Mit der Stiftungsrechtsform 2023 hat der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) des IDW am 28.08.2024 die finale neu gefasste IDW Stellungnahme „Rechnungslegung von Stiftungen“ – die bislang die Kurzbezeichnung IDW RS HFA 5 trug und fortan die Kurzbezeichnung IDW RS FAB 5 trägt – verabschiedet. Ziel ist es, eine einheitliche und transparente Buchführung zu gewährleisten und so das Stiftungswesen langfristig zu stärken. Die Verlautbarung wurde in der IDW Life Ausgabe 10/2024 vom IDW veröffentlicht.
1. Einleitung
Mit der Reform des Stiftungsrechts zum 1. Juli 2023 wird angestrebt, klare Vorgaben zur Rechnungslegung und Vermögensverwaltung rechtsfähiger Stiftungen des bürgerlichen Rechts zu schaffen. Die Stellungnahme IDW RS FAB 5 zur Rechnungslegung von Stiftungen hebt hervor, dass die Buchführung – anders als bei Unternehmen – den spezifischen Strukturen und Zwecken der Stiftungen entsprechen muss. Die Stellungnahme bezieht sich auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 259, 666 BGB) und berücksichtigt zusätzlich die Landesstiftungsgesetze.
Die nachfolgenden Abschnitte stellen einzelne Kernaussagen der Verlautbarung dar, für weitergehende Ausführungen verweisen wir auf den IDW RS FAB 5.
2. Schutz und Erhalt des Stiftungsvermögens
Ein zentrales Thema der IDW-Stellungnahme ist der Schutz und der langfristige Erhalt des Grundstockvermögens, das dauerhaft dem Stiftungszweck dient. Laut § 83c Abs. 1 BGB muss das Grundstockvermögen bundesweit ungeschmälert erhalten bleiben. Das Gesetz legt jedoch nicht ausdrücklich fest, ob dieser Erhalt in nominaler oder realer Form zu erfolgen hat. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) empfiehlt grundsätzlich eine reale Werterhaltung, um den wirtschaftlichen Wert des Grundkapitals langfristig zu sichern und inflationsbedingte Preissteigerungen auszugleichen. Sollte die Satzung oder der Wille des Stifters keine konkrete Strategie zur Kapitalerhaltung vorsehen, rät das IDW dazu, eine langfristige Kapitalerhaltungsstrategie zu entwickeln, die den Stiftungszwecken entspricht. Darüber hinaus sollte die Stiftung ein Konzept zur nachhaltigen Werterhaltung erstellen und dessen Umsetzung entsprechend dokumentieren.
3. Vorschriften zur Rechnungslegung
Stiftungen unterliegen gemäß § 84a Abs. 1 BGB den Vorschriften des Auftragsrechts, insbesondere den Regelungen der §§ 259, 260 und 666 BGB. Demnach ist der Stiftungsvorstand verpflichtet, eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben zu erstellen und gegebenenfalls ein Bestandsverzeichnis an die relevanten Adressaten, wie beispielsweise die Stiftungsaufsicht und die Finanzbehörden, zu übermitteln. Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen Vorgaben zur Häufigkeit der Rechnungslegung, jedoch hat sich in der Praxis eine jährliche Berichterstattung etabliert. Darüber hinaus muss die finanzielle Situation der Stiftung so dokumentiert werden, dass eine mögliche Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung frühzeitig festgestellt werden kann. Dies entspricht den Anforderungen aus §§ 87b Satz 1 und 42 Abs. 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit §§ 17 und 19 der Insolvenzordnung (InsO).
Die Landesstiftungsgesetze konkretisieren die Rechnungslegungspflichten und fordern eine ordnungsgemäße Buchführung nach allgemeinen Grundsätzen. Dabei wird jedoch keine spezielle Methode, wie beispielsweise die doppelte Buchführung, vorgeschrieben. Nach jedem Geschäftsjahr ist eine Jahresrechnung zu erstellen, die mindestens eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung, eine Vermögensübersicht sowie einen Tätigkeitsbericht zur Erfüllung des Stiftungszwecks umfasst. Die Begriffe „Jahresrechnung“ und „Jahresabrechnung“ werden in diesem Zusammenhang meist synonym verwendet.
