Das Jahr 2022 und bisher auch das Jahr 2023 waren aus geldpolitischer Sicht geprägt von Leitzinserhöhungen. Die Notenbanken haben insbesondere seit dem zweiten Halbjahr 2022 die Leitzinsen vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Inflation kontinuierlich mehrfach erhöht. Am 14.12.2023 hat die EZB nun verkündet, dass sie zum zweiten Mal nach zuvor zehn Erhöhungen in Folge den Leitzins unverändert lässt und somit weiter eine Zinspause einlegt. Der Leitzins der EZB beträgt somit weiterhin 4,50 %.
Die Auswirkungen der wirtschaftlichen und geopolitischen Ereignisse, insbesondere der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, welche das Jahr 2022 geprägt haben, sind auch im Jahr 2023 spürbar. In den letzten Monaten ist jedoch eine Abschwächung der Folgen zu beobachten. So lag die Inflationsrate im November 2023 bei 3,20 % in Deutschland, nachdem sie im Juli und August 2023 noch bei über 6,00 % gelegen hatte. In den USA geht die Inflation ebenfalls zurück und liegt derzeit bei knapp über 3,00 %.
Als Folge des Inflationsrückgangs hat die EZB nun zum zweiten Mal nach zuvor zehn Zinserhöhungen in Folge den Leitzins nicht erhöht und legt somit weiter eine Zinspause ein. Der Leitzins der EZB beträgt somit weiterhin 4,50 %.
Die bisherigen Leitzinserhöhungen hatten unter anderem deutliche Auswirkungen auf die Fremdfinanzierungskosten für Unternehmen und private Haushalte, welche seit Beginn der Leitzinserhöhungen vor etwas mehr als einem Jahr deutlich angestiegen sind. Private Haushalte bemerken den Anstieg der Fremdfinanzierungskosten, insbesondere bei der Vergabe von Krediten für die Immobilienfinanzierung. Unternehmen mit einer hohen Fremdkapitalquote, die Investitionen jahrelang günstig refinanzieren konnten, müssen sich bei bevorstehender Umschuldung künftig zu ungünstigeren Konditionen finanzieren.
Auch im Zusammenhang mit bewertungsrelevanten Fragestellungen machen sich die Auswirkungen der bisher vorgenommen Leitzinserhöhungen bemerkbar. Noch im Januar 2022 lag der bewertungsrelevante Basiszins nach IDW S 1 bei 0,10 %. Zum 01.12.2023 ist der bewertungsrelevante risikolose Basiszinssatz nach IDW S 1 auf 2,75 % angestiegen.
Mit der aktuellen Zinspause reagiert die EZB auf den derzeitigen Rückgang der Inflation sowie auf die trüben Konjunkturaussichten im Euroraum. So wird das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im Jahr 2023 voraussichtlich sogar schrumpfen. Trotz allem bleibt offen, wie sich der EZB-Leitzins in Zukunft entwickeln wird. Anders als bei der US-Notenbank FED stehen jedoch zum jetzigen Zeitpunkt in keiner Weise Zinssenkungen zur Diskussion. Somit ist kurzfristig nicht von Zinssenkungen auszugehen.
Im Ergebnis können die weiteren (Zins-) Entwicklungen noch nicht abgeschätzt werden. Es ist aber für den Fall von weiteren Leitzinserhöhungen anzunehmen, dass diese zu einem weiteren Anstieg des Zinsniveaus führen werden. In der Folge könnten auch die für Unternehmensbewertungen relevanten Fremdkapital- und Eigenkapitalkosten im Jahr 2023 und 2024, wie bereits im Jahr 2022, noch weiter steigen. In der Praxis sind gerade vor dem Hintergrund des unabhängig von weiteren Zinserhöhungen bereits hohem bestehenden Zinsniveaus im Jahr 2023 die Auswirkungen auf Bilanzierungs- und Bewertungsfragen sowie auf die angemessene Verzinsung bei zinsrelevanten Sachverhalten im Blick zu behalten. Insbesondere sind bestehende Verzinsungsregelungen auf ihre Angemessenheit zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.