News

Minder­heits­aktionäre haben keinen Anspruch auf eine Abfindung nach dem Meist­begün­stigungs­prinzip

Mit Beschluss vom 27.06.2019 (3-05 O 38/18) stellt das LG Frankfurt a.M. klar, dass es den einzig richtigen Unternehmens­wert nicht geben kann und ein nach dem Ertragswertverfahren ermittelter Unternehmenswert keinem Richtigkeits-, sondern lediglich einem Vertretbarkeitsurteil zugänglich ist. Zudem stellt das LG Frankfurt a.M. fest, dass Minder­heits­aktionäre keinen Anspruch auf eine möglichst hohe Abfindung nach dem Meist­begünstigungs­prinzip haben, sodass auch ein im Vergleich zum Ertragswertverfahren geringerer Börsenkurs zur Abfindungsbemessung herangezogen werden kann.

Im vorliegenden Fall hatte das LG Frankfurt a.M. bezüglich einer Unternehmensbewertung zur Abfindung von Minderheitsaktionären im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags darauf verwiesen, dass die Minderheitsaktionäre nach geltender Rechtsprechung eine angemessene Abfindung respektive „volle Entschädigung“ für den Verlust des Aktieneigentums erhalten müssen. Die angebotene Abfindung müsse daher dem Verkehrswert entsprechen, welchen das Gericht im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln habe. 

Das LG Frankfurt a.M. weist diesbezüglich darauf hin, dass es für die vorzunehmende Schätzung keine bestimmte respektive vorzugswürdige Wertermittlungsmethode gebe. Die Ermittlung einer angemessenen Abfindung könne daher grundsätzlich auch basierend auf dem Börsenkurs erfolgen, da dieser den größtmöglichen Konsens zwischen den Marktteilnehmern über den Wert der Aktie widerspiegele. In Abkehr von der früheren Rechtsprechung stelle der Börsenkurs nicht nur eine Wertuntergrenze dar, sondern eine dem Ertragswertverfahren gleichwertige, d.h. alternative Methode zur Bestimmung der Barabfindung. Auch bei Vorliegen eines höheren Ertragswerts kann daher der Börsenkurs die Grundlage für den im Vergleich zum Ertragswertverfahren geringeren Verkehrswert bilden. Ein Anspruch auf eine möglichst hohe Abfindung i.S. einer Meistbegünstigung bestehe für die Minderheitsaktionäre nicht. 

Generell spiegeln Unternehmensbewertungen nach dem Ertragswertverfahren i.S.d. IDW S 1 oder eine Orientierung am Börsenkurs nach Auffassung des LG Frankfurt a.M. im Ergebnis nicht bereits den Verkehrswert eines Unternehmens wider, sondern bilden lediglich einen Anhaltspunkt für die Vornahme der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO. 

Im Zusammenhang mit Unternehmensbewertungen nach dem Ertragswertverfahren gestellte Forderungen nach einem „richtigen“ Unternehmenswert gehen dem LG Frankfurt a.M. folgend zudem fehl, weil die einer Unternehmensbewertung zugrundeliegende Zukunftsprognose naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet ist. Die Ergebnisse einer Unternehmensbewertung sind in der Konsequenz regelmäßig keinem Richtigkeits-, sondern lediglich einem Vertretbarkeitsurteil zugänglich. Sofern in vergangenen Entscheidungen von Gerichten zur Unternehmensbewertung vom „wahren“ oder „wirklichen Wert“ die Rede ist, sei dies dem LG Frankfurt a.M. folgend im Sinne einer Wertspanne zu verstehen.

Diese Themen könnten Sie auch interessieren

Diese News könnten Sie auch interessieren

Audit Advisory

IDW veröffentlicht Trendwatch Positionspapier zum Thema Krankenhausfinanzierung

Das IDW hat mit Datum vom 20.03.2024 ein Trendwatch Positionspapier zum Thema “Krankenhausfinanzierung auf dem Prüfstand – Auswirkungen aktueller Entwicklungen auf die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser” veröffentlicht. Das Positionspapier analysiert die Gründe und Auswirkungen der angespannten wirtschaftlichen Lage von Krankenhäusern, wobei aktuelle Entwicklungen und wesentliche Herausforderungen im Hinblick auf...
Tax Audit Advisory

Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Das LfSt Niedersachsen hat sich in seiner Verfügung vom 21.02.2024 mit der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen in Papier oder digitaler Form beschäftigt. Für die Aufbewahrung ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, die einigen Voraussetzungen unterliegt. Aufbewahrungspflicht Aufgrund der öffentlich-rechtlichen Aufbewahrungspflichten muss eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten für zu...
Tax Advisory

BFH-Urteil zu Verrechnungspreisaspekten bei Warentransaktionen

Der BFH hat sich mit seinem Urteil vom 09.08.2023 (I R 54/19) auf diverse Aspekte bei der Bestimmung von Warenverrechnungspreisen bezogen. Der BFH urteilte über praxisrelevante Aussagen zur Rangfolge der Korrekturnormen und schafft somit Rechtssicherheit in der Frage der Normenhierarchie. Zudem äußert sich der BFH auch zur Wahl der Verrechnungspreismethode...
Advisory Valuation

Berücksichtigung eines abschreibungsbedingten Steuervorteils (TAB)

Bei der Bewertung von Personengesellschaften kann regelmäßig ein abschreibungsbedingter Steuervorteil (sog. ,,TAB”) zu berücksichtigen sein. Unter dem TAB versteht man den Barwert der Steuerersparnis aus der Abschreibung der in der steuerlichen Ergänzungsbilanz aufgedeckten stillen Reserven. Der BGH hat in einem Urteil vom 05.12.2023 festgestellt, dass ein TAB bei einer...