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ATAD-Umset­zungs­gesetz – Regie­rungs­entwurf verab­schiedet

Ein Jahr nach der Veröffentlichung des Referentenentwurfs hat das Kabinett am 24.03.2021 den Regierungsentwurf beschlossen

Aufgrund der Anti-Steuervermeidungs-Richtlinie (Anti-Tax-Avoidance Directive = ATAD) sind die EU-Mitgliedstaaten zur Anpassung ihrer steuerlichen Regelungen zur Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung (Artikel 5 ATAD), zur Hinzurechnungsbesteuerung (Artikel 7 und 8 ATAD) sowie zur Neutralisierung von Besteuerungsinkongruenzen im Zusammenhang mit Hybriden Gestaltungen (Artikel 9 und 9b ATAD) verpflichtet, soweit die vorgegebenen Mindeststandards noch nicht erfüllt werden.

Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung

Der Anwendungsbereich der Stundungsregel in § 4g EStG zur – zeitlich gestreckten – Besteuerung eines Entstrickungsgewinns durch Bildung eines Ausgleichspostens wird u.a. auf beschränkt Steuerpflichtige und das Umlaufvermögen erweitert. Ebenso vergrößert hat sich jedoch der Umfang des Katalogs von schädlichen Ereignissen, welche zu einer Auflösung des Ausgleichspostens führen.

Für die Verstrickung von Wirtschaftsgütern erfolgt die fiktive Einlage künftig zum ausländischen Entstrickungswert (maximal gemeiner Wert) und nicht mehr zum gemeinen Wert.

Die Entstrickungs- und Verstrickungsregelungen gelten grundsätzlich erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2022; der erweiterte Anwendungsbereich des § 4g EStG soll jedoch bereits in allen offenen Fällen zum Tragen kommen.

Die Wegzugsbesteuerung natürlicher Personen wird in § 6 AStG-E wesentlich verschärft, indem die bisher grundsätzlich mögliche unbefristete Stundung beim Wegzug in einen EU- /EWR-Staat bis zur tatsächlichen Veräußerung der Anteile entfällt und der persönliche Anwendungsbereich erweitert wird. Im Gegenzug wird lediglich die sogenannte Rückkehrerregelung verbessert. Diese Neuregelung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2022.

Hinzurechnungsbesteuerung

Eine wesentliche Neuerung betrifft das Beherrschungskonzept. Statt auf eine Inländerbeherrschung abzustellen, kommt es zukünftig darauf an, ob ein Steuerpflichtiger allein oder gemeinsam mit nahestehenden Personen eine ausländische Gesellschaft (die potenzielle Zwischengesellschaft) „beherrscht“.

Das Prinzip des Aktivitätskatalogs bleibt in § 8 Abs. 1 AStG-E unverändert. Veräußerungsgewinne der Zwischengesellschaft teilen das Schicksal der entsprechenden laufenden Einkünfte. Dividenden können entgegen der bisherigen Rechtslage u.U. als passive Einkünfte gelten. Der sogenannte Motiv-Test wird in § 8 Abs. 2 AStG-E verschärft, indem die wirtschaftliche Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft künftig „wesentlich“ sein muss, damit diese nicht als Zwischengesellschaft gilt.

Die Schwelle der Niedrigbesteuerung beträgt weiterhin 25 %, was nicht mehr zur aktuellen Entwicklung der Ertragssteuersätze in zahlreichen Staaten passt. Weiterhin ist die Hinzurechnungsbesteuerung künftig auch auf beschränkt Steuerpflichtige anwendbar soweit die Beteiligung einer gewerblichen Betriebsstätte zugeordnet werden kann.

Die Neuregelung gilt erstmals für Zwischeneinkünfte, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft entstanden sind, welches nach dem 31.12.2021 beginnt.

Hybride Gestaltungen

Die umfangreiche Vorschrift § 4k EStG-E regelt den „Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen“. Ein Betriebsausgabenabzug wird in verschiedenen Konstellationen versagt, wenn die mit den Ausgaben zusammenhängenden Erträge nicht besteuert werden oder wenn Aufwendungen sowohl in Deutschland als auch im Ausland abgezogen werden können. Auch ein doppelter Betriebsausgabenabzug, welcher nicht auf einem hybriden Element beruht und rein ausländische nicht korrigierte Besteuerungsinkongruenzen werden von der Vorschrift umfasst. Die Regelung soll rückwirkend bereits für Aufwendungen anwendbar sein, welche nach dem 31.12.2019 entstehen oder entstanden sind.

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