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Lohnsteuerliche Behandlung von Vermögensbeteiligungen

Im Hinblick auf die Änderungen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz und das Wachstumschancengesetz nimmt die Verwaltung zur steuerlichen Behandlung der Überlassung bzw. Übertragung von Vermögensbeteiligungen gemäß § 3 Nummer 39 EStG sowie § 19a EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2024 Stellung. Das neue Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 01. Juni 2024 (IV C 5 -S 2347/24/10001 :001, DOK 2024/0497868) ersetzt ab dem 01. Januar 2024 das BMF-Schreiben vom 16. November 2021. Die wichtigsten Änderungen im Vergleich zum vorherigen Schreiben werden im Folgenden näher erläutert.

Allgemeines

Um neue Talente zu gewinnen und sich international zu behaupten, bieten insbesondere Start-ups häufig eine sogenannte Mitarbeiterkapitalbeteiligung als Entlohnung an. Vorteile dieser Entlohnung sind, dass die Liquidität des Unternehmens geschont wird, die Mitarbeiter als Anteilseigner stärker am Unternehmenserfolg interessiert sind und dem Unternehmen länger erhalten bleiben.

Steuerlich kann die Mitarbeiterkapitalbeteiligung als sogenanntes „dry income“, also steuerpflichtiges Einkommen, ohne gleichzeitigen Zufluss liquider Mittel, allerdings nachteilig sein. Daher wurde mit § 19a EStG im Jahr 2021 eine Regelung geschaffen, die Besteuerung der gewährten Unternehmensanteile auf den Zeitpunkt der Verfügung über die Anteile, zum Beispiel durch den Anteilsverkauf, zu verschieben. Neben der zeitlich verzögerten Besteuerung hat der Gesetzgeber mit § 3 Nr. 39 EStG auch einen steuerlichen Freibetrag von ursprünglich 1.440,00 EUR für gewährte Unternehmensbeteiligungen zur Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung geschaffen.

Im Rahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes und des Wachstumschancengesetzes wurden sowohl § 3 Nummer 39 als auch § 19a EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2024 überarbeitet. In dem neuen Schreiben vom 01. Juni 2024 äußert sich das BMG nun zu Auslegungsfragen der beiden gesetzlichen Vorschriften.

Änderungen und Ergänzungen des BMF-Schreibens vom 01. Juni 2024

Der auf 2.000,00 EUR erhöhte Steuerfreibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG kann entsprechend dem BMF- Schreiben vom 01. Juli 2024 mehrfach in einem Kalenderjahr in Anspruch genommen werden, wenn mehrere Dienstverhältnisse bestehen. Hat der Arbeitnehmer im Kalenderjahr mehrere aufeinanderfolgende oder gleichzeitig bestehende Dienstverhältnisse, kann die Steuerfreiheit für jedes dieser Dienstverhältnisse genutzt werden. Das Ausschließen von Arbeitnehmern, die über Insiderinformationen im Sinne der EU-Marktmissbrauchsverordnung oder anderer relevanter Gesetze verfügen, ist als präventive Maßnahme zur Vermeidung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten erforderlich und hindert die übrigen einbezogenen Arbeitnehmer nicht daran, den Freibetrag in Anspruch zu nehmen (BMF vom 01.06.2024, Rz. 13).

Grundsätzlich ist Voraussetzung, des § 3 Nr. 39 EStG, dass die Unternehmensbeteiligung allen Arbeitnehmern angeboten wird. Es ist aus Vereinfachungsgründen allerdings nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht notwendig Angestellten das Beteiligungsangebot zu machen, die an ein ausländisches Unternehmen entsandt sind oder die in einem anderen inländischen Unternehmen tätig sind, deren Dienstverhältnis aus diesem Grund ruht und mit denen das aufnehmende Unternehmen einen eigenständigen Arbeitsvertrag oder mit denen eine Entsendevereinbarung abgeschlossen hat wurde (BMF vom 01.06.2024, Rz. 14).

Des Weiteren ist die vorläufige Nichtbesteuerung nach der Neufassung des § 19a Abs. 1 EStG nur dann anzuwenden, wenn das Unternehmen des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht der Vermögensbeteiligung auf den Arbeitnehmer die Schwellenwerte betreffend der Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (Abl. L 124 vom 20.05.2003, S. 36) nicht überschreitet oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht überschritten hat und das Höchstalter des Unternehmens maximal 20 Jahre beträgt (gemäß § 19a Abs. 3 EStG).

