Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 22. März 2024 (Az. 3 Wx 24/24) die Anforderungen an die Eintragung von Satzungsänderungen bei Verdacht auf eine sogenannte Mantelverwendung präzisiert. Der Fall unterstreicht die Bedeutung der registergerichtlichen Kontrolle bei der wirtschaftlichen Neugründung von Gesellschaften und gibt wichtige Hinweise für die Praxis.
Eine Mantelverwendung liegt vor, wenn eine inaktiv gewordene GmbH – eine “leere Hülle” – für einen neuen Geschäftszweck wiederbelebt wird. Dies wird rechtlich wie eine Neugründung behandelt und unterliegt entsprechenden Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Kapitalaufbringung und Offenlegungspflichten gegenüber dem Registergericht.
Im vorliegenden Fall sollten umfangreiche Änderungen an einer bestehenden GmbH ins Handelsregister eingetragen werden. Diese umfassten einen Wechsel der Geschäftsführung, Änderungen von Firma und Unternehmensgegenstand sowie eine Kapitalerhöhung. Zudem wurde der einzige Geschäftsanteil im Nennbetrag von EUR 25.000,00 für einen vergleichsweise niedrigen Preis von EUR 3.000,00 verkauft, während in der notariellen Urkunde vermerkt war, dass das Stammkapital “aufgebraucht” sei.
Das Registergericht versagte die beantragte Eintragung aufgrund mehrerer rechtlicher Bedenken. Primär wurde das Fehlen einer gemäß § 57 Abs. 2 GmbHG erforderlichen Versicherungserklärung zur Kapitalaufbringung beanstandet. Des Weiteren äußerte das Gericht den begründeten Verdacht einer Mantelverwendung. Dieser Verdacht basierte auf der Angabe eines aufgebrauchten Stammkapitals in Verbindung mit den angemeldeten umfassenden Änderungen der Gesellschaftsstruktur, insbesondere hinsichtlich Firma, Unternehmensgegenstand und Geschäftsführung. Im Falle einer Mantelverwendung wären die Gesellschafter verpflichtet gewesen, die in §§ 5, 7 GmbHG normierten Pflichten zur Kapitalaufbringung zu erfüllen. Dies hätte eine detaillierte Mitteilung über die von den einzelnen Gesellschaftern auf ihre jeweilige Stammeinlage eingezahlten Geldbeträge sowie, eine Versicherung gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG erfordert.
Entscheidungsgründe
Das OLG Düsseldorf bestätigte die Ablehnung der Eintragung durch das Registergericht und lieferte dabei wichtige Klarstellungen zur rechtlichen Behandlung von Mantelverwendungen.
Das Gericht sah in der Kombination aus Änderungen der Firma, des Unternehmensgegenstands und der Geschäftsführung sowie dem Anteilsverkauf zu einem niedrigen Preis deutliche Hinweise auf eine Mantelverwendung und damit, dass in entsprechender Anwendung der Gründungsvorschriften des GmbH-Gesetzes die registergerichtliche Kontrolle der Unversehrtheit des Stammkapitals erforderlich ist. Daher, so das Gericht, bestehe eine Offenlegungspflicht gegenüber dem Registergericht, die hier nicht erfüllt wurde. Zudem bemängelte das OLG Düsseldorf das Fehlen ordnungsgemäßer Versicherungen zur Kapitalaufbringung gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG, also die Erklärung der Geschäftsführer, dass die in § 7 Abs. 2 und Abs. 3 GmbHG bezeichneten Leistungen auf die Geschäftsanteile bewirkt sind und dass der Gegenstand der Leistungen sich im Zeitpunkt der Offenlegung bzw. der Anmeldung der etwaigen mit ihr einhergehenden Satzungsänderungen – weiterhin oder jedenfalls wieder – endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet. Eine in Folge nachträglich eingereichte – womöglich rückdatierte – Versicherung wurde als unzulässig erachtet.
Besonders hervorzuheben ist die Klarstellung zur Indizienprüfung: Wird eine Mantelverwendung nicht offengelegt, obliegt es dem Registergericht, anhand von hinreichend tragfähigen Indizien zu prüfen, ob eine solche vorliegt. Entscheidend sei dabei, ob die Gesellschaft zum Zeitpunkt der “Wiederbelebung” noch ein aktives Unternehmen betrieb oder bereits vollständig inaktiv war. Das Gericht betonte die umfassende Prüfungskompetenz des Registergerichts, das bei erheblichen Zweifeln berechtigt ist, konkrete Nachweise wie Einzahlungsbelege anzufordern.
Bedeutung und praktische Konsequenzen
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf hat weitreichende Bedeutung für die Praxis der Mantelverwendung und unterstreicht die Sorgfaltspflichten aller Beteiligten. Sie macht deutlich, dass eine beabsichtigte Mantelverwendung stets gegenüber dem Registergericht offenzulegen ist, um Transparenz zu gewährleisten und Verzögerungen im Eintragungsverfahren zu vermeiden. Besonderes Augenmerk muss auf die korrekte und aktuelle Versicherung zur Kapitalaufbringung gelegt werden. Rückdatierte oder widersprüchliche Erklärungen werden von den Gerichten nicht akzeptiert und können die Eintragung gefährden. Um potenzielle Verzögerungen und die Gefahr einer Haftung zu minimieren, empfiehlt es sich, relevante Nachweise zur Kapitaleinzahlung, wie etwa Kontoauszüge, bereits mit der Anmeldung einzureichen. Beteiligte sollten sich bewusst sein, dass umfassende Änderungen an einer bestehenden Gesellschaft den Verdacht einer Mantelverwendung wecken können, wenn diese zuletzt keinen Geschäftsbetrieb mehr hatte. Dies sollte bei der Gestaltung von Umstrukturierungen oder Wiederbelebungen inaktiver Gesellschaften berücksichtigt werden, um unnötige Komplikationen im Registrierungsprozess zu vermeiden. Insgesamt mahnt die Entscheidung zu erhöhter Vorsicht und Sorgfalt bei der Verwendung von GmbH-Mänteln und unterstreicht die Notwendigkeit einer gründlichen Vorbereitung sowie einer offenen Kommunikation mit dem Registergericht.