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EZB und FED erhöhen erneut ihre Leitzinsen

EZB hebt den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte an – die FED erhöht um "moderate" 0,25 Prozentpunkte

Das Jahr 2022 war aus geldpolitischer Sicht ein Jahr der Leitzinserhöhungen. Die Notenbanken haben insbesondere in der zweiten Jahreshälfte die Leitzinsen vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Inflation kräftig erhöht. Die FED erhöhte im Jahr 2022 den Leitzins insgesamt sieben Mal während die EZB ebenfalls von ihrer langanhaltenden Niedrigzinspolitik abrückte und den Leitzins für den Euroraum auf 2,50 % anhob. Im Februar 2023 geht die EZB aktuell einen größeren Zinsschritt als die FED und erhöht um 0,50 Prozentpunkte.

Die wirtschaftlichen und geopolitischen Ereignisse haben das Jahr 2022 geprägt. Zu Beginn des Jahres 2022 wurde eine wirtschaftliche Erholung nach der Coronapandemie prognostiziert, die durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine unterbrochen wurde. Als Folge dessen geriet die Wirtschaft unter Druck und die Inflation stieg in die Höhe. Insgesamt beläuft sich die Inflation in Deutschland für das Jahr 2022 laut Statistischem Bundesamt bei +7,90 % im Vergleich zum Vorjahr, mit einer Rekordinflationsrate im Oktober 2022 von +10,4 %. Zuletzt ging die Inflationsrate im Dezember 2022 auf +8,60 % zurück. Dabei liegt die Inflationsrate in Deutschland deutlich höher als die Inflationsrate im Dezember 2022 in den USA. In den USA ging die Inflation auf 6,50 % im Dezember 2022 zurück und lag zum Jahresende 2022 somit auf dem niedrigsten Wert seit November 2021.

Den Rückgang der Inflation nimmt die US-Notenbank FED als Anlass, den Leitzins zwar weiter anzuheben, jedoch nur noch um moderate 0,25 Prozentpunkte auf eine Bandbreite von jetzt 4,50 % bis 4,75 %. Der Zinsschritt vom 01.02.2023 ist die achte Zinserhöhung der FED in Folge. Im Vergleich zur EZB hält FED-Chef Powell an seiner aggressiven Zinspolitik fest und kündigt weitere Zinsschritte an, sodass die Zinsen in diesem Jahr auf etwas mehr als 5,00 % ansteigen könnten. Zuletzt erhöhte die FED im Dezember 2022 den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte. Zuvor hatte sie den Leitzins viermal in Folge um je 0,75 Prozentpunkte erhöht. Die Botschaft der FED ist dabei weiterhin klar: Die Zinserhöhungen sollen erst dann eingestellt werden, wenn das Inflationsziel von 2,00 % erreicht wird. Marktteilnehmer sehen das Absinken der Inflation und das niedrige Wirtschaftswachstum als Signal, dass zusätzliche geldpolitische Straffungen der Wirtschaft mehr schaden als nutzen könnten.

Neben der US-Notenbank FED erhöhte auch die EZB kräftig die Leitzinsen im Jahr 2022. Zuletzt hob die EZB den wichtigsten Leitzins auf 2,50 % im Dezember 2022 an – ein Niveau was zuletzt im Jahr 2008 zu beobachten war. In der jüngsten Sitzung des EZB-Rats vom 02.02.2023 wurde bekannt gegeben, dass der Leitzins für die Eurozone um weitere 0,5 Prozentpunkte angehoben wird und somit 3,00 % (Hauptrefinanzierungsgeschäft) beträgt. Insgesamt hob die EZB den Leitzins von 0,00 % zu Beginn des Jahres 2022 auf aktuell 3,00 % an. Der erste Zinsschritt erfolgte im Juli 2022. Zum ersten Mal seit über 10 Jahren wich die Zentralbank für den Euroraum von ihrer langanhaltenden Nullzinspolitik ab und erhöhte den Leitzins zunächst um 0,5 Prozentpunkte. Weitere Zinsschritte von 0,75 Prozentpunkten folgten im September 2022 und November 2022. Daraufhin folgten Leitzinserhöhungen im Dezember 2022 und im Februar 2023 um jeweils 0,5 Prozentpunkte.

Auch in Europa herrscht eine anhaltend hohe Inflation, die zwar zuletzt abschwächte, aber trotzdem auf einem hohen Niveau bleibt. Im Euroraum beläuft sich die Inflation im Januar 2023 auf 8,50 %, nach 9,20 % im Dezember 2022. Die Kernrate, das heißt die um Preise für Energie und Lebensmittel bereinigte Inflation, liegt bei 5,20 %, wodurch kein Entwarnungssignal für die EZB besteht. Notenbankchefin Lagarde machte bereits im Dezember 2022 deutlich, dass weitere Zinsschritte von einem halben Prozent folgen dürften. Viele Marktteilnehmer erwarten weitere Zinsschritte seitens der EZB im März und Mai dieses Jahres. An den Märkten wird derzeit ein weiterer Anstieg des Einlagezinses bis auf knapp 3,50 % im Juli 2023 eingepreist. Der deutsche Aktienmarkt reagiert zunächst positiv auf die Entscheidung der FED und EZB zur Leitzinserhöhung.

