Die überbordende Demokratie in Deutschland hemmt seit geraumer Zeit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Ziel ist es daher, die Wirtschaft sowie die Bürgerinnen und Bürger vor Bürokratie zu entlasten. Mit dem Referentenentwurf zum Vierten Bürokratieentlastungsgesetz des BMJ liegen nun die geplanten Maßnahmen vor, mit denen der Gesetzgeber die Bürokratie sowie deren negative Auswirkungen abzumildern gedenkt.
Das Bundesministerium der Justiz hat den Referentenentwurf eines Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (Viertes Bürokratieentlastungsgesetz) mit Stand vom 11.01.2024 veröffentlicht. Ziel des Gesetzes ist es, überflüssige Bürokratie abzubauen, die gerade vor dem Hintergrund multipler Krisen, einer stockenden Konjunktur sowie einer angespannten Haushaltslage für zusätzliche Belastung sorgt und damit gleichzeitig ein Hemmnis wirtschaftlichen Wachstums darstellt.
Mit den Maßnahmen der Bundesregierung sollen Unternehmen um rund EUR 3,085 Mrd. pro Jahr entlastet werden. Auf das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz fallen hiervon rund EUR 682 Mio. Dafür sollen Abläufe vereinfacht und optimiert werden, ohne dabei Schutzstandards abzumindern. Die Maßnahmen des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes beschränken sich im Wesentlichen auf die nachfolgenden Änderungen:
- Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege:
Buchungsbelege sollen in Zukunft nicht mehr für zehn Jahre, sondern stattdessen für acht Jahre aufbewahrt werden müssen. Die Änderung soll sowohl für das Handelsrecht als auch für das Steuerrecht gelten. Damit gehen Änderungen in § 257 Abs. 4 HGB, 147 Abs. 3 Satz 1 AO sowie § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG, § 26a Abs. 2 Nr. 2 UStG einher. - Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige entfällt:
Für inländische Beherbergte soll die Meldepflicht in Beherbergungsstätten zukünftig wegfallen. Das Ausfüllen des Meldescheins nach § 29 Abs. 2 BMG ist nur noch für ausländische Personen verpflichtend. - Reduzierung der Schriftformerfordernisse:
Die Reduzierung der Schriftformerfordernisse betreffen im Handelsrecht weitgehend Stückgutfrachtverträge (§ 486 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 509 Abs. 2 HGB), Personenfrachtverträge (§ 546 Abs. 1 Satz 2 HGB) oder Vereinbarungen über die Verjährung im Seehandel (§ 609 Abs. 2 Satz 2 HGB).
Im Zivilrecht soll der digitale Wandel vor allem durch den Verzicht oder die Absenkung von bestimmten Formerfordernissen, wie beispielsweise der Wegfall des Schriftformerfordernisses bei Gewerberaum-Mietverträgen, gefördert werden. Auch die Digitalisierung der Betriebskostenabrechnung ist geplant.
Auch bei den Mitteilungspflichten über Beteiligungsverhältnisse (§ 20 Abs. 1, 3, 4, 5 AktG, § 21 Abs. 1, 2, 3 AktG) oder bei der Mitteilung an eine eingegliederte Gesellschaft über den Verlust des vollständigen Aktienbesitzes an dieser Gesellschaft (§ 327 Abs. 2 AktG) sollen die Schriftform durch die Textform ersetzt werden. Auch die Stimmabgabe bei Gesellschafterversammlungen einer GmbH (§ 48 Abs. 2 GmbHG) sollen zukünftig in Textform statt in Schriftform möglich sein. Generell weicht das Schriftformerfordernis an vielen Stellen der Textform (z. B. Vereinsrecht, Schuldrecht oder Berufsrecht für Wirtschaftsprüfer).
Während die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre reduziert werden sollen, sind hinsichtlich der Fristen für die Fälle der schweren Steuerhinterziehung keine Änderungen geplant. Bei Fällen der schweren Steuerhinterziehung i. S. d. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 bis 6 AO wurden die Strafverfolgungsverjährungsfristen in der jüngeren Vergangenheit auf 15 Jahre (§ 376 Abs. 1 AO) angehoben, während die maximale Strafverfolgungsverjährungsfrist sogar auf 37,5 Jahre (§ 376 Abs. 3 AO) angehoben wurde.
Dies wirkt sich auch auf die Festsetzungsfrist aus, die nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO im Falle der Steuerhinterziehung grundsätzlich zehn Jahre beträgt. Allerdings endet die Festsetzungsfrist laut § 171 Abs. 7 AO nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat verjährt ist. Trotz der Reduzierung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege auf acht Jahre muss berücksichtigt werden, dass die strafrechtlichen Ermittlungen erschwert werden, wenn diese Unterlagen nicht mehr vorhanden sind. Insofern wäre eine Anpassung der Fristen bei schwerer Steuerhinterziehung angebracht, um übermäßige Bürokratie abzubauen.
Allgemein ist der Umfang der Entlastungen des Referentenentwurfs zum Vierten Bürokratieentlastungsgesetz überschaubar. Kritik kommt auch vom Zentralverband des Deutschen Handwerks. Viele Vorschläge, die als leicht umsetzbar eingestuft worden sind, sind demnach nicht in den Referentenentwurf eingegangen. Für die dringend erforderliche weitreichende Bürokratieentlastung muss in dem Gesetzgebungsverfahren nachgebessert werden.