Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil III R 35/21 vom 20. Oktober 2022 (veröffentlicht am 6. April 2023) gegen die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Messekosten bei einem Produktionsunternehmen entschieden.
Leitsätze des BFH-Urteils zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Messekosten:
- Die Kosten für die Anmietung von Messeständen und Messestandflächen können bei einem ausstellenden Unternehmen nur dann zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG führen, wenn die angemieteten Wirtschaftsgüter bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würden.
- Die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen ist nach den Umständen des Einzelfalls zu verneinen, wenn der Steuerpflichtige primär ein Produktionsunternehmen unterhält und auch hinsichtlich des daneben ausgeübten Vertriebs der Produkte unter Berücksichtigung der Häufigkeit und Dauer der Messeteilnahme für seinen geschäftlichen Erfolg nicht auf das dauerhafte Vorhandensein der angemieteten Wirtschaftsgüter angewiesen ist.
Anlagevermögen sind Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen. Zum Umlaufvermögen gehören demgegenüber die zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter. Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden.
Es ist also zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt. Hierfür ist – im Sinne einer Kontrollfrage – darauf abzustellen, ob sich die betreffende Tätigkeit, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich sinnvoll nur ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird. Die Zuordnung zum Anlagevermögen scheidet aus, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen.
Die nur vorübergehende Teilnahme an Messen (im vorliegenden Fall: 10 Tage im Erhebungszeitraum) spricht gegen die Zuordnung zum Anlagevermögen. Aus einer regelmäßigen kurzen Nutzung eines Wirtschaftsguts lässt nicht zwingend die Notwendigkeit einer dauerhaften Verfügbarkeit ableiten.
Die Messestände haben in Bezug auf die Tätigkeit als Produktionsunternehmen keine wirtschaftliche Bedeutung, da sie nicht als Produktionsmittel eingesetzt wurden. Soweit der Geschäftszweck der Klägerin auch den Vertrieb, der von ihr hergestellten Produkte umfasst, wird festgestellt, dass dieser nicht der primäre Geschäftsgegenstand des Unternehmens ist, da sie ein Produktionsunternehmen und keine klassische Vertriebsgesellschaft ist. Aber auch hinsichtlich dieses sekundären Geschäftszwecks ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass das Unternehmen nicht auf das dauerhafte Vorhandensein der Wirtschaftsgüter angewiesen war und sich auch diese Tätigkeit ohne sie sinnvoll ausüben lässt.
Dieses Urteil ist vor allem deshalb bedeutsam, weil der BFH bestätigt hat, dass bei Unternehmen, deren Geschäftszweck nicht „nur“ die Durchführung von Messen ist, keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Messekosten zu erfolgen hat. Dies betrifft sämtliche Unternehmen, welche lediglich aus Vertriebs- und Marketinggründen sporadisch, aber durchaus auch regelmäßig im Jahr an Messen teilnehmen.