Die Schwellenwerte für die Qualifikation als KMU betragen aktuell:

  • Mitarbeiter: max. 1.000
  • Jahresumsatz: max. 100 Mio. EUR
  • Jahresbilanzsumme: max. 86 Mio. EUR

Die Besteuerung der Vermögensbeteiligung tritt in der Regel bei Veräußerung oder (unentgeltlicher) Übertragung ein. Alternativ wird die Besteuerung grundsätzlich spätestens nach einer maximalen Haltefrist von fünfzehn Jahren oder mit der Beendigung des Dienstverhältnisses beim bisherigen Arbeitgeber ausgelöst.

Wenn seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung an den Angestellten mindestens drei Jahre vergangen sind, sind die als sonstiger Bezug vor dem 01.01.2025 zufließenden zu besteuernden Vorteile im Lohnsteuerabzugsverfahren nach der sogenannten Fünftel-Regelung ermäßigt zu besteuern (gemäß § 19a Abs. 4 Satz 2 i. V. m. § 34 Abs. 1 und § 39b Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG i. d. F. des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes). Die weiteren Voraussetzungen für die Tarifermäßigung (z. B. das Vorliegen einer Zusammenballung) sind im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht zu prüfen und entsprechend der Äußerung der Finanzverwaltung als erfüllt anzusehen (BMF vom 01.06.2024, Rz. 43).

Fließt der sonstige Bezug allerdings nach dem 31. Dezember 2024 zu, ist die Besteuerung des steuerpflichtigen Vorteils im Lohnsteuerabzugsverfahren ohne Berücksichtigung der Fünftel-Regelung durchzuführen (§ 19a Absatz 4 Satz 2 i. V. m. § 34 Absatz 1 EStG i. d. F. des Wachstumschancengesetzes) (BMF vom 01.06.2024, Rz. 43).

Für den Fall, dass der Arbeitgeber, ein Gesellschafter des Arbeitgebers oder ein Unternehmen gemäß § 18 AktG eine gewährte Vermögensbeteiligung vom Arbeitnehmer zurückerwirbt, tritt anstelle des gemeinen Werts die vom Erwerber gewährte Vergütung (§ 19a Abs. 4 Satz 4 Hs. 2 EStG). Dies gilt gleichermaßen auch für Vermögensbeteiligungen, die vor 2024 übertragen wurden. Unbeachtlich ist entsprechend der Finanzverwaltung, ob der Rückerwerb an den ursprünglichen Veräußerer erfolgt oder an eine der anderen zuvor genannten Personen (BMF vom 01.06.2024, Rz. 50.1).

Die grundsätzlich vorgesehene Besteuerung nach Ablauf von 15 Jahren Haltefrist oder die Beendigung des Dienstverhältnisses, kann vom Arbeitgeber durch unwiderrufliche Erklärung zur Übernahme der Haftung für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer nach § 42d EStG verhindert werden (§ 19a Abs. 4a Satz 1 EStG). In diesem Fall führt dann erst die tatsächliche entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung (§ 19a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG) zur Besteuerung. Eine haftungsbefreiende Anzeige (§ 38 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. § 42d Abs. 2 EStG) ist hierbei nicht möglich. Das Betriebsstättenfinanzamt erfährt durch die unwiderrufliche Erklärung des Arbeitgebers zur Kennzahl 21 der Lohnsteuer-Anmeldung (BMF-Schreiben vom 06.09.2023) von solchen Sachverhalten und kann diese im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung überprüfen. Die Erklärung muss in der Lohnsteuer-Anmeldung für den Monat erfolgen, in dem die Nachversteuerung hätte angemeldet werden müssen (BMF vom 01.06.2024, Rz. 51.1).

Fazit

Die klarstellenden Äußerungen der Finanzverwaltung zur steuerlichen Förderung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen sind wünschenswert. Allerdings bleibt zu konsternieren, dass § 19a EStG in der aktuell gültigen Fassung weiterhin eine begünstigende nachgelagerte Besteuerung bei der Beteiligung an verbundenen Unternehmen des Arbeitgebers – im Gegensatz zu § 3 Nr. 39 S. 3 EStG – nicht vorsieht. Dies wird im aktuellen BMF-Schreiben nochmals bekräftigt. Es bleibt daher abzuwarten, ob und wie die im Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2024 vorgesehene Konzernklausel für § 19a EStG umgesetzt wird. Erfolgt wie im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 enthalten, eine rückwirkende Anwendung der Konzernklausel auf den 01.01.2024, wäre das BMF-Schreiben daher erneut anzupassen.

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