Der hohe Anstieg des allgemeinen Zinsniveaus prägt nach 2022 auch das noch laufende Jahr 2023. Der risikolose Basiszinssatz nach IDW S1 steigt ebenfalls weiter. Zum 31.12.2022 betrug der risikolose Basizinssatz gerundet 2,00 %, während er aktuell (Anfang Dezember 2023) bei gerundet 3,00 % (zum 30.11.2023 noch bei 2,75 %) liegt. Damit fällt der Anstieg im Jahr 2023 bislang etwas weniger drastisch als im Jahr 2022 aus (von 0,10 % auf 2,00 %), ist jedoch immer noch deutlich (von 2,00 % auf 3,00 %).
Wie im Vorjahr 2022 ist auch für das Jahr 2023 zu beobachten, dass Unternehmen beim aktuellen Zinsniveau spürbare negative Effekte in ihren Jahres- und Konzernabschlüssen zu verzeichnen haben, die ausschließlich auf das hohe Zinsniveau zurückzuführen sind. Insbesondere im Zusammenhang mit vorbereitenden Maßnahmen für den einmal jährlich durchzuführenden Goodwill-Impairment Test nach IAS 36 stellen Unternehmen flächendeckend fest, dass ein Abwertungspotenzial droht, weil den weiter steigenden Zinsen keine entsprechend steigenden Cashflows folgen. Gleiches gilt für die Bewertung von Geschäfts- oder Firmenwerten nach HGB sowie für Beteiligungen.
Der risikolose Basiszinssatz nach IDW S 1 ist ein zentraler Bestandteil der Kapitalkosten. Erhöhungen beim Basiszinssatz wirken sich unmittelbar beim Kapitalisierungszinssatz aus. Zum 31.12.2022 lag der risikolose Basiszinssatz noch bei gerundet 2,00 %. Bei zahlreichen Werthaltigkeitsprüfungen zum 31.12.2022 floss in der Folge der Basiszinssatz in genau dieser Höhe von 2,00 % in die Kapitalkosten ein.
Durch die aktuell vorzunehmende Rundung des Basiszinssatzes auf 1/4-Prozentpunkte ist nicht direkt ersichtlich, mit welcher Dynamik sich das Zinsniveau nach oben entwickelt. Betrachtet man den Verlauf des ungerundeten Basiszinssatzes im Jahr 2023, dann zeigt sich, dass die Wachstumsraten in den ersten drei Quartalen recht ähnlich waren. Im ersten Quartal 2023 stieg der ungerundete Basiszinssatz monatlich um durchschnittlich rd. 0,06 Prozentpunkte, im zweiten Quartal 2023 betrug das durchschnittliche Wachstum rd. 0,08 Prozentpunkte, während es im dritten Quartal 2023 auf rd. 0,05 Prozentpunkte abflachte.
Im vierten Quartal 2023 steigt der Basiszinssatz dynamischer als in den ersten drei Quartalen 2023. So zeigt sich in den ersten zwei Monaten des vierten Quartals ein durchschnittliches Wachstum von rd. 0,12 Prozentpunkten. Dabei ist der Anstieg vor allem auf den Monat Oktober zurückzuführen, in dem der ungerundete Basiszinssatz von rd. 2,62 % auf rd. 2,80 % und somit um 0,18 Prozentpunkte wuchs. Im November ging das Wachstum wieder zurück und betrug rd. 0,06 Prozentpunkte. Anfang Dezember 2023 setzte sich der Anstieg des ungerundeten Basiszinssatzes fort, sodass der ungerundete Basiszinssatz Anfang Dezember rd. 2,90 % betrug.
Sollte die zuletzt beobachtbare Dynamik bis zum Jahresende anhalten, dann würde der risikolose Basiszinssatz zum 31.12.2023 gerundet auf 3,00 % steigen. Die Kapitalkosten der Unternehmen wären in diesem Fall zum 31.12.2023 c. p. flächendeckend um 1,00 Prozentpunkte höher als noch zum 31.12.2022.
Zum Vergleich: Bei einem risikolosen Basiszinssatz von 2,00 % zum 31.12.2022 und einem unterstellten Betafaktor von 1,00 sowie einer Marktrisikoprämie von 7,00 % (vor persönlichen Steuern) betrugen die Eigenkapitalkosten 9,00 % zum 31.12.2022. Bei ansonsten unveränderten Annahmen könnten die Eigenkapitalkosten in dem Beispiel allein aufgrund des höheren Basiszinssatzes auf 10,00 % ansteigen. Bei einem nachhaltig unterstellten Cashflow von EUR 1 Mio. p. a. ergab sich zum 31.12.2022 bei einem Zinssatz von 9,00 % ein (Unternehmens-)Wert von EUR 11,11 Mio. Bei Eigenkapitalkosten von 10,00 % zum 31.12.2023 würde sich der (Unternehmens-)Wert bei ansonsten unveränderten Annahmen auf EUR 10 Mio. um mehr als ein Zehntel reduzieren!
Wenn den gestiegenen Kapitalkosten nicht entsprechend gestiegene Cashflow-Prognosen gegenüberstehen, dann steigt das Risiko von Abwertungen in Jahres- und Konzernabschlüssen zum 31.12.2023 erheblich an. In der Folge sind insbesondere Bilanzpositionen, die von steigenden Kapitalkosten beeinflusst werden, im Rahmen der Abschlussprüfung für das Geschäftsjahr 2023 besonders zu untersuchen.
Wichtig ist, dass Unternehmen das aktuelle Zinsniveau genau beobachten, damit rechtzeitig Maßnahmen eingeleitet werden können, um dem steigenden Zinsniveau zu begegnen. Zudem sollten Auswirkungen des Zinsniveaus auf Bewertungen rechtzeitig erkannt und analysiert werden, um „böse Überraschungen“ zum Jahresende möglichst vermeiden zu können. Allerdings steht bereits jetzt fest, dass durch das deutliche Ansteigen des bewertungsrelevanten Zinsniveaus im Jahr 2023 die aktivierten Firmenwerte und Beteiligungen zum 31.12.2023 deutlich unter Druck geraten hinsichtlich der Beurteilung ihrer Werthaltigkeit und insofern ein deutlich erhöhtes Abschreibungsrisiko droht.