Wie bereits in unserem Newsbeitrag vom 07.12.2022 erwähnt, regte der IDW im Schreiben an das Bundesministerium der Justiz eine kurzfristige Änderung im Hinblick auf die einheitliche Verwendung eines 7-Jahres-Durchschnittszinssatzes für sämtliche Rückstellungen an. Mit dem Schreiben vom 06.12.2023 hat sich das IDW nun in einem gesonderten Schreiben an das BMJ dafür ausgesprochen, eine nachhaltige Neuausrichtung der handelsrechtlichen Abzinsungskonzeption für Pensionsrückstellungen anzustreben. Dabei schlägt das IDW einen gesetzlich vorgegebenen fixen Diskontierungssatz vor.
1. Einführung
Die betriebliche Altersversorgung ist von enormer gesellschaftlicher Relevanz und bildet eine der drei Hauptstützen der Alterssicherung. In den Jahresabschlüssen der Unternehmen spiegeln sich die gewährten Direktzusagen in den Pensionsrückstellungen wider, die betragsmäßig häufig einen beträchtlichen Anteil an der Bilanzsumme ausmachen. Die aktuellen Bilanzierungsvorschriften sehen vor, dass die Bewertung von Pensionsrückstellungen zu jedem Abschlussstichtag auf Basis eines aus Marktdaten abgeleiteten Zinssatzes erfolgt.
2. Problematik an der bisherigen Konzeption
Die Grundproblematik besteht darin, dass Änderungen der Zinssätze am Kapitalmarkt auf die Fähigkeit der Unternehmen, nachhaltige Renditen zu erwirtschaften, nur mittelbare Auswirkungen haben. Die Bewertung von Rückstellungen erfolgt jedoch unter Berücksichtigung von Änderungen der Marktzinssätze zu jedem Abschlussstichtag, was zu erheblichen Schwankungen in der Bewertung führen kann. Um die starken Schwankungen abzumildern, wird der Abzinsungssatz aus dem Durchschnitt der jeweils letzten 10 Geschäftsjahre ermittelt. In einer Nebenrechnung ist eine Bewertung mit dem bisherigen 7-Jahres-Durchschnittszins vorzunehmen (Parallelbewertung). Der Unterschiedsbetrag ist zu jedem Bilanzstichtag neu zu ermitteln und wird mit einer Ausschüttungssperre belegt. Er ist im Anhang oder unter der Bilanz anzugeben. Daraus ergibt sich dennoch eine angenäherte Marktbewegung, die über die Zeit zu erhöhten Schwankungen der Jahresergebnisse der bilanzierenden Unternehmen führen kann. Dabei gilt es hervorzuheben, dass sich ein erheblich veränderndes Zinsniveau nicht gleichermaßen auf die Aktivseite wie auf die Passivseite auswirkt. Die sich aus sinkenden Marktzinssätzen ergebende steigenden Barwerte, sind auf der Aktivseite in der Regel nicht über die ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellkosten hinaus zu bewerten. Ausnahmen bestehen z. B. bei der Bewertung sogenanntem Deckungsvermögen von Pensionszusagen. Dies kann insgesamt zu einer verzerrten Darstellung der Vermögens-; Finanz- und Ertragslage führen.
Darüber hinaus gilt es an der Stelle die Inkonsistenz zur Bewertung der unverzinslichen Verbindlichkeiten hervorzuheben. Diese werden grundsätzlich im Zeitpunkt ihres Entstehens mit dem Barwert bilanziert und im Rahmen der Folgebewertung nach Maßgabe der Effektivzinsmethode ohne Berücksichtigung von Änderungen der Marktzinssätze um die Aufzinsungsbeträge erhöht. Demnach kommt bei gestiegenen Marktzinssätzen, entgegen der Bewertung der Pensionsrückstellungen, eine Verringerung des Buchwerts bzw. eine zinsinduzierte Umbewertung der Verbindlichkeiten nicht in Betracht.
3. Schlussfolgerung
Das IDW schlägt aufgrund der bisherig ausgeführten Problematiken eine reformierte Abzinsungskonzeption im Hinblick auf die Bewertung der Pensionsrückstellungen vor. Aus dem Schreiben an das BMJ vom 06.12.2023 geht dabei hervor, dass sich ein veränderndes Marktzinsniveau zu mindestens nicht mehr kurzfristig auf die Bewertung der Pensionsrückstellungen auswirken sollte. Der dargestellte Reformvorschlag sieht dabei vor, einen festen Diskontierungszinssatz einzuführen, der das langfristige durchschnittliche Marktzinsniveau widerspiegelt und in größeren Zeitabständen (anlassbezogen) einer Überprüfung unterzogen wird. Damit soll sichergestellt werden, dass sich Änderungen des Marktzinsniveaus nicht kurzfristig auf die Bewertung von Pensionsrückstellungen auswirken. Ein fester Diskontierungszinssatz soll eine langfristige Stabilität und Planbarkeit für die Unternehmen bieten. Da der aktuelle Durchschnittszinssatz gemäß § 253 Abs. 2 HGB noch deutlich unterhalb des derzeit langfristig erwarteten durchschnittlichen Zinsniveaus liegt, würde eine Umbewertung der bestehenden Pensionsrückstellungen auf einen konstant festgelegten Zinssatz bei den bilanzierenden Unternehmen höchstwahrscheinlich zu einem Auflösungseffekt führen.
An der Stelle bleibt es abzuwarten, inwiefern die Reformvorschläge vom BMJ angenommen werden.