Der Gesetzgeber hat sich entschlossen, das Postrecht zu modernisieren und am 18.07.2024 das sogenannte Postrechtsmodernisierungsgesetz (PostModG) verkündet. Infolgedessen verlängert sich die Brieflaufzeit in Deutschland ab dem 01.01.2025 von drei auf vier Tage. Hiervon betroffen ist auch die Bekanntgabevermutung von Verwaltungsakten nach der Abgabenordnung (AO), wodurch sich erhebliche Auswirkungen auf die Fristberechnung im Steuerrecht ergeben.
Mit dem PostModG soll das Postrecht mehr als 25 Jahre nach dessen Inkrafttreten grundlegend überarbeitet und an die Bedürfnisse der heutigen Zeit angepasst werden. Ziel des Gesetzes ist die flächendeckende, angemessene und ausreichende Gewährleistung von Briefbeförderungen und Paketbeförderungen, die den Bedürfnissen einer zunehmend digitalen Gesellschaft entsprechen soll.
Der Gesetzgeber reagiert hiermit auf die abnehmende Bedeutung des Briefversands als Mittel der schnellen Kommunikation. Die zentrale Neuerung des PostModG betrifft die geänderten Brieflaufzeitvorgaben ab dem 01.01.2025. Während bislang im Jahresdurchschnitt 80 % aller an einem Werktag eingelieferten Briefsendungen am folgenden (E+1) und 95 % am zweiten (E+2) auf die Einlieferung folgenden Werktag zugestellt werden mussten, wird diese Regelung durch das PostModG ab 01.01.2025 hinfällig.
Statt weiterhin auf Geschwindigkeit bei der Postzustellung zu setzen, möchte der Gesetzgeber in Zukunft einen stärkeren Fokus auf Verlässlichkeit legen. Deshalb gelten in Zukunft folgende Regelungen: Im Jahresdurchschnitt müssen 95 % der Briefe spätestens am dritten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag (E+3) und 99 % spätestens am vierten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag (E+4) zugestellt werden. Die 95 %-ige Zustellung verschiebt sich also um einen Tag, dafür ist am vierten Tag die Zustellung so gut wie sicher. Diese neuen Vorgaben sollen die Verlässlichkeit stärken und effizientere Postabläufe ermöglichen.
Diese Änderungen haben insbesondere auch Auswirkungen auf die Bekanntgabevermutungen der AO und somit auf die Fristberechnungen im Steuerrecht. Aufgrund der Verlängerung der Laufzeitvorgaben im Universalpostdienst wird die bisherige gesetzliche Vermutung bei Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsakts im Inland durch die Post entsprechend angepasst. Anders als bisher wird bei der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts (z. B. eines Steuerbescheids) nicht mehr auf drei Tage, sondern künftig auf vier Tage nach der Aufgabe zur Post abgestellt werden. Zu diesem Zweck erfolgt eine entsprechende Änderung von § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, wonach künftig ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt wird, am vierten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt. Die Möglichkeit, einen späteren Zugang des Verwaltungsakts geltend zu machen, bleibt unverändert bestehen. Auch die Bekanntgabevermutung von einem Monat im Falle der Übermittlung im Ausland bleibt unverändert.
Entsprechend zu schriftlichen Verwaltungsakten wird auch die Bekanntgabevermutung in § 122 Abs. 2a AO für die elektronische Übermittlung von Verwaltungsakten per E-Mail ebenfalls von bisher drei auf vier Tage verlängert. Hierdurch will der Gesetzgeber – wie bisher – unterschiedliche Bekanntgabezeitpunkte in Abhängigkeit von der Übermittlung durch die Post oder durch die elektronische Übermittlung vermeiden.
Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit wird schließlich ebenfalls die Bekanntgabevermutung in § 122a Abs. 4 Satz 1 AO bei Bereitstellung von Verwaltungsakten zum Datenabruf (z. B. über ELSTER) von bisher drei auf vier Werktage nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung der Daten angepasst. Dies vermeidet unterschiedliche Bekanntgabezeitpunkte in Abhängigkeit von der Übermittlung durch die Post oder die Abrufbereitstellung. Ebenso wurde die Bekanntgabevermutung nach § 123 Satz 2 AO von drei auf vier Tage ausgedehnt.
Das PostModG sieht vor, dass § 122 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2a, § 122a Abs. 4 und § 123 Satz 2 AO ihre neue Fassung zum 01.01.2025 erhalten. Für die zeitliche Anwendung bedeutet dies, dass die geänderten Vorschriften auf alle Verwaltungsakte anzuwenden sind, die nach dem 31.12.2024 zur Post gegeben, elektronisch übermittelt oder elektronisch zum Abruf bereitgestellt werden.