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News

IDW RS FAB 100 – Entwurf einer Modulverlautbarung zu ESRS 1 (ESRS 1-M1.1)

Entwurf ESRS 1-M1.1: Verknüpfung der Wesentlichkeitsanalyse mit dem Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD und ESRS erfordert von Unternehmen eine Bezugnahme auf die nachhaltigkeitsbezogenen Due Diligence-Prozesse. Das IDW beleuchtet mit dem Modulentwurf ESRS 1-M1.1, wie diese Prozesse nach den ESRS definiert sind und welche Rolle sie im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung insgesamt sowie der Wesentlichkeitsanalyse im Speziellen spielen. Es wird auch erläutert, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für die Einrichtung von und Berichterstattung über Due Diligence-Prozesse gelten.

Angesichts der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Unternehmen nach bestimmten Größenkriterien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) verpflichtet, entstehen nicht zuletzt aufgrund der Komplexität der Berichtsstandards viele praktische Fragen. Das IDW adressiert und beantwortet ausgewählte und besonders relevante Fragen in einer sogenannten Modulverlautbarung zu den ESRS: IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: ESRS-Modulverlautbarung (IDW RS FAB 100). Jedes einzelne Modul stellt dabei eine eigenständige Aussage dar, die übergreifend in der Modulverlautbarung zusammengefasst werden. Die Module dienen dazu, Unternehmen und Abschlussprüfer bei der einheitlichen Interpretation und Anwendung der ESRS zu unterstützen.

Mit Datum vom 20.02.2024 wurden am 06.03.2024 fünf erste Modulentwürfe veröffentlicht, von denen sich vier auf die Wesentlichkeitsanalyse beziehen. Der fünfte Entwurf behandelt Fragen der Einbeziehung unwesentlicher Tochterunternehmen in der konsolidierten Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Nachfolgend wird der erste Modulentwurf vorgestellt.

Modul ESRS 1-M1.1 – Verknüpfung der Wesentlichkeitsanalyse mit dem Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht im Bereich Nachhaltigkeit

In den ESRS 1 und 2 wird betont, dass der Due Diligence-Prozess essenziell für die Bewertung von Auswirkungen sowie von Risiken und Chancen ist. Deswegen ist dieser Prozess zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht zugleich zentral für die Wesentlichkeitsanalyse und damit für die Nachhaltigkeitsberichterstattung insgesamt. Hieraus werden drei spezifische Fragestellungen in Bezug auf Due Diligence-Prozesse abgeleitet.

Mit diesem Modulentwurf ESRS 1-M.1.1 will das IDW den berichtspflichtigen Unternehmen eine Hilfestellung zu Fragen betreffend die Verknüpfung der Wesentlichkeitsanalyse mit dem Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten im Bereich Nachhaltigkeit (Due Diligence-Prozess) geben. Die Frist zur Stellungnahme zu diesem Modulentwurf läuft noch bis zum 30.06.2024.

Frage 1: Was bedeutet „Due Diligence-Prozess“ in Bezug auf Nachhaltigkeit?

Der Due Diligence-Prozess – wie in ESRS 1.59 definiert – ist ein Verfahren für Unternehmen, um die tatsächlichen und potenziellen negativen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Menschen systematisch zu identifizieren, zu vermeiden, zu mindern und darüber Rechenschaft abzulegen, wie ihnen begegnet wird. Der Prozess regelt also, wie Unternehmen ihre entsprechenden Sorgfaltspflichten erfüllen. Die negativen Auswirkungen umfassen dabei jene, die direkt mit der eigenen Geschäftstätigkeit sowie auch mit der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette (d. h. den Produkten oder Dienstleistungen sowie den Geschäftsbeziehungen) in Verbindung stehen.

Die in ESRS 1.58 ff. enthaltene Beschreibung des Verfahrens zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten nimmt Bezug auf international anerkannte Richtlinien wie die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Hiernach erstreckt sich der Due Diligence-Prozess über sechs Schlüsselschritte:

  1. Verabschiedung und Verankerung einer Verpflichtungserklärung zu menschenrechtsbezogenen Sorgfaltspflichten durch die Unternehmensführung.
  2. Identifizierung und Bewertung negativer Auswirkungen (auch unter Einbeziehung der Stakeholder).
  3. Einleitung von Maßnahmen zur Beendigung, Verhinderung, Begrenzung und Behebung dieser negativen Auswirkungen.
  4. Überwachung der Umsetzung und Bewertung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen.
  5. Öffentliche Kommunikation über den Due Diligence-Ansatz und die ergriffenen Maßnahmen.
  6. Bereitstellung von oder Mitarbeit bei Abhilfemaßnahmen (einschließlich Beschwerdemechanismen).

