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Deutsche Bundesbank erhöht den Basiszins nach § 247 BGB auf 1,62 % zum 01.01.2023

Auswirkungen auf Verzugszinsen nach § 288 BGB sowie mögliche steuerliche Folgen und handelsrechtliche Berichtspflichten

Die Deutsche Bundesbank hat den Basiszins gem. § 247 Abs. 1 BGB erstmals seit dem 01.07.2011 erhöht und zum ersten Mal seit dem 01.07.2016 überhaupt angepasst, und zwar um 2,50%-Punkte von -0,88 % auf nun 1,62 %. Die Steigerung des Basiszinssatzes wirkt sich unter anderem auf die Höhe der Verzugszinsen nach § 288 BGB aus und kann sich ggf. auch auf die Beurteilung der Angemessenheit der Verzinsung von Gesellschafterdarlehen in steuerlicher Hinsicht sowie vor dem Hintergrund handelsrechtlicher Berichtspflichten auswirken.

Entwicklung des Basiszinssatzes und Höhe ab dem 01.01.2023

Der Basiszinssatz nach § 247 BGB hat gem. § 247 Abs. 1 S. 3 BGB als Bezugsgröße den Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der EZB vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs. Er wird demnach zum 01.01. sowie 01.07. eines jeden Jahres überprüft und bei Veränderungen angepasst.

Zum 01.01.2023 hat die Deutsche Bundesbank den Basiszins gem. § 247 Abs. 2 BGB erstmals seit dem 01.07.2016 angepasst von -0,88 % auf nun 1,62 %. Dies entspricht einer Steigerung um 2,50%-Punkte. Im Ergebnis bewegt sich der Basiszins gem. § 247 BGB nun auf einem Niveau wie letztmals zum 01.01.2009.

Bedeutung des Basiszinssatzes in der Praxis

Der Basiszinssatz stellt unter anderem den Ausgangspunkt für die Verzugszinsen nach § 288 BGB dar. Weiter kann er zur Orientierung bei der Beurteilung der angemessenen Verzinsung von Verrechnungskonten und Gesellschafterdarlehen im Zusammenhang mit einer verdeckten Gewinnausschüttung herangezogen werden.

Die Steigerung des Basiszinssatzes wirkt sich unmittelbar auf die Höhe der Verzugszinsen nach § 288 BGB aus.

  • Der Verzugszinssatz bei Geschäften, bei denen ein Verbraucher beteiligt ist, beträgt gem. § 288 Abs. 1 BGB fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Im Ergebnis steigt der Verzugszinssatz bei Geschäften, bei denen ein Verbraucher beteiligt ist, von 4,12 % (-0,88 % + 5,00 %) auf 6,62 % (1,62 % + 5,00 %).
  • Außerdem steigt der Verzugszinssatz für Geschäfte zwischen Unternehmen, welcher gem. § 288 Abs. 2 BGB neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt. Dieser erhöht sich von 8,12 % (-0,88 % + 9,00 %) auf 10,62 % (1,62 % + 9,00 %).

Über die gesetzlichen Vorgaben hinaus dient der Basiszinssatz in der Praxis oftmals als Bezugsgröße für die Festlegung von Zinssätzen bzw. Verzinsungen.

Steuerliche Risiken einer nicht angemessenen Verzinsung

Grundsätzlich sind Gesellschafterdarlehen und Verrechnungskonten angemessen zu verzinsen, um eine verdeckte Gewinnausschüttung zu vermeiden. Grundlage für die Beurteilung der Angemessenheit ist in diesem Zusammenhang die Marktüblichkeit der Verzinsung. Als Grenzen für den Zinssatz gelten die banküblichen Haben- und Sollzinsen. Der am Ende ausgewählte Wert innerhalb dieser Spanne hängt grundsätzlich vom Einzelfall ab. Als Anhaltspunkt kann unter anderem der Basiszinssatz nach § 247 BGB dienen, wobei im Einzelfall zusätzlich ein Zuschlag zu berücksichtigen ist. Durch den nun stark gestiegenen Basiszinssatz nach § 247 BGB können sich ebenfalls Änderungen im Hinblick auf die Beurteilung der Angemessenheit der Verzinsung von Verrechnungskonten und Gesellschafterdarlehen ergeben. Für den Fall, dass die bisher geltende Verzinsung nach dem Anstieg des Basiszinssatzes nach § 247 BGB nicht mehr angemessen ist, müssen frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um beispielsweise eine verdeckte Gewinnausschüttung zu vermeiden.

