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Erfassung von Inflationsausgleichs­prämien in HGB- und IFRS-Abschlüssen

Durch das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz vom 19.12.2022 (BGBI. S. 1743) wurde die Möglichkeit geschaffen, dass Arbeitgeber eine sogenannte Inflationsausgleichsprämie an ihre Arbeitnehmer gewähren können. Demnach ermöglicht der Gesetzesgeber den Arbeitgebern zwischen dem 26.10.2022 und dem 31.12.2024 steuer- und sozialabgabenfrei einen Betrag bis zu einer Höhe von EUR 3.000 an ihre Arbeitnehmer auszuzahlen. Im nachfolgenden Themenbeitrag wird näher auf die Bilanzierung der Inflationsausgleichsprämie nach HGB sowie IFRS eingegangen.

I. Inflationsausgleichsprämie

Zum Zwecke der Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise wird mit dem Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz vom 19.12.2022 (BGBI. I S. 1743) Arbeitgebern die Möglichkeit geschaffen, ihren Arbeitnehmern im Zeitraum vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 steuer- und sozialversicherungsbeitragsfrei (§ 3 Nr. 11c EStG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV) eine Inflationsausgleichsprämie bis zu einer Höhe von EUR 3.000 auszuzahlen. Diese Leistung kann dabei freiwillig oder verpflichtend als Folge der Regelungen einzelner Tarifverträge zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.

In der 270. Sitzung des Fachausschusses Unternehmensberichterstattung (FAB) am 01.12.2022 hat sich der Fachausschuss mit der Bilanzierung der Inflationsausgleichsprämie in HGB- sowie IFRS-Abschlüssen befasst. Die Ergebnisse dieser Diskussion werden nachfolgend zusammenfassend dargestellt. Dabei stellt sich die Grundfrage, wie die Verpflichtung zur Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie in den HGB- sowie IFRS-Abschlüssen zu bilanzieren ist. Dies gilt es in Abhängigkeit der Ausgestaltung der branchenindividuellen Vereinbarung im Einzelfall zu beurteilen. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich dabei auf die bilanzielle Würdigung der Tarifverträge im Bereich „Chemie“ sowie „Metall“. Die Ausführungen können entsprechend auch sinngemäß auf freiwillig gewährte Zusagen (z.B. aufgrund entsprechend getroffener Betriebsvereinbarungen) angewandt werden.

II. Bilanzielle Behandlung – Tarifvertrag IGBCE/Bundesarbeitgeberverband Chemie

1. Tarifliche Vereinbarung

Nach den tariflichen Vereinbarungen zwischen der IGBCE sowie dem Bundesarbeitgeberverband Chemie vom 18.10.2022 sind zwei Inflationsausgleichsprämien (Inflationsausgleichsprämie I. sowie Inflationsausgleichsprämie  II.) in Höhe von jeweils EUR 1.500 spätestens zum 31.01. der Jahre 2023 sowie 2024 an die Tarifmitarbeiter auszuzahlen. Die Unternehmen können das Geld auch freiwillig früher und in einem Gesamtbetrag an die Arbeitnehmer auszahlen. Berechtigt sind dabei Arbeitnehmer, die im Kalendermonat vor dem Auszahlungsmonat für mindestens zwölf Arbeitstage einen Anspruch auf Entgelt aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnis haben. Dieser Anspruch entfällt entsprechend bei einer vorliegenden Eigenkündigung, sowie einer verhaltensbedingten Kündigung.

2. Erfassung in IFRS-Abschlüssen

Beide Inflationsausgleichsprämien sind als zwei separate Arbeitgeberzusagen zu betrachten. Dabei handelt es sich um kurzfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer im Sinne des IAS 19.8 ff. Bei sogenannten short-term employee benefits handelt es sich um Leistungen an Arbeitnehmer, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass diese innerhalb eines Zwölf-Monats-Zeitraums nach Ende der Periode, in der die Arbeitsleistung erbracht wurde, vollständig an die Arbeitnehmer geleistet werden. Die Periodisierung des Aufwands erfolgt über die erforderliche Dienstzeit, in diesem Fall nach Ablauf der im Tarifvertrag vereinbarten zwölf Arbeitstage. Bei der Wahl des jeweiligen spätestmöglichen Auszahlungszeitpunkts (zum 31.01.2023 und zum 31.01.2024) ist bei der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen im IFRS-Abschluss zum 31.12.2022 der Aufwand für die Inflationsausgleichsprämie I und im Abschluss zum 31.12.2023 für die Inflationsausgleichsprämie II der Aufwand jeweils in voller Höhe von EUR 1.500 zu erfassen.

3. Erfassung in HGB-Abschlüssen

Im HGB-Abschluss ist der Aufwand nach seiner wirtschaftlichen Verursachung zu erfassen. Die wirtschaftliche Verursachung wird in den seitens des Arbeitgebers mindestens zu erbringenden zwölf Arbeitstagen als Anspruch auf Entgelt gesehen, die der berechtigte Arbeitnehmer in dem – dem Auszahlungsmonat unmittelbar vorangegangen – Kalendermonat im Rahmen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses erbringt. Erfolgen die Zahlungen der Inflationsausgleichsprämien zum spätmöglichsten Zeitraum am 31.01.2023 bzw. 31.01.2024, ist nach dieser Sichtweise die zum 31.01.2023 erfolgte Zahlung wirtschaftlich durch die Tätigkeit im Dezember 2022 bzw. bei einem Auszahlungszeitpunkt zum 31.01.2024 im Dezember 2023 wirtschaftlich verursacht und entsprechend als Aufwand, durch den Ansatz einer jeweiligen sonstigen Verbindlichkeit, bilanziell zu erfassen.

