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News

Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Aussetzungszinsen?

FG München erhebt ernstliche rechtliche Zweifel

In einem Beschluss vom 24.06.2024 (7 V 11/24) hat das Finanzgericht München ernstliche rechtliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Aussetzungszinsen bekundet. Die Verzinsung mit 6 % p. a. entfalte eine überschießende Wirkung und erweise sich daher nicht mehr als geeignet, nur den potenziell erzielbaren Liquiditätsvorteil in Form der Zinsen beim Steuerpflichtigen abzuschöpfen.

Das FG München hat in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes am 24.06.2024 (7 V 11/24) über die Verfassungsmäßigkeit der Aussetzungszinsen entschieden. Demnach bestehen laut FG München ernstliche rechtliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Aussetzungszinsen i. S. d. § 237 AO. Die Höhe der Aussetzungszinsen beträgt nach § 238 AO aktuell 6 % p. a. Die Verfassungswidrigkeit der Nachzahlungszinsen i. S. d. § 233a AO (die von früher 6 % p. a. auf aktuell 1,8 % p. a. reduziert wurden) kann nicht auf die Aussetzungszinsen übertragen werden. Vielmehr bedarf es laut dem FG München einer eigenständigen verfassungsrechtlichen Wertung.

Der Zweck der Verzinsung ausgesetzter Steueransprüche liegt laut Rechtsprechung darin, den durch die Aussetzung entstehenden Zinsvorteil des Steuerpflichtigen, den er mit der dem Fiskus zustehenden Geldsumme erlangt, wenigstens zum Teil abzuschöpfen. Dabei soll nicht der tatsächliche Vorteil, sondern der in typisierender Weise ermittelte Liquiditätsvorteil abgeschöpft werden. Im Ausgangsfall sieht es das FG München in seiner Entscheidungsbegründung als problematisch an, dass mit einer monatlichen Verzinsung von 0,5 % bzw. 6 % p. a. eine immer größere Diskrepanz zu dem typisiert ermitteltem potenziellen Liquiditätsvorteil entsteht und somit letztendlich eine überschießende Wirkung eintritt.

Aufgrund des in dem vom FG München zu entscheidenden Fall vorliegenden Niedrigzinsniveaus für die betroffenen Veranlagungszeiträume ist der Zinsvorteil des Steuerpflichtigen aber auch der Zinsnachteil des Steuergläubigers deutlich gemindert. Nach dem FG München liegt es daher nahe, dass das Regelungsziel der Abschöpfung des typisierten Liquiditätsvorteils in Form der Zinsen in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus nicht mehr erreicht wird. Die ernstlichen verfassungsrechtlichen Zweifel hinsichtlich der Aussetzungsverzinsung bestehen nach Auffassung des FG München nur für Verzinsungszeiträume ab 2019.

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der aktuellen Höhe der Aussetzungszinsen nach § 237 AO lasse sich laut FG München auch nicht mit der Entscheidung des BVerfG, das sich nur auf die Verfassungswidrigkeit der Höhe der Nachzahlungszinsen (vgl. Beschluss vom 09.07.2021,
1 BvR 2237/14) bezieht, rechtfertigen. Auch die Möglichkeit des Steuerpflichtigen zur Vermeidung einer Festsetzung von Aussetzungszinsen durch Tilgung der streitigen Steuerfestsetzung mit eigenen Mitteln vermag es nicht, die Verfassungsmäßigkeit zu implizieren. Vielmehr bestehe hierdurch die Gefahr eines strukturellen Nachteils für Steuerpflichtige mit Finanzierungsschwierigkeiten, die die Steuerzahlung nicht aus eigenen Mitteln oder Mitteln einer zinsgünstigen Finanzierung unter 6 % p. a. leisten können, und insoweit auf die Aussetzung der Vollziehung mit 6 % p. a. zurückgreifen müssen.

Die bisherige finanzgerichtliche Rechtsprechung des FG Münster (Urteil vom 08.03.2023 – 6 K 2094/22 E; Beschluss vom 10.02.2023 – 3 V 2464/22) sowie des FG Baden-Württemberg (1 K 180/22) sah die Verfassungsmäßigkeit der Aussetzungszinsen als gegeben an. Das Urteil des FG Münster ist derzeit beim Bundesfinanzhof anhängig.

Mit dem Beschluss des FG München vom 24.06.2024 wird ein höchstrichterlicher Handlungsbedarf aufgezeigt, da die finanzgerichtliche Rechtsprechung nunmehr uneinheitlich ist. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH die Höhe der Aussetzungszinsen für verfassungskonform ansieht oder die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorlegt.

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