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Basiszinssatz nach IDW S 1 steigt zum 01.12.2022 auf 2,00 %

Der Basiszinssatz nach IDW S 1 steigt zum 01.12.2022 mit gerundet 2,00 % weiter an. Im Vergleich zum Vormonat steigt der Basiszinssatz ungerundet von 1,747 % auf 2,010 %. Das hohe Wachstum beim Basiszinssatz im Jahr 2022 hält somit weiter an. Der Anstieg von 0,10 % zum 01.01.2022 auf 2,00 % zum 01.12.2022 hat einen deutlichen Effekt auf die bewertungsrelevanten Kapitalkosten, die beispielsweise Unternehmens- und Beteiligungsbewertungen zugrunde gelegt werden. Dies ist unter anderem bei bevorstehenden Werthaltigkeitsprüfungen zum Jahresende besonders zu berücksichtigen.

Der für Bewertungszwecke relevante Basiszinssatz hat zum 01.12.2022 weiterhin eine steigende Tendenz. Mit einem Anstieg von 0,263%-Punkten im Vergleich zum Vormonat bezogen auf den ungerundeten Wert, setzt sich der betrachtete Anstieg auch in diesem Monat weiter fort, der sich ebenfalls im gerundeten Basiszins niederschlägt.   

Der für Zwecke von (Unternehmens-)Bewertungen relevante Basiszinssatz nach IDW S 1 unterlag seit mehreren Jahren einem insgesamt fallenden Trend. Nach der grundsätzlich steigenden Tendenz beim Basiszinssatz zu Beginn des Jahres 2020 gingen die zunehmende Ausbreitung des Corona-Virus sowie die anschließenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie aber auch an der Entwicklung des Basiszinssatzes nach IDW S 1 nicht spurlos vorüber. Die Auswirkungen waren bis vor kurzem noch spürbar. Seit dem 01.01.2022 ist der Basiszinssatz jedoch von 0,10 % auf 2,00 % zum 01.12.2022 um 1,90-Prozentpunkte gestiegen. Der Basiszinssatz ist nun auf einem Niveau ähnlich zum Zeitraum von 2014 bis Anfang 2015. Im Jahr 2022 hat sich der Basiszinssatz damit bisher verzwanzigfacht!

Der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW hat aufgrund der mehrere Jahre anhaltenden Niedrigzinsphase eine Empfehlung für die Vorgehensweise bei der Rundung des Basiszinssatzes ausgesprochen. Sofern dieser unter einem Prozentpunkt liegt, ist der für die Unternehmensbewertung relevante Basiszinssatz auf 1/10-Prozentpunkte zu runden. Bei Zinssätzen oberhalb von 1,00 % ist der Zinssatz weiterhin auf 1/4-Prozentpunkte zu runden.

Vor der Corona-Krise bewegte sich der Basiszinssatz auf historischen Tiefständen und war ungerundet zum 01.11.2019 erstmals sogar leicht negativ. Bis Ende Februar 2020 erholte sich der basierend auf einer dreimonatigen Durchschnittsbetrachtung ermittelte Basiszinssatz wieder leicht auf 0,20 %. Diese kurze Erholungsphase wurde durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise unterbrochen. Seit Jahresbeginn 2022 ist jedoch eine deutlich steigende Tendenz beim Basiszinssatz zu beobachten.

Zum 01.12.2022 beträgt der Basiszinssatz ungerundet 2,010 % (per 01.11.2022: 1,747 %). Im Vergleich zum Vormonat ergibt sich ungerundet ein Anstieg, der sich in diesem Monat auch im gerundeten Wert niederschlägt. Der Anstieg der Vormonate setzt sich somit weiterhin fort und der Basiszinssatz steigt weiter an. Hintergrund dafür dürften auch die derzeitigen Verwerfungen auf den internationalen Kapitalmärkten sowie die politischen Unsicherheiten sein, die eine Flucht der Anleger in sichere Bundesanleihen zur Folge haben. Auch historisch hohe Inflationsraten sorgen für steigende Basiszinssätze. Das Statistische Bundesamt gab bekannt, dass die Inflationsrate in Deutschland im November 2022 voraussichtlich bei 10 % im Vergleich zum Vorjahresmonat lag. Damit weist die Inflationsrate in Deutschland weiterhin historische Höchststände auf. Als Maßnahme gegen die Inflation hat zudem die EZB den Leitzins im Jahr 2022 drei Mal in Folge schrittweise von 0,00 % auf 2,00 % angehoben. Erstmals seit Jahren wurde der Leitzins im Juli 2022 von 0,00 % um 0,50%-Punkte auf 0,50 % angehoben. Kurze Zeit darauf erfolgte im September 2022 erneut eine Erhöhung um 0,75%-Punkte auf 1,25 % und im Oktober 2022 beschloss die EZB, vor dem Hintergrund der hohen Inflation eine weitere Anhebung um 0,75%-Punkte auf 2,00 %. Weitere Erhöhungen des Leitzinses noch im Jahr 2022 sind nicht ausgeschlossen. Experten rechnen mit einem Leitzins für den Euroraum von 2,50 % zum Jahresende. Das insgesamt steigende Zinsniveau beeinflusst auch den bewertungsrelevanten Basiszinssatz.

