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News

Bewertung eines GmbH-Anteils mit stark disquotal ausgestatteten Rechten

BFH, Urteil vom 16.11.2022 (Az.: X R 17/20)

Der BFH hat sich in seinem Urteil vom 16.11.2022 (Az.: X R 17/20) zu der Frage geäußert, inwiefern disquotale Gewinnbezugs- und Stimmrechte, im vorliegenden Fall Gewinnbezugs- und Stimmrechte, die erheblich hinter dem Anteil am Nominalkapital zurückbleiben, bei der Ermittlung des gemeinen Werts nicht zu berücksichtigende ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG darstellen.

Im vorliegenden Fall (Az.: X R 17/20) hat sich der BFH unter anderem mit der Ermittlung des gemeinen Werts im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG von GmbH-Anteilen befasst und sich in diesem Zusammenhang der Frage gewidmet, ob es sich bei Gewinnbezugs- und Stimmrechten, mit denen ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ausgestattet ist, die erheblich hinter dem Anteil am Nominalkapital zurückbleiben (disquotal ausgestaltete Rechte), um nicht bewertungsrelevante ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG handelt.

Generell sind Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter § 11 Abs. 1 BewG fallen, d.h. nicht börsennotiert sind, mit dem gemeinen Wert anzusetzen, womit ein Verweis auf § 9 BewG einhergeht. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 BewG zu berücksichtigen, nicht hingegen ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG, zu denen auch Verfügungsbeschränkungen gehören, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind (§ 9 Abs. 3 BewG).

Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei disquotalen Gewinnbezugs- und Stimmrechten weder um ungewöhnliche noch um persönliche Verhältnisse im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG. Der BFH fasst ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zusammen als Verhältnisse, mit denen der Verkehr bei der Abschätzung des Werts eines Wirtschaftsguts nicht zu rechnen pflegt. Das Vorliegen ungewöhnlicher Verhältnisse sei dem BFH folgend bspw. zu verneinen, wenn die Preisbemessung dadurch beeinflusst worden ist, dass ein branchenfremdes Unternehmen in die Branche des verkauften Unternehmens einzudringen versucht oder ein Unternehmen ein anderes Unternehmen aufkauft, um sich der Konkurrenz zu entledigen.

Persönliche Verhältnisse liegen dem BFH folgend in der Person des Käufers oder Verkäufers begründet. Dabei unterscheidet der BFH zwischen rechtlich verankerten persönlichen Besonderheiten und rein faktischen wertbeeinflussenden persönlichen Einflussnahmemöglichkeiten eines Gesellschafters.

Zu den persönlichen Verhältnissen gehören zum einen Vorzugsrechte oder Rechtsminderungen, die nicht an den Anteil, sondern an die Person des gegenwärtigen Gesellschafters gebunden sind und daher nicht auf einen Erwerber übergehen. Weil diese Vorzugsrechte oder Rechtsminderungen im Fall der Übertragung des Anteils wegfallen, können sie den bei einer Veräußerung erzielbaren Preis nicht beeinflussen. Demgegenüber sind durch Gesetz angeordnete Veräußerungssperren kein persönlicher Umstand und daher wertmindernd zu berücksichtigen. Zudem bleiben unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Verhältnisse – vor allem faktische – Einflussnahmemöglichkeiten des Gesellschafters auf die Kapitalgesellschaft außer Betracht, die nicht dem Gesellschaftsanteil anhaften, sondern über die Beteiligung hinaus bestehen, bspw. Absprachen über die Stimmrechtsbindung, die allein auf einem guten Einvernehmen zwischen bestimmten Gesellschaftern beruhen.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen handelt es sich bei in einem Gesellschaftsvertrag vereinbarten und nicht an die Person des Gesellschafters gekoppelte disquotale Gewinnbezugsrechte um keine ungewöhnlichen Verhältnisse. Ein ungewöhnlicher Umstand könne nach Auffassung des BFH allein deswegen schon nicht vorliegen, weil § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG eine Gewinnverteilung, die vom Verhältnis der Nennbeträge der Geschäftsanteile abweicht, sogar ausdrücklich zulässt. Auch eine disquotale Stimmrechtsverteilung sei in der Praxis üblich und daher kein ungewöhnlicher Umstand.

Auch die Einstufung von disquotalen Gewinnbezugs- und Stimmrechten als persönlicher Umstand verneint der BFH, weil die disquotalen Gewinnbezugs- und Stimmrechte im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurden und nicht an die Person des Gesellschafters, sondern an den Anteil als solches gebunden sind.

Im Ergebnis sind die disquotal ausgestatteten Gewinnbezugs- und Stimmrechten, die erheblich hinter dem Anteil am Nominalkapital zurückbleiben, nach Ansicht des BFH als bewertungsrelevant anzusehen und folglich bei der Bestimmung des gemeinen Werts der Anteile zu berücksichtigen.

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