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Rückgängigmachung eines grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgangs

BFH Urteil vom 21.06.2023 – II R 2/21

Die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs ist im Grunderwerbsteuergesetz an mehrere Voraussetzungen geknüpft. Eine dieser Voraussetzungen ist bei Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 2 bis 3a GrEStG die fristgerechte und in allen Teilen vollständige Anzeige des Erwerbsvorgangs. Der BFH hat mit Urteil vom 21.06.2023 entschieden, dass einer Aufhebung der Grunderwerbsteuer nichts entgegensteht, wenn der Notar nicht innerhalb der für ihn geltenden Frist anzeigt, jedoch seine Anzeige noch innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden Frist beim zuständigen Finanzamt eingeht.

Dem Urteil lag der folgende vereinfachte Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin war mit 90,1 % an einer GmbH beteiligt. Die restlichen 9,9 % hielt eine AG. Die GmbH war Eigentümerin eines in Deutschland belegenen Grundstücks. Im Jahr 2016 verkaufte die AG mit notariell beurkundetem Vertrag ihren Anteil an der GmbH an die Klägerin. Das Finanzamt setzte gegen diesen Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin fest.

Im Jahr 2018 trat die Klägerin mit notariell beurkundetem Vertrag die 9,9 % der Anteile an der GmbH wieder entgeltlich an die AG ab. Die Klägerin beantragte daraufhin die Aufhebung des ergangenen Grunderwerbsteuerbescheids, welches das Finanzamt mit der Begründung ablehnte, der Aufhebung stehe § 16 Abs. 5 GrEStG entgegen. Weder der Notar noch die Klägerin haben den Erwerbsvorgang innerhalb der jeweils für sie geltenden Frist der §§ 18, 19 GrEStG angezeigt.

Die Klage der Klägerin vor dem BFH hatte Erfolg.

Der Erwerb aller Anteile der GmbH durch die Klägerin unterlag der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG (sogenannte Anteilsvereinigung in einer Hand).

Nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG wird unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag die Steuer für den Rückerwerb als auch für den vorangegangenen Erwerbsvorgang nicht festgesetzt bzw. eine bereits erfolgte Steuerfestsetzung wird aufgehoben, wenn der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurückerwirbt. Die Begünstigung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist über seinen Wortlaut hinaus auch auf Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2 bis 3a GrEStG anzuwenden.

Die Anwendung der Begünstigung des § 16 Abs. 2 GrEStG wird jedoch ausgeschlossen, wenn ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2 bis 3a GrEStG rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt war (§ 16 Abs. 5 GrEStG).

Das Grunderwerbsteuergesetz sieht in § 18 GrEStG für den Notar und in § 19 GrEStG für den Steuerschuldner Anzeigepflichten vor. Diese Anzeigepflichten stehen grundsätzlich selbständig nebeneinander. Der BFH stellte im Urteil klar, dass die Wirkung der Anzeigen bei Anwendung des § 16 Abs. 5 GrEStG unter bestimmten Voraussetzungen dem anderen Anzeigepflichtigen zugerechnet werden können. Die Zurechnung der Wirkung der Anzeige eines Anzeigepflichtigen dem anderen Anzeigepflichtigen ermöglichte im oben dargestellten Fall die Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG.

Zwar betragen die Anzeigepflichten des Notars als auch des Steuerschuldners (i. d. R.) zwei Wochen, allerdings knüpfen die Anzeigepflichten an verschiedene Ereignisse. Dadurch kann die Frist zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen.

Im Ergebnis reicht es für § 16 Abs. 5 GrEStG aus, wenn einer von mehreren Anzeigeverpflichteten seiner Anzeigepflicht ordnungsgemäß und fristgerecht nachkommt. Unerheblich ist lt. BFH, von wem und für wen die Anzeige erfolgt ist.

Unerheblich ist lt. BFH auch, ob der Steuerschuldner Kenntnis von der Anzeige des Notars hatte. Maßgeblich ist lediglich, dass dem zuständigen Finanzamt innerhalb einer der gesetzlichen Fristen der steuerbare Vorgang vollständig angezeigt wurde. Es reicht daher aus, wenn der Notar eine Anzeige erstattet, die zwar nach der für den Notar laufenden Frist verspätet ist, die dem zuständigen Finanzamt aber innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden Frist zugeht.

Das Urteil wurde am 11.12.2023 (S. 1057) im Bundessteuerblatt veröffentlicht und ist somit auch über den Einzelfall hinaus bindend für die Finanzverwaltung.

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