Aktuell wurde in einem Artikel des IDW Life Magazins die Frage aufgestellt, ob ein Unternehmen ihren dazugehörigen Kundenstamm an eine Tochtergesellschaft veräußern könnte. Dies wollen wir im Folgenden zusammenfassen.
Von einer Veräußerung spricht man vor allem bei der rechtlichen Übertragung des Eigentumsrechts an einem Vermögensgegenstand auf eine andere Person. Hierbei ist zu beachten, dass es sich dabei um ein materielles oder immaterielles Gut (wie z.B. Lizenzen, Patente, …) handeln kann. Ein immaterielles Gut stellt einen Vermögensgegenstand dar, falls es laut der Verkehrsauffassung einzeln verwertbar ist. Dies bedeutet so viel wie, dass die wirtschaftlichen Vorteile an der Sache auf Dritte übertragbar sind. Diese Einzelverwertbarkeit gilt nicht für Geschäfts- oder Firmenwerte.
Nach § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB müssen sämtliche Vermögensgegenstände aktiviert werden, sofern gesetzlich nichts anderes festgelegt wurde. Für erworbene immaterielle Vermögensgegenstände, die dem Anlagevermögen zuzuordnen sind, besteht somit eine Ansatzpflicht. Die Abgrenzung immaterieller Vermögensgegenstände vom Geschäfts- oder Firmenwert ist oftmals nicht einfach und umstritten. Vor allem wenn es sich hierbei um Werte wie Konzessionen oder Lizenzen handelt.
Hierbei stellt sich die Frage, wie ein Unternehmen überhaupt ihren Kundenstamm veräußern könnte. Dabei erscheint die Form der Übertragung an einer Kundenliste naheliegend. Allerdings stellt man bei diesem Beispiel schnell fest, dass in diesem Fall gegenüber den aus dieser Leistung gewonnenen potenziellen Erwerbern keine Kundenbindung gewährleistet wird und somit der wirtschaftliche Vorteil nicht vollkommen isoliert auf Dritte übertragbar ist. Daraus lässt sich schließen, dass das Kriterium der Einzelverwertbarkeit nicht erfüllt werden kann, wenn beim Erwerb keine spezielle Kundenbindung hergestellt werden kann. Sind mit dem Kundenstamm jedoch Gewinnchancen verbunden, welche unabhängig vom Betrieb des Veräußerers realisierbar sind, kann Einzelverwertbarkeit durchaus gegeben sein.
Eine Aktivierung des Kundenstamms beim Erwerber kommt ferner nur in Betracht, wenn das wirtschaftliche Eigentum übergeht. Auch nur dann kann beim Veräußerer eine Kaufpreisforderung aktiviert werden. Erfolgt die Veräußerung des immateriellen Vermögensgegenstands auf eine Gesellschaft, welche außer dem Kundenstamm über kein wesentliches Vermögen verfügt, kann der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums darüber hinaus zweifelhaft sein. Dies gilt beispielsweise dann, wenn der Kaufpreis nicht von einem Dritten finanziert oder beglichen wird. Der Veräußerer könnte in diesem Fall den Kaufpreis lediglich aus dem Kundenstamm selbst erwirken, da der Erwerber über kein weiteres Vermögen verfügt.