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Rückstellungen in der Steuerbilanz unter Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts

Handelsrechtlicher Betrag als absolute Obergrenze

Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 09.03.2023 betreffend das Beibehaltungswahlrecht des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB für steuerlich zulässige Rückstellungen klargestellt, dass der entsprechende Ansatz grundsätzlich auch für die Steuerbilanz gilt. Ein hiervon abweichender steuerlicher Wertansatz ist nur dann zulässig – dann auch geboten -, wenn der steuerrechtliche Wertansatz niedriger als der handelsrechtliche Wertansatz ist, wobei der handelsrechtliche Ansatz die absolute Obergrenze darstellt.

Der BFH hat mit seinem Urteil vom 09.03.2023 entschieden, dass steuerlich zulässige Rückstellungen maximal mit dem handelsrechtlichen Betrag angesetzt werden dürfen. Das Beibehaltungswahlrecht des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB entfaltet dabei auch für steuerliche Zwecke seine Wirkung.

Streitpunkt in dem zugrundeliegenden Sacherhalt waren unter anderem die Rechtsfolgen der Ausübung des Beibehaltungswahlrechts des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB im Falle der Nachsorgerückstellungen. Das Beibehaltungswahlrecht räumt dem Bilanzierenden die Möglichkeit ein, in den Fällen, in denen eine Auflösung von Rückstellungen aufgrund einer geänderten Bewertung notwendig ist, den Ansatz der Rückstellungen vorbehaltlich einer Zuführung des aufzulösenden Betrags bis spätestens 31.12.2024 beizubehalten.

Für die Bewertung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz sind die handelsrechtlichen Vorschriften heranzuziehen, soweit dem ausweislich des § 5 Abs. 6 EStG keine eigenständigen steuerrechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Dabei stellt sowohl der Ansatz unter Ausnutzung des Beibehaltungswahlrechts als auch ohne dessen Ausnutzung laut BFH einen GoB-konformen Ansatz dar. Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB begründet mithin lediglich ein Rechtsanwendungswahlrecht, welches sich nicht auf den Wertansatz selbst, sondern auf das für den Wertansatz maßgebliche Recht bezieht. Damit unterscheidet sich das Beibehaltungswahlrecht von den materiellen Ansatz- und Bewertungswahlrechten.

Betreffend die Rückstellungen durchbricht die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG den Maßgeblichkeitsgrundsatz nicht in Gänze, was vom BFH mit dem „höchstens insbesondere-Verweis“ begründet wird. Insoweit ist der handelsrechtliche Ansatz vorbehaltlich des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis f EStG auch für steuerliche Zwecke zu übernehmen, wobei der handelsrechtliche Ansatz die absolute Obergrenze darstellt.

Ist der handelsrechtliche Ansatz niedriger als der steuerrechtliche Ansatz, wird auf den handelsbilanziellen Wert abgestellt. Wohingegen auf den steuerrechtlichen Ansatz abzustellen ist, wenn der handelsrechtliche Wert über dem steuerrechtlichen Wert liegen sollte. Im Ergebnis ist mithin immer auf den niedrigeren Wert abzustellen.

Die Wirkung des Beibehaltungswahlrechts für steuerliche Zwecke ergibt sich wiederum aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG, der vorbehaltlich der Buchst. a bis f auf den handelsrechtlichen Wert abstellt, ungeachtet der Tatsache, ob das Wahlrecht des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB ausgeübt wurde oder nicht. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ist es für die steuerliche Anwendung demnach nicht von Relevanz, dass das Beibehaltungswahlrecht im EGHGB geregelt und damit nicht den GoB zu subsumieren ist. Auch der von der Finanzverwaltung aufgeführte Verweis auf die Begründung zur Einführung der R 6.11 Abs. 3 EStR ändert an der Beurteilung des BFH nichts.

Im Ergebnis stellt der BFH klar, dass das Beibehaltungswahlrecht des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB über den Grundsatz der Maßgeblichkeit auch für die Steuerbilanz gilt, da der unter Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts bestimmte Handelsbilanzwert maßgebend ist. Ein hiervon abweichender steuerrechtlicher Rückstellungswert kann aufgrund der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG geboten sein, darf allerdings den handelsrechtlichen Wertansatz nicht übersteigen.

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