Der BFH hat entschieden, dass die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft versagt wird, wenn Forderungen und Verbindlichkeiten aus Gewinnabführungsverträgen nicht ordnungsgemäß bilanziert werden.
Der Bundfinanzhof hat mit Urteil I R 29/19 vom 02.11.2022 entschieden, dass die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft von der tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrags und damit auch von der ordnungsgemäßen Verbuchung der daraus resultierenden Forderungen und Verbindlichkeiten abhängt.
Leitsätze des Urteils:
1. Die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG) bezieht sich nicht nur auf den Schlusspunkt des Ausgleichs aller aus dem Gewinnabführungsvertrag resultierenden Forderungen und Verbindlichkeiten. Die entsprechenden Forderungen und Verbindlichkeiten müssen auch in den Jahresabschlüssen gebucht werden.
2. Kommt es während der Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren zur Nichtdurchführung des Gewinnabführungsvertrags, führt dies nicht nur zu einer Unterbrechung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft für einzelne Veranlagungszeiträume, sondern insgesamt zu einer (rückwirkenden) Nichtanerkennung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft.
Die wichtigsten Entscheidungsgründe:
Die tatsächliche Durchführung des EAV setzt voraus, dass er entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen vollzogen wird. Dies bedeutet unter anderem, dass die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ermittelten Gewinne tatsächlich durch Zahlung oder Verrechnung an den Organträger abgeführt werden. “Verrechnung” ist in diesem Zusammenhang dahingehend zu verstehen, dass es sich um eine einer tatsächlichen Zahlung gleichstehende Aufrechnung handeln muss; die alleinige Buchung der Forderung ohne Erfüllungswirkung ist dagegen nicht ausreichend.
Nicht ausdrücklich entschieden ist bisher, zu welchem Zeitpunkt die tatsächliche Zahlung/Verrechnung erfolgen muss. Während ein Teil der Literatur der Auffassung ist, dass dies innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Schluss des entsprechenden Wirtschaftsjahres geschehen muss, lässt ein anderer Teil der Literatur eine tatsächliche Zahlung/Verrechnung innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Ende der Organschaft ausreichen.
Die Voraussetzung der tatsächlichen Durchführung des EAV bezieht sich aber nicht allein auf den Schlusspunkt des tatsächlichen Ausgleichs aller aus dem EAV resultierenden Forderungen und Verbindlichkeiten. Vielmehr wird der EAV nur dann durchgeführt, wenn er während der gesamten Geltungsdauer tatsächlich „gelebt“ wird; schon vor dem Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung/Verrechnung muss also objektiv erkennbar sein, dass sowohl der Organträger als auch die Organgesellschaft ihre zivilrechtlichen Vertragspflichten aus dem EAV erfüllen werden. Daraus folgt, dass die entsprechenden Forderungen/Verbindlichkeiten auch in den Jahresabschlüssen bilanziert werden müssen.