Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 19.07.2023 den bereits seid längerem angekündigten Entwurf eines neugefassten Anwendungserlasses zum Außensteuergesetz (AEAStG) an die Verbände mit der Bitte um Stellungnahme verschickt. Die Neufassung des AEAStG ist unter anderem durch die im Zuge des ATAD-Umsetzungsgesetzes erfolgten Änderungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung notwendig.
Die Regelungen des AStG, wie beispielsweise Verrechnungspreise (§ 1 AStG), Wegzugsbesteuerung von natürlichen Personen (§ 6 AStG) oder Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG) können als durchweg kompliziert und auslegungsbedürftig bezeichnet werden. Letztmalig hat das BMF im Jahr 2004 ausführlich die Verwaltungsmeinung dargelegt (AStG-Anwendungserlass vom 14.05.2004, IV B 4 – S 1340 – 11/04). Durch die teils grundlegende Überarbeitung des AStG in der Zwischenzeit (z. B. durch das ATADUmsG) sowie die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung, haben sich neue Auslegungsfragen ergeben. Daher wurde der seit langem angekündigte und nun veröffentlichte Entwurf eines überarbeiteten AEAStG von der Praxis mit Spannung erwartet.
Da sich die Verwaltung zu Verrechnungspreisen (§ 1 AStG) bereits ausführlich in den Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise (BMF-Schreiben vom 06.06.2023, IV B 5 – S 1341/19/10017:003) geäußert hat, enthält der neue AEAStG hierzu keine zusätzlichen Ausführungen, sondern lediglich einen Verweis auf das bereits veröffentlichte BMF-Schreiben.
Hinsichtlich der Regelungen zur Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) enthält der neue AEAStG hingegen Ausführungen zum geänderten persönlichen Anwendungsbereich und zur sogenannten “Rückkehrerregelung“.
Weltweit sinkende Steuersätze haben in den letzten Jahren die Anwendungsfälle der Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG) massiv erhöht. Steuerpflichtige werden daher heute regelmäßig im Rahmen der Betriebsprüfungspraxis mit dem Thema konfrontiert. Daher wundert es auch nicht, dass der neue AEAStG hierzu ausführlich auf ca. 130 Seiten Stellung nimmt. In den einleitenden Randziffern zur Hinzurechnungsbesteuerung werden die allgemeine und erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung, der verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Steueroasenabwehrgesetz sowie das Verhältnis zu anderen Bestimmungen (z. B. unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht) erläutert.
Durch die Änderung am Tatbestandsmerkmal der sogenannten „Inländerbeherrschung“ in § 7 AStG sowie dem Entfall der übertragenden (Hin-)zurechnung bei mehrstufigen Beteiligungsketten (§ 14 AStG a. F.), erläutert der AEAStG im Anschluss umfangreich die Hinzurechnung bei mittelbaren Beteiligungen sowie die Beherrschung, welche auch gemeinsam mit nahestehenden Personen und durch abgestimmtes Verhalten bestehen kann. Auch wenn der Aktivitätskatalog des § 8 Abs. 1 AStG nur in Teilen geändert wurde, verbleiben hier genau wie bei anderen wesentlichen Themen des § 8 AStG (z. B. Niedrigbesteuerung und Motivtest) zahlreiche Streitfragen, die einer Erläuterung im AEAStG bedürfen. Der Kürzungsbetrag gem. § 11 AStG ist erst durch das ATADUmsG als gänzlich neues Konzept in das AStG aufgenommen worden, sodass sich keine Entsprechung in dem alten Anwendungserlass findet.
Auch bei den Familienstiftungen (§ 15 AStG) hat sich die gesetzliche Regelung seit dem letzten AEAStG wesentlich verändert (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013). Dementsprechend war auch an dieser Stelle eine Überarbeitung des Anwendungserlasses zum AStG dringend notwendig.
Den Abschluss des neuen AEAStG bilden Erläuterungen zu den Mitwirkungspflichten (§§ 16, 17 AStG), den verfahrensrechtlichen Regelungen zur Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (§ 18 AStG), zum Verhältnis zu DBAen (§ 20 AStG) sowie die zeitliche Anwendung (§ 21 AStG).
Die aufgrund diverser Änderungen des AEStG längst überfällige Novelle des Anwendungserlasses ist aufgrund der vielen offenen und höchst praxisrelevanten Zweifelsfragen zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung mit hohen Erwartungen versehen. Trotz des beachtlichen Umfangs des Entwurfs (ca. 250 Seiten) sind nach erster Durchsicht nicht alle offenen Fragestellungen adressiert (z. B. fehlen systematische Ausführungen zu neuen Geschäftsmodellen).
Auch wurden die im Rahmen des jüngst veröffentlichten Referentenentwurfs für das Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (MinBestRL-UmsG) geplanten Änderungen des AStG im aktuellen Entwurf des AEAStG noch nicht berücksichtigt. Dies ist beachtlich, soll das MinBestRL-UmsG doch nicht nur „Pillar Two“ in deutsches Recht umsetzen, sondern auch die aktuell geltende Niedrigsteuerschwelle von derzeit 25 % ab 2024 auf 15 % absenken (vgl. § 8 Abs. 5 AStG-E) und den Hinzurechnungsbetrag künftig (wieder) von der Gewerbesteuer ausnehmen. Somit dürfte sich der im Entwurf vorliegende neue AEAStG nicht nur durch die bis zum 04.09.2023 möglichen und zu erwartenden Eingaben der Verbände noch (erheblich) verändern.