Höhere Leitzinsen gelten als Mittel gegen die hohen Inflationsraten. Hohe Zinsen können sich aber auch bremsend auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Die Gefahr, dass eine Volkswirtschaft durch rasant ansteigende Leitzinsen in eine Rezession rutschen kann, besteht bei den aktuellen Zinsschritten weiterhin. Bereits viele große Volkswirtschaften stehen am Rande einer Rezession. Marktteilnehmer warnen vor Überreaktionen der Zentralbanken, da sich Studien zufolge eine Leizinserhöhung erst nach rund 18 Monaten am Markt bemerkbar machen.

Insgesamt soll mit dem Anstieg der Leitzinsen die Inflation gebremst werden, um das Inflationsziel von 2,00 % der EZB sowie der Fed zu erreichen. Die Zinsschritte zur Anhebung haben aber auch eine Kehrseite, die deutlich negative Effekte für zahlreiche Unternehmen nach sich zieht.

Deutliche Effekte sind bei der Fremdfinanzierung zu beobachten. Während Unternehmen noch vor einem Jahr geringere Zinsaufwendungen in Verbindung mit Fremdkapital hatten, sind diese deutlich angestiegen. Private Haushalte bemerken den Anstieg der Fremdkapitalfinanzierung deutlich bei der Vergabe von Krediten für die Immobilienfinanzierung. Bisher gelang es Unternehmen jahrelang günstige Investitionen vorzunehmen, die bei bevorstehender Umschuldung künftig zu ungünstigeren Konditionen finanziert werden müssen. Durch die steigende Zinslast wird das Ergebnis der Unternehmen belastet.

Insbesondere im Zusammenhang mit bewertungsrelevanten Fragestellungen sind die Auswirkungen der Leitzinserhöhungen deutlich bemerkbar. Noch im Januar 2022 lag der bewertungsrelevante Basiszins nach IDW S 1 bei 0,10 %. Zum 31.12.2022 ist der bewertungsrelevante risikolose Basiszinssatz nach IDW S 1 auf 2,00 % angestiegen. Die aktuellen Zinssatzerhöhungen schließen ein weiteres Ansteigen des bewertungsrelevanten Basiszinssatzes nicht aus.

Die Zinspolitik beeinflusst nicht nur die inländische Wirtschaft, sondern wirkt sich ebenfalls auf die Wechselkurse aus. Im Sommer 2022 ist der Euro erstmals unter die Parität zum US-Dollar gefallen. Den tiefsten Stand seit 20 Jahren erreichte der Euro am 27.09.2022 bei 0,96 US-Cent. Die Abwertung des Euro gegenüber dem US-Doller wurde unter anderem durch die kräftigen Zinserhöhungen der US-Notenbank getrieben. Durch den Zusammenhang der Leitzinsen und der Wechselkurse, können sich die Notenbanken nur bedingt von anderen Notenbanken abkoppeln. Trotz regelmäßigen Zinsschritten liegt der Leitzins der EZB noch deutlich unter dem der FED. Dessen ungeachtet konnte der Euro in den letzten Monaten wieder stabilisiert werden und wertete gegenüber dem US-Dollar wieder auf.

Die weiteren (Zins-) Entwicklungen für das Jahr 2023 können aktuell nicht vollumfänglich abgeschätzt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass weitere Leitzinserhöhungen dazu führen werden, dass sich das allgemeine Zinsniveau ebenfalls tendenziell noch weiter erhöhen wird. Das hat zur Folge, dass unter anderem Fremdkapitalkosten und Eigenkapitalkosten auch im Jahr 2023, wie bereits im Jahr 2022, noch weiter steigen könnten. Ob die Entwicklung im Jahr 2023 so dynamisch sein wird wie im abgelaufenen Jahr 2022, bleibt abzuwarten. In der Praxis sind gerade vor dem Hintergrund des sich nun im Jahr 2023 weiter fortsetzenden Zinsanstiegs nicht nur auf die Auswirkungen auf Bilanzierungs- und Bewertungsfragen weiterhin im Blick zu behalten, sondern es muss auch eine angemessene Verzinsung bei zinsrelevanten Sachverhalten sichergestellt sein. Insofern sind bestehende Verzinsungsregelungen zu überprüfen und gegebenfalls anzupassen.

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