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News

Risiken für die ertrag­steuerliche Organschaft bei einem lFRS-Konzernabschluss

Mit der Verfügung vom 04.01.2022 (S 2770 A-55-St 55) zur Bedeutung eines Bestätigungsvermerks eines IFRS-Konzernabschlusses für die Fiktion nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sätze 4 und 5 KStG hat die OFD Frankfurt/M. ohne Begründung verlautet, dass dieser die Durchführungsfiktion im Sinne des § 14 KStG nicht erfüllt.

I. Ausgangslage

Im Jahr 2013 wurde mit der kleinen Organschaftsreform die Voraussetzung geschaffen, dass auch eine fehlerhafte Durchführung des Gewinnabführungsvertrags im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft anerkannt werden kann. Ein Bilanzierungsfehler auf einer unteren oder der untersten Konzernebene könnte zu fehlerhaft durchgeführten Gewinnabführungsverträgen über die gesamte Beteiligungskette eines Organkreises führen. Ziel der Regelung war somit die Schaffung einer Rechtssicherheit für die Unternehmen und die Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung. Sofern ein entsprechendes Testat einer qualifizierten Prüfung des Jahresabschlusses vorliegt, fingiert der Gesetzgeber betreffend den subjektiven Fehlerbegriff, dass die Fehlerhaftigkeit nicht hätte erkannt werden müssen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG). Das Gesetz stellt hierbei auf einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk zu einem Konzernabschluss ab, „in den der handelsrechtliche Jahresabschluss einbezogen worden ist“. In diesem Zusammenhang ist allerdings strittig, ob ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk zu einem IFRS-Konzernabschluss ebenfalls diese Fiktion vermittelt. Denn in einen testierten IFRS-Konzernabschluss fließen eben keine handelsrechtlichen Daten, sondern vielmehr die IFRS-Daten der einzelnen einbezogenen Unternehmen ein

II: Informationsfunktion des Konzernabschlusses

Kapitalmarktorientierte Unternehmen, die zur Konzernrechnungslegung nach HGB verpflichtet sind, müssen ihren Konzernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards aufstellen, alle übrigen nach HGB konzernrechnungslegungspflichtigen Unternehmen dürfen alternativ zum HGB ebenfalls die IFRS anwenden, sofern die in § 315e HGB geregelten Voraussetzungen zusätzlich erfüllt sind. Eine Rechtsunsicherheit in Bezug auf die dargestellte Problematik besteht somit für Konzerne, deren Mutterunternehmen einen IFRS-Konzernabschluss aufstellen und deren Tochterunternehmen nicht prüfungspflichtig sind oder von den Befreiungen gemäß § 264 Abs. 3 HGB Gebrauch machen und somit auf eine Prüfung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses verzichten.

Strittig ist, ob ein IFRS-Konzernabschluss als Grundlage für den Vertrauensschutz einem handelsrechtlichen Konzernabschluss vergleichbar sein kann. Eine mittelbare Richtigkeitsgewähr für den HGB-Jahresabschluss einer Organgesellschaft ist bei einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk eines HGB-Konzernabschlusses naheliegend. Dagegen ist dies bei einem IFRS-Konzernabschluss unklar, da der Gewinnabführungsvertrag und dessen Durchführung immer an den handelsrechtlichen Gewinn bzw. Verlust anknüpfen.

Der HGB-Konzernabschluss erfüllt theoretisch auch nur eine Informationsfunktion. Zahlungsbemessungsfunktionen werden immer nur durch die Einzelabschlüsse der rechtlich selbstständigen Konzernunternehmen erfüllt und nicht durch den Konzernabschluss. Die IFRS an sich sind zudem primär der Informationsfunktion der Rechnungslegungsdaten verpflichtet. Zahlungen (wie Gewinnausschüttungen oder Steuern) knüpfen gerade nicht an IFRS-Daten an.

Derzeit anerkannt ist, dass ein Bestätigungsvermerk eines (handelsrechtlichen) Konzernabschlusses in dem hier relevanten Kontext ausreichend ist, wenn sich die Prüfung auch auf den einbezogenen handelsrechtlichen Jahresabschluss der Organgesellschaft erstreckt. Es ist hierbei unerheblich, in welchem Umfang die handelsrechtlichen Werte der Organgesellschaft tatsächlich geprüft werden. In einen Konzernabschluss nach IFRS gehen jedoch gerade keine handelsrechtlichen Werte ein.

Zwar kann argumentiert werden, dass die Informationsfunktionen eines handelsrechtlichen Konzernabschlusses und eines IFRS-Konzernabschlusses nicht so weit auseinander liegen, zumal es zulässig ist, für Zwecke des handelsrechtlichen Konzernabschlusses eine vom handelsrechtlichen Einzelabschluss abweichende Bilanzierung und Bewertung in der sogenannten Handelsbilanz II vorzunehmen. Sofern von einer Gleichwertigkeit auszugehen ist, könnte die Richtigkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG auch für einen IFRS-Konzernabschluss gelten. Gleichwohl stellt der aktuelle Gesetzeswortlaut – auf den die OFD Frankfurt/Main Bezug nimmt – auf handelsrechtliche Daten ab.

III. Aktuelle Sichtweise der Finanzverwaltung

In der Verfügung der OFD Frankfurt/Main vom 04.01.2022 wurde ohne weitere Begründung die Gültigkeit eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks im Rahmen eines IFRS-Konzernabschlusses für die Richtigkeitsvermutung i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG verneint.

IV. Handlungsmöglichkeiten für die Steuerpflichtigen

Die an dem aktuellen Gesetzeswortlaut orientierte Verfügung der OFD Frankfurt/Main beinhaltet ein signifikantes Konfliktpotenzial zwischen Unternehmen und Finanzverwaltung. Das Risiko einer möglichen Versagung der ertragsteuerlichen Organschaft für Steuerpflichtige hat sich bei Vorliegen eines befreienden Konzernabschlusses nach IFRS damit deutlich erhöht.

Zur Vermeidung des vorgenannten Risikos können Steuerpflichtige eine freiwillige Prüfung der betroffenen HGB-Jahresabschlüsse veranlassen. Alternativ kann auf die Befreiung von der Prüfungspflicht nach § 264 Abs. 3 HGB verzichtet werden, um in den Anwendungsbereich der gesetzlich fingierten Richtigkeitsgewähr der Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme zu kommen.

V. Fazit

Die OFD-Verfügung entfaltet nur Bindungswirkung für die nachgeordneten Verwaltungen im entsprechenden Zuständigkeitsgebiet. Es bleibt daher abzuwarten, ob Finanzämter aus anderen Bundesländern sich der Sichtweise anschließen.

Steuerpflichtige müssen sich jedoch des Risikos der Nichtanerkennung einer Organschaft bewusst sein, sofern die Durchführungsfiktion des § 14 KStG auf einen befreienden Konzernabschluss nach IFRS gestützt wird bzw. werden soll.

Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung ihre Sichtweise überdenkt oder der Gesetzgeber den IFRS-Konzernabschluss für die Richtigkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG auch als gleichwertig anerkennt. Denn zumindest stellt es der Gesetzgeber bereits heute dem Bilanzierenden frei, zur Erfüllung seiner gesetzlichen Konzernrechnungslegungs- und Publizitätspflichten einen IFRS-Konzernabschluss zu erstellen und offenzulegen.

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