Mit Urteil vom 5. Juni 2024 hatte der BFH zum Zufluss nicht ausbezahlter Tantiemen bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer entschieden. Das Urteil des BFH führte zur Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts Baden-Württemberg. Die Sache wurde an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Der BFH hat mit seinem Urteil VI R 20/22 vom 5. Juni 2024 zum Teil die bisherige BFH-Rechtsprechung bestätigt und weiter ergänzt.
Gemäß Sachverhalt hatte ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Tantiemen, welche ihm nicht zugeflossen waren und welche im Jahresabschluss der GmbH nicht bilanziert wurden, in seiner Einkommensteuererklärung nicht angegeben.
Der BFH führte folgende Gründe aus:
Tantiemen gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Ihre Besteuerung setzt allerdings voraus, dass sie als sonstiger Bezug dem Arbeitnehmer zugeflossen sind. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung tritt der Zufluss mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein. Das ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs. Geldbeträge fließen danach zu, wenn sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Der BFH geht zudem in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern ein Zufluss von Einnahmen auch ohne Zahlung oder Gutschrift vorliegen kann. Danach fließt dem alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschafter eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen „seine“ Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu.
Überdies kann der Verzicht des Gesellschafters auf seinen Vergütungsanspruch zum Zufluss des Forderungswerts führen, soweit mit ihm eine verdeckte Einlage erbracht wird.
Die GmbH hatte die Tantiemeforderungen des Klägers in ihren Jahresabschlüssen nicht als Verbindlichkeit abgebildet. Diese Jahresabschlüsse wurden von der Gesellschafterversammlung der GmbH entsprechend (unverändert) festgestellt. Folglich waren die streitigen Tantiemeansprüche nicht fällig. Ob die dahingehenden Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung hätten passiviert werden müssen, ist insoweit unerheblich. Denn ein dahingehender Pflichtenverstoß vermag die Fälligkeit einer im festgestellten Jahresabschluss nicht enthaltenen Tantiemeforderung nicht zu begründen. Deshalb ist insoweit auch ohne Bedeutung, ob die fehlende Passivierung einer Verbindlichkeit einem Buchungsfehler geschuldet war, oder ob eine Bilanzierung aus anderen Gründen von vornherein nicht in Betracht kam, etwa weil die Tantiemezusage vor der Entstehung der darin vereinbarten Tantiemeansprüche einvernehmlich aufgehoben worden ist.
Bei einem Verzicht auf bereits entstandene Tantiemeansprüche – hätte die GmbH zunächst jeweils Verbindlichkeiten passivieren müssen. Verzichtet der Geschäftsführer auf einen solchen bereits entstandenen Anspruch aus gesellschaftsrechtlichen Gründen, erbringt er insoweit, als seine Forderung im Zeitpunkt des Verzichts werthaltig ist, eine bei ihm zum Zufluss (§ 11 Abs. 1 EStG) führende verdeckte Einlage in die Kapitalgesellschaft. Dies gilt auch dann, wenn die Gehaltsverbindlichkeit nicht passiviert worden ist. Denn insoweit ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH maßgeblich, inwieweit Bilanzposten in eine Bilanz hätten eingestellt werden müssen, die zum Zeitpunkt des Verzichts erstellt worden wäre.