Der Due Diligence-Prozess ist als kontinuierliches Verfahren konzipiert, das an Veränderungen in der Unternehmensstrategie, im Geschäftsmodell, in den Betriebsabläufen sowie in den Beschaffungs- und Verkaufskontexten angepasst wird bzw. das diese Veränderungen auch selbst auslösen kann. Die kontinuierliche Verbesserung von Systemen und Prozessen sollte dabei angestrebt werden. Hierbei ist auch ein Dialog mit allen relevanten Stakeholdern von zentraler Bedeutung.

Frage 2: Besteht eine (rechtliche) Verpflichtung zur Einrichtung eines Due Diligence-Prozesses?

Sowohl die Artikel 19a Abs. 2 und 29a Abs. 2 der EU-Bilanzrichtlinie (2013/34/EU) in der Fassung der CSRD als auch die ESRS legen keine explizite Verpflichtung für Unternehmen fest, einen Due Diligence-Prozess in Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu implementieren. Trotzdem verlangen die ESRS von Unternehmen, Informationen über die Einrichtung und Ausgestaltung von Due Diligence-Prozessen offenzulegen. Es ist also wichtig zu unterscheiden zwischen einer Pflicht zur Einrichtung von Due Diligence-Prozessen einerseits und der Berichterstattung über die betreffende Ist-Situation andererseits. Die Berichtspflicht nach den ESRS ist bspw. auch erfüllt, wenn das Unternehmen berichtet, dass (noch) keine solchen Prozesse zur Erfüllung der nachhaltigkeitsbezogenen Sorgfaltspflichten existieren.

Die Angabepflichten nach ESRS 2 GOV-4 orientieren sich grundsätzlich an folgenden fünf Kernelementen:

  • Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Unternehmensführung und deren Integration in die Unternehmensstrategie und das Geschäftsmodell.
  • Identifizierung und Bewertung negativer Auswirkungen auf Mensch und Umwelt.
  • Maßnahmen zur Minderung identifizierter negativer Auswirkungen.
  • Überwachung und Berichterstattung über die Effektivität dieser Maßnahmen mittels Metriken und Zielen.
  • Einbeziehung von Stakeholdern in den Prozess.

Obgleich sich aus diesen Berichtspflichten keine direkte rechtliche Pflicht zur Einführung eines Due Diligence-Prozesses ergibt, könnten andere Rechtsvorschriften (z. B. die EU-Taxonomie-Verordnung, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die Corporate Sustainability Due Diligence Directive) Unternehmen indirekt dazu bewegen, solche Prozesse zu etablieren, um den Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung und den Schutzstandards (besser) gerecht zu werden.

Frage 3: Welche Rolle spielt der Due Diligence-Prozess in der Wesentlichkeitsanalyse?

Der Due Diligence-Prozess ist von der Wesentlichkeitsanalyse nach den ESRS zu unterscheiden, obwohl beide miteinander verbunden sind. Anders als die Einrichtung eines Due Diligence-Prozesses ist die Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS 1.25 zwingend erforderlich.

Die Wesentlichkeitsanalyse wird als Verfahren beschrieben, mit dem die zu berichtenden wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen ermittelt und die zugehörigen Angabepflichten bestimmt werden. Hierbei nimmt ESRS 1.45 explizit Bezug auf internationale Prinzipien wie die bereits oben genannten OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. In Schritt 2 des dort verankerten Due Diligence-Prozesses (Identifizierung und Bewertung negativer Auswirkungen) sind als Prinzipien zur Bestimmung der Wesentlichkeit von negativen Auswirkungen deren Schweregrad sowie deren Wahrscheinlichkeit genannt.

Eine Wesentlichkeitsanalyse gemäß ESRS erfordert über die negativen Auswirkungen hinaus auch eine Betrachtung von positiven Auswirkungen sowie von Risiken und Chancen. Unternehmen, die einen Due Diligence-Prozess implementiert haben, sollen die Erkenntnisse daraus in ihre Wesentlichkeitsanalyse integrieren (ESRS 1.58, ESRS 1.60). Trotzdem erfüllt die reine Durchführung eines Due Diligence-Prozesses nicht sämtliche Anforderungen der Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS, welche eine umfassendere Betrachtung verlangt (ESRS 1.45). Der Due Diligence-Prozess deckt somit nur einen Teil der Wesentlichkeitsanalyse ab.

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