Bei einer Rundung auf 1/4-Prozentpunkte beträgt der Basiszinssatz im Vergleich zum Vormonat 2,00 %. In der Folge beträgt der gerundete Basiszinssatz zum sechsten Mal in Folge zum Monatsende mehr als 1,00 %. Ob zukünftig mit einer anhaltenden Erholung des Basiszinssatzes gerechnet werden kann, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Dies wird von den weiteren weltweiten Entwicklungen und Krisen sowie auch von der Geldmarktpolitik der Zentralbanken abhängen. Sollte sich die derzeitige Entwicklung aber fortsetzen, dann könnte der Basiszinssatz weiter steigen. Eine anhaltend hohe Inflation sowie weitere Zinserhöhungen der EZB können zu weiteren Anstiegen des Basiszinssatzes auch im Jahr 2023 führen.

Unter Berücksichtigung der Entwicklungen an den Kapitalmärkten sowie der bisherigen expansiven Geldpolitik der EZB beschloss der FAUB des IDW im Oktober 2019, seine Empfehlung zum Ansatz der Marktrisikoprämie vor persönlichen Steuern auf 6,00 % bis 8,00 % (Mittelwert 7,00 %) anzuheben. Bezüglich der Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern hält der FAUB seitdem einen Ansatz in einer Bandbreite zwischen 5,00 % und 6,50 % (Mittelwert 5,75 %) für angemessen. Angesichts der Corona-Pandemie sieht der FAUB aktuell keinen Anlass, die aus 2019 stammende Bandbreitenempfehlung anzupassen. Auch in den Auswirkungen des aktuell andauernden Ukraine-Krieges sieht der FAUB des IDW keinen Anlass, die Bandbreitenempfehlung anzupassen. Sie gilt demzufolge unverändert auch aktuell. Es bleibt abzuwarten, ob die aktuelle Bandbreitenempfehlung auch vor dem Hintergrund der aktuell hohen Inflationsraten und dem damit einhergehenden Anstieg der Gesamtmarktrenditen noch zu halten ist. Das Kapitalmarktumfeld deutet derzeit auf tendenziell steigende Marktrisikoprämien hin. Insofern könnte der FAUB des IDW das aktuelle Marktumfeld zum Anlass nehmen, seine Bandbreitenempfehlungen anzupassen.

Zum 01.12.2022 betragen die standardisierten Eigenkapitalkosten vor persönlichen Steuern bei Ansatz der Mittelwertempfehlung des IDW bei einem Beta-Faktor von 1,0 und einem Basiszinssatz von gerundet 2,00 % somit 9,00 %. Dies entspricht einem Faktor von rd. 11,11. Die weitere Entwicklung des Zinssatzes bleibt vor dem Hintergrund der aktuell vergleichsweise unruhigen Entwicklungen am Kapitalmarkt sowie des gesamtwirtschaftlichen Umfelds mit Spannung abzuwarten. Es ist allerdings zu erwarten, dass der Basiszinssatz auch in 2023 weiter steigen wird.

Insgesamt sind schon jetzt deutliche Auswirkungen auf die bewertungsrelevanten Zinssätze zu erkennen. Die gestiegenen Kapitalkosten können unter anderem erhebliche Auswirkungen auf Beteiligungsbewertungen und/oder Impairment-Tests haben, da sich die hierfür benötigten Kapitalkosten auch wegen des Zinsanstiegs im Jahr 2022 stark verändert haben. Es ist davon auszugehen, dass die Kapitalkosten branchenübergreifend zum Jahresende 2022 deutlich höher sein werden als noch zum 31.12.2021.

Während zum 31.12.2021 noch von einem „Standard-Eigenkapitalkostensatz“ von 7,10 % (bei einem Beta-Faktor von 1,0) auszugehen war und damit ein Faktor von rd. 14,1 galt, liegt der Faktor zum 01.12.2022 bei rd. 11,1. Dies bedeutet – bei ansonsten unveränderten bewertungsrelevanten Faktoren – ein Absinken des zu ermittelnden Wertes von mehr als 20 %!

Wenn den gestiegenen Kapitalkosten nicht entsprechend gestiegene Cashflowprognosen gegenüberstehen, dann steigt das Risiko von Abwertungen in Jahres- und Konzernabschlüssen zum 31.12.2022 erheblich an. In der Folge sind insbesondere Bilanzpositionen, die von steigenden Kapitalkosten beeinflusst werden, im Rahmen der Abschlussprüfung für das Geschäftsjahr 2022 besonders zu untersuchen.

Unternehmen sollten sich rechtzeitig mit den Auswirkungen der steigenden Zinsen auf Bilanz und GuV auseinandersetzen und möglichst frühzeitig die unternehmensspezifischen Risiken identifizieren sowie entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten. Analysen zu einem etwaigen Abschreibungs- bzw. Wertminderungsbedarf sollten zeitnah erfolgen, um unliebsame Überraschungen zum 31.12.2022 bzw. im Zuge der anstehenden Aufstellung von Jahres- und Konzernabschlüssen zu vermeiden.

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