Handelsrechtliche Berichtspflichten einer nicht marktüblichen Verzinsung

Der Gesetzgeber verlangt in § 285 Nr. 21 HGB eine Berichterstattung im Anhang über wesentliche nicht zu marktüblichen Konditionen getätigte Geschäfte, sofern diese mit nahe stehenden Personen oder Unternehmen (related parties) erfolgt sind. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist zumindest über die marktunüblichen Geschäfte zu berichten. Die im Einzelabschluss bestehende Berichtspflicht gilt nach § 314 Abs. 1 Nr. 13 HGB auch für den Konzernabschluss.

Unter einem „Geschäft“ versteht man sämtliche Transaktionen rechtlicher und wirtschaftlicher Art, die sich auf die gegenwärtige und künftige Finanzlage auswirken können. Hierunter fallen bspw. auch Darlehensbeziehungen sowie die Verzinsung von Gesellschafterverrechnungskonten oder innerkonzernlichen Verrechnungskonten. Die Definition von „nahestehenden Personen und Unternehmen“ erfolgt in der Praxis unter Rückgriff auf den ins EU-Recht übernommenen IAS 24. Erst im Jahr 2022 hat das IDW den Standard IDW RS HFA 33 angepasst, der sich zu den erforderlichen Anhangangaben zu Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen äußert.

Angesichts des gestiegenen Basiszinssatzes könnten bisher bestehende Verzinsungsregelungen, die nicht angepasst werden, aktuell als unangemessen bzw. als nicht marktüblich anzusehen sein. Hieraus folgt, dass eine nicht markübliche Verzinsung eine Berichtspflicht im Anhang auslösen kann, die dann auch Gegenstand der Prüfung durch den Abschlussprüfer ist.

Analyse einer bestehenden Anpassungsnotwendigkeit

Der hohe Anstieg das Basiszinssatzes um 2,50%-Punkte zum 01.01.2023 ist zumindest ein Indiz dafür, dass eine Anpassungsnotwendigkeit bspw. hinsichtlich bisher bestehender Verzinsungsregelungen sowie vertraglich vereinbarter oder faktisch gelebter innerkonzernlicher Zinssätze besteht.

Wenn bei einem Niveau des Basiszinssatzes von -0,88 % eine Verzinsung in der Vergangenheit als angemessen beurteilt wurde, muss diese angepasst werden. Dort, wo variable Verzinsungsregelungen bestehen, die ihrerseits Bezug nehmen auf den Basiszinssatz, ergibt sich eine automatische Erhöhung des Zinssatzes. Hier besteht daher regelmäßig kein Problem in der Praxis, weil sich durch die Erhöhung des Basiszinssatzes der relevante Zinssatz automatisch erhöht.

Problematisch können feste Zinssätze sein, die in der Vergangenheit fixiert wurden und nicht automatisch angepasst werden. Hier wird in vielen Fällen Handlungsbedarf bestehen. Denn wenn bisher ein fixer Zinssatz angemessen war, muss überprüft werden, ob er weiterhin – angesichts des deutlichen Anstiegs des Basiszinssatzes – angemessen ist.

Folgen für die Praxis

Insgesamt wirkt sich die deutliche Erhöhung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB um 2,50%-Punkte im ersten Schritt vor allem auf die Verzugszinsen nach § 288 BGB aus. Dies hat unmittelbar Auswirkungen auf die Ertragslage der Unternehmen.

Weiter muss die Erhöhung auch bei der Beurteilung der Angemessenheit, der Verzinsung von Gesellschafterdarlehen und Verrechnungskonten berücksichtigt werden, um frühzeitig potenziell negativen Auswirkungen wie die Entstehung einer verdeckten Gewinnausschüttung entgegenzuwirken. Insofern müssen steuerliche Risiken rechtzeitig und genau analysiert werden. Ebenso sind etwaige handelsrechtliche Berichtspflichten im Anhang zum Einzelabschluss sowie zum Konzernabschluss bei Vorliegen einer nicht marktüblichen Verzinsung zu beachten.

In der Praxis sollte eine zeitnahe Auseinandersetzung mit den bestehenden Verzinsungsregelungen erfolgen, um eine etwaige nicht weiterhin angemessene bzw. zwischenzeitlich marktunübliche Verzinsung zu erkennen und entsprechend anzupassen. Allein eine genaue Analyse und etwaige Anpassung der bestehenden Regelungen zur Verzinsung kann unerwünschte steuerliche Risiken und Berichtspflichten verhindern.

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