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Vereins- und Stiftungs­recht: Nun auch virtu­elle oder hybride Ver­samm­lun­gen möglich

Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht beschossen

Durch eine Gesetzesänderung können Vereine zukünftig auch ohne entsprechende Satzungsregelung eine hybride oder rein virtuelle Mitgliederversammlung abhalten. Die Neuregelung gilt auch für die Vorstandssitzungen bei Vereinen und Stiftungen.

Am 09.02.2023 hat der Bundestag das Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht in zweiter und dritter Lesung verabschiedet (geänderte Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drs. 20/5585).

Durch das Gesetz wird § 32 BGB dergestalt geändert, dass der Verein Vereinsmitgliedern die virtuelle Teilnahme an Mitgliederversammlungen und die virtuelle Ausübung anderer Mitgliederrechte ohne die physische Anwesenheit des jeweiligen Mitglieds in der Versammlung ermöglichen kann, während andere Mitglieder am Versammlungsort anwesend sind, sogenannte hybride Versammlung.

Auch ist es möglich, dass die Versammlung rein virtuell stattfindet. Die rein virtuelle Abhaltung von Versammlungen muss jedoch durch die Mitglieder des Vereins für zukünftige Versammlungen zunächst beschlossen werden. Aus diesem Grund ist zumindest für diesen Beschluss eine hybride Versammlung einzuberufen.

Wenn eine hybride oder virtuelle Versammlung abgehalten werden soll, ist bereits in der Einladung anzugeben, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können. Hierdurch sollen die Mitglieder in die Lage versetzt werden, rechtzeitig vor der Versammlung zu prüfen, ob sie die technischen Voraussetzungen für die Nutzung der in der Einberufung der Versammlung angegebenen elektronischen Kommunikationsmittel erfüllen oder noch weitere Vorkehrungen treffen müssen, um ihre Mitgliedschaftsrechte im Wege elektronischer Kommunikation ausüben zu können. Damit ist eine Teilnahme nicht nur durch Bild- und Tonübertragung, sondern auch per Telefonkonferenz, Meinungsaustausch per Internetdialog („Chat“), Abstimmung per E-Mail, Virtual Reality („VR“) oder andere vergleichbare elektronische Verfahren möglich.

Dies gilt nicht nur unmittelbar für die Mitgliederversammlung der Vereine, sondern über die Verweisungen in § 28 BGB und §§ 86 i.V.m. 28 BGB auch für die Versammlungen des Vorstands von Vereinen und Stiftungen, der aus mehreren Personen besteht.

Ein praktisches Problem hybrider Versammlungen ist, dass keine sogenannte Informationsasymmetrie zwischen anwesenden und virtuell teilnehmenden Mitgliedern entstehen darf, um eine ordnungsgemäße Beschlussfassung zu ermöglichen. Dies bedarf einer sorgfältigen Vorbereitung solcher Versammlungen, bei denen damit gewährleistet sein muss, dass alle virtuellen Teilnehmer jederzeit gleichwertigen Zugang zu allen Informationen haben und ihre Rechte gleichwertig mit anwesenden Teilnehmern ausüben können.

Da § 32 BGB dispositiv ist, können Vereine bereits nach heute geltendem Recht Satzungsregelungen vorsehen, die eine virtuelle Teilnahme ermöglichen. Auch die Neuregelung ist dispositiv. Vereine können daher durch die Satzung die Voraussetzungen für hybride oder virtuelle Versammlungen auf sie anpassen oder die Anwendung sogar ganz ausschließen. Für Vereine oder Stiftungen, die jedoch nicht extra ihre Satzung ändern möchten, erleichtert die Gesetzesänderung zukünftig die Durchführung ihrer Versammlungen. Je nach individueller Situation, kann eine Satzungsregelung Sinn machen. Dies stellt sicher, dass für die Zukunft eine für alle sichtbare Regelung existiert, auf die sich alle Teilnehmer einstellen können und deren Einhaltung gewährleistet ist.

Das nicht zustimmungsbedürftige Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Hilfe bei der Umsetzung entsprechender Regelungen in Ihrer Satzung benötigen.

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