III. Bilanzielle Behandlung – Tarifvertrag IG Metall / Arbeitgeberverband

1. Tarifliche Vereinbarung

Nach den tariflichen Vereinbarungen zwischen der IG Metall sowie dem Arbeitgeberverband Südwestmetall vom 18.11.2022 sind zwei Inflationsausgleichsprämien (Inflationsausgleichsprämie I. sowie Inflationsausgleichsprämie II.) in Höhe von jeweils EUR 1.500 an die Tarifmitarbeiter auszuzahlen. Der Zeitpunkt kann in Form einer freiwilligen Betriebsvereinbarung geregelt werden. Falls in Bezug auf den Auszahlungsstichtag keine Vereinbarungen vorliegen, ist als Auszahlungszeitpunkt der 01.03.2023 bzw. 01.03.2024 heranzuziehen. Ein Anspruch für die Inflationsausgleichsprämie liegt für Vollzeitbeschäftigte vor, die am Stichtag zum 01.03.2023 bzw. 01.03.2024 in einem Arbeitsverhältnis stehen und die zu diesem Zeitpunkt beim Betrieb ununterbrochen für sechs Monate beschäftigt waren. Dabei ist der Arbeitgeber auch berechtigt den Stichtag für die Inflationsausgleichsprämie I. bzw. II. im gesamten oder teilweise auf den 01.12.2022 bzw. 01.12.2023 vorzuziehen. Die notwendige Vorbeschäftigungszeit reduziert sich dabei von sechs auf drei Monate.

2. Erfassung in IFRS-Abschlüssen

Die Inflationsausgleichsprämien I. sowie II. – gemäß dem IG Metall Tarifvertrag – stellen zwei separate Zusagen der Arbeitsgebers dar. Dabei handelt es sich ebenfalls um kurzfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer im Sinne des IAS 19.8 ff. Die Periodisierung des Aufwands erfolgt über die erforderliche Dienstzeit, in diesem Fall nach Ablauf der im Tarifvertrag vereinbarten sechs bzw. drei Monate im Falle eines vorgezogenen Stichtags. Der Beginn der Aufwandserfassung knüpft sich dabei am Beginn der Dienstzeitperiode. Im Falle des vorgezogenen Stichtags liegt der Beginn der Dienstzeitperiode am 01.09.2022 bzw. am 01.09.2023 vor. Da dieser jedoch vor dem 18.11.2022 (= tarifvertragliche Vereinbarung) liegt, ist eine Periodisierung des Aufwands ab dem 18.11.2022 ebenfalls als vertretbar zu erachten.

3. Erfassung in HGB-Abschlüssen

Analog wie nach IFRS, wird es auch im HGB als sachgerecht erachtet, für die wirtschaftliche Verursachung davon auszugehen, dass die berechtigten Arbeitnehmer den Anspruch auf eine Inflationsausgleichsprämie jeweils über die Dienstzeitperiode erdienen. Demnach ist der Aufwand der Auszahlung pro rata temporis ab dem Beginn der Dienstzeitperiode anzusammeln. Das würde bei der Wahl des Stichtags zum 01.03.2023 eine Ansammlung in Höhe von 4/6 zum Geschäftsjahr 2022 bedeuten. Erfolgt die Wahl für den Stichtag auf den 01.12.2022, so ist der Aufwand aus der Zahlung in gesamter Höhe dem Geschäftsjahr 2022 zuzurechnen. Ist die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie zum 31.12.2022 nicht erfolgt und fällt der Stichtag dadurch auf den 01.03.2023[SW1] , so ist für den bis dahin wirtschaftlich verursachten Aufwand eine Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden. Die Bewertung hat unter der Maßgabe des §253 Abs. 1 Satz 2 HGB unter Berücksichtigung von Fluktuationswahrscheinlichkeiten zu erfolgen, da neben der Erdienung der Dienstzeit als weitere Voraussetzung ein zum Stichtag ungekündigtes Arbeitsverhältnis vorliegen muss.

IV. Fazit

Die Grundfrage, wie die Verpflichtung zur Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie in den HGB- sowie IFRS-Abschlüssen zu bilanzieren ist, gilt es in Abhängigkeit der Ausgestaltung der branchenindividuellen Vereinbarung im Einzelfall zu beurteilen. Die oben aufgeführten Ausführungen können neben den aufgrund der Tarifverträge gewährten Zusagen – auch sinngemäß auf freiwillig gewährte Zusagen (z.B. aufgrund entsprechend getroffener Betriebsvereinbarungen) angewandt werden. Dabei gilt es jedoch hervorzuheben, dass die bilanzielle Würdigung im Hinblick auf die Behandlung der Inflationsausgleichsprämie in Abhängigkeit der vereinbarten Zahlungsverpflichtung sowie vertraglichen Abreden zu beurteilen sind.  


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