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BFH: Rückgängigmachung eines IAB für eine Photovoltaikanlage

Der BFH hat am 15.10.2024 (III B 24/24 AdV) in einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entschieden, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, ob ein im Jahr 2021 geltend gemachter Investitionsabzugsbetrag für eine im Jahr 2022 angeschaffte und nach § 3 Nr. 72 EStG steuerbefreite Photovoltaikanlage allein wegen des Inkrafttretens der Steuerbefreiung rückgängig gemacht werden muss. Der Fall beleuchtet Unsicherheiten in der Besteuerung, wenn Steuerbefreiungen nachträglich eingeführt werden.

Seit dem 01.01.2022 sind die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb näher bestimmter Photovoltaikanlagen nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG steuerfrei. Die Steuerbefreiungsvorschrift wurde zusammen mit dem Nullsteuersatz gemäß § 12 Abs. 3 UStG durch das Jahressteuergesetz 2022 vom 16.12.2022 eingeführt. Die Steuerbefreiung greift für Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden (§ 52 Abs. 4 Satz 28 EStG). Werden Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) erzielt und sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei nach § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG, ist nach § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG kein Gewinn zu ermitteln.

Bis zum Jahr 2022 war der Betrieb einer Photovoltaikanlage noch nicht steuerbefreit, allerdings konnte nach § 7g EStG ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) im Rahmen der Einkommensteuererklärung gebildet werden. Grundsätzlich kann ein IAB nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gebildet werden, wenn diese mindestens bis zum Ende des darauffolgenden Wirtschaftsjahres betrieblich genutzt werden. Der IAB kann gewinnmindernd bis zu einer Höhe von 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen werden. Die Bildung eines IAB ist allerdings nur möglich, sofern der Gewinn nach § 4 oder § 5 EStG ermittelt wird (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr 1 Buchst. a) EStG) und insoweit ein steuerpflichtiger Sachverhalt vorliegt.

Im vorliegenden Streitfall bildete der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2021 einen steuermindernden IAB für den geplanten Erwerb einer Photovoltaikanlage auf seinem Einfamilienhaus. Die Anlage wurde dann im November 2022 – zu einem Zeitpunkt, als die Gesetzesänderung bereits in Kraft getreten war – mit einer Leistung von 11,2 kWp angeschafft. Nachdem der Gesetzgeber rückwirkend zum 01.01.2022 die Einnahmen aus PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern mit einer Leistung von bis zu 30 kWp steuerfrei gestellt hatte, machte das Finanzamt den bislang für 2021 gewährten IAB rückgängig, was für den Beschwerdeführer zu einer Steuernachzahlung führte. Das Finanzamt berief sich in seiner Begründung auf ein zwischenzeitlich ergangenes BMF-Schreiben vom 17.07.2023, das fordert, IAB für steuerbefreite PV-Anlagen, die vor dem 01.01.2022 gebildet und bis zum 31.12.2021 nicht gewinnwirksam wieder aufgelöst wurden, rückgängig zu machen.

Über den fristgemäß eingelegten Einspruch des Antragstellers hat das Finanzamt noch nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte es jedoch ab, genau wie das FG Köln (Beschluss vom 14.03.2024, 7 V 10/24) in erster Instanz. Das FG begründete dies damit, dass wegen der nach § 3 Nr. 72 EStG bestehenden Steuerfreiheit im Jahr 2022 beim Kläger kein steuerpflichtiger Gewinn zu ermitteln sei. Es fehle damit an einer Gewinnermittlung, bei der eine gewinnerhöhende Hinzurechnung des IAB erfolgen könne. Der BFH gewährte hingegen nach summarischer Prüfung die Aussetzung der Vollziehung und stellte fest, dass keine eindeutige gesetzliche Regelung vorliegt, die eine rückwirkende Rückgängigmachung des IAB im Jahr des Abzugs rechtfertigen würde. Es bleibe unklar, ob die Hinzurechnung des IAB im Jahr des Abzugs oder später zu erfolgen hat. Zweifelhaft sei der Veranlagungszeitraum, in dem der „actus contrarius“ zum IAB zu erfassen ist. Das Fehlen einer klaren Gesetzeslage führe zu einer erheblichen Unsicherheit, wann und wie der IAB im Zusammenhang mit der steuerbefreiten Nutzung einer PV-Anlage rückabgewickelt werden solle.

Die Meinung im Schrifttum ist diesbezüglich uneinheitlich und bestätigt die derzeit noch bestehende Unsicherheit der Gesetzesauslegung. Die Frage, wie mit einem IAB zu verfahren ist, der vor dem 01.01.2022 in Anspruch genommen und der noch nicht wieder gewinnerhöhend hinzugerechnet wurde, wird für den Fall, dass nach dem 31.12.2021 in eine nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigte PV-Anlage investiert wird, als äußerst umstritten beschrieben. Einige Autoren schließen sich der Sichtweise der Finanzverwaltung an, wonach eine Gewinnkorrektur zwingend im Jahr des Abzugs stattfinden soll. Andere jedoch plädieren für eine Korrektur im Jahr der Anschaffung.

Nach Meinung des BFH ist im Ergebnis die den ablehnenden AdV-Beschluss des FG Köln tragende Auffassung, dass der im Jahr 2021 gebildete IAB unter den Umständen des Streitfalls zwingend im Jahr seines Abzugs rückgängig zu machen ist, nach der gebotenen summarischen Würdigung ernstlich zweifelhaft. Da sich die Entscheidungserheblichkeit dieser ungeklärten einfachrechtlichen Frage auch nicht aus einem anderen Grund in zweifelsfreier Weise verneinen lasse, sei die AdV – unabhängig von verfassungsrechtlichen Fragen – antragsgemäß bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung durch die Finanzverwaltung zu gewähren.

Die Entscheidung des BFH ist noch nicht rechtskräftig, der Ausgang des Hauptsacheverfahrens bleibt somit abzuwarten. Bis dahin sollte gegen Bescheide in ähnlich gelagerten Fällen Einspruch eingelegt und ein Antrag auf AdV gestellt werden.

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