 2022) ersetzt den Deutschen Corporate Governance Kodex in seiner bisherigen Fassung vom 16.12.2019 (DCGK 2020).
Der DCGK enthält Empfehlungen und Anregungen für börsennotierte Aktiengesellschaften zur guten Unternehmensführung. Er wurde vom Gesetzgeber als sogenannte „weiche“ Regelung im Gesetz verankert. Folglich sind die Kodexempfehlungen und -anregungen nicht zwangsläufig zu befolgen; es wird allerdings über § 161 AktG gefordert, dass Vorstand und Aufsichtsrat von börsennotierten AG jährlich die Übereinstimmung mit dem jeweils gültigen DCGK erklären müssen. Sofern von den Empfehlungen (nicht den Anregungen) abgewichen wird, ist dies anzugeben und zu begründen (comply or explain).
Seit seiner erstmaligen Verabschiedung im Jahr 2002 wird der Kodex regelmäßig überarbeitet, um aktuelle Entwicklungen abzubilden. Der nun geltende DCGK 2022 soll einerseits die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Unternehmensführung berücksichtigen und zum anderen die letzten Änderungen des AktG durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) sowie das Zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) nachvollziehen.
Im Ergebnis sieht der neue DCGK 2022 bspw. vor, dass der Vorstand die mit den Sozial- und Umweltfaktoren verbundenen Risiken und Chancen für das Unternehmen sowie die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit systematisch identifizieren und bewerten soll. Darüber hinaus soll die Unternehmensstrategie Auskunft darüber geben, wie die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Ziele in einem ausgewogenen Verhältnis umzusetzen sind, und die Unternehmensplanung soll finanzielle und nachhaltigkeitsbezogene Ziele enthalten. Es wird damit deutlich, dass der Nachhaltigkeitsstrategie der Unternehmen und deren Umsetzung künftig eine erhöhte Bedeutung zukommt.
Auch die Rolle des Aufsichtsrats und des Prüfungsausschusses wurden im Sinne einer stärkeren Berücksichtigung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit bei der Überwachung von Unternehmen modifiziert. So soll das Kompetenzprofil des Aufsichtsrats nunmehr auch die Expertise zu den für das Unternehmen bedeutsamen Nachhaltigkeitsfragen umfassen. Das geforderte Kompetenzprofil der gesetzlich festgelegten mindestens zwei Finanzexperten im Prüfungsausschuss ist zudem um die Nachhaltigkeitsberichterstattung bzw. deren Prüfung erweitert worden. Es ist zu beachten, dass mit dem DCGK 2022 zahlreiche neue Anforderungen auf börsennotierte AG hinsichtlich der Professionalisierung ihrer Corporate Governance Systeme zukommen. Da der Kodex über die verpflichteten Gesellschaften hinaus eine Ausstrahlungswirkung als unterstellte „gute Unternehmensführung“ auf viele weitere Unternehmen hat, dürfte die Einführung nachhaltigkeitsbezogener Kodexempfehlungen den Druck auf Unternehmen hinsichtlich ihrer Sustainability Transformation weiter verstärken. Insofern trägt der DCGK 2022 dazu bei, die Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie, in Geschäftsmodellen und in der Berichterstattung der Unternehmen weiter zu forcieren.