Zusätzlich können staatliche und kirchliche Aufsichtsbehörden ergänzende Vorgaben zur Rechnungslegung machen. Diese sind jedoch lediglich als Nebenrechnungen zu betrachten und haben im Falle von Widersprüchen nachrangige Bedeutung gegenüber den gesetzlichen Bestimmungen.
Für Unternehmensbeteiligungsstiftungen, deren Geschäftsbetrieb die kaufmännischen Anforderungen erfüllt, gelten die handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften gemäß §§ 238 ff. HGB. Dies betrifft auch steuerbegünstigte Stiftungen, die unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sind, handelsrechtliche Vorschriften anzuwenden. Darüber hinaus müssen steuerbegünstigte Stiftungen ordnungsgemäße Aufzeichnungen gemäß § 63 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) führen und, sofern sie die Schwellenwerte des § 141 AO überschreiten, die handelsrechtlichen Vorschriften anwenden.
3.1 Verantwortlichkeit:
Für die Rechnungslegung einer Stiftung ist grundsätzlich der Vorstand gemäß § 84a Abs. 1 verantwortlich. Das IDW empfiehlt, dass der Vorstand die Jahresrechnung oder den Jahresabschluss gemäß § 245 HGB unterzeichnet. Falls ein Vertreter gemäß § 84 Abs. 5 BGB existiert, kann dieser die Unterschrift leisten. Zusätzlich sollte, sofern die Satzung es vorsieht, ein unabhängiges Organ wie der Stiftungsrat die Rechnungslegung jährlich genehmigen.
3.2 Zweck:
Die Rechnungslegung erfüllt mehrere wichtige Funktionen. Sie dokumentiert sämtliche Geschäftsvorfälle und dient als Nachweis für die ordnungsgemäße Mittelverwendung durch den Vorstand. Zudem stellt sie eine wesentliche Informationsquelle für die Stiftungsorgane, die Stiftungsaufsicht sowie weitere Interessengruppen dar.
Darüber hinaus trägt die Rechnungslegung zum Gläubigerschutz bei, indem sie die Fähigkeit der Stiftung zur Deckung ihrer Verbindlichkeiten sowie eine mögliche Überschuldung transparent macht. Gleichzeitig stellt sie sicher, dass die Mittel gemäß den satzungsgemäßen Vorgaben verwendet werden und das Stiftungsvermögen langfristig erhalten bleibt.
3.3 Grundsätze der Rechnungslegung:
Die Rechnungslegung von Stiftungen sollte den Grundsätzen der Richtigkeit, Klarheit, Vollständigkeit, Vorsicht, Einzelbewertung, Stetigkeit und Fortführung der Tätigkeit folgen, die gesetzlich für Kaufleute gelten. Einnahmen-/Ausgaben-Rechnungen haben jedoch nur begrenzte Aussagekraft und eignen sich nur für einfache Verhältnisse. Stiftungen mit komplexeren Vermögensstrukturen sollten daher freiwillig eine kaufmännische Buchführung und Bilanzierung anwenden. Bei Tochterunternehmen empfiehlt sich die Anwendung der Konzernrechnungslegung nach HGB.
3.4 Beginn und Ende:
Die Pflicht zur Rechnungslegung beginnt mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit, spätestens jedoch mit dem Tag der Anerkennung. Bei Stiftungen, die durch Todesfall gegründet werden, beginnt sie mit der fingierten Entstehung. Stiftungen werden per Gesetz, Satzung, Beschluss oder Hoheitsakt aufgelöst. Ohne Insolvenzverfahren erfolgt eine Liquidation, in der das Vermögen veräußert, Schulden getilgt und das Restvermögen an Berechtigte ausgekehrt wird. Die Rechnungslegungspflicht endet ein Jahr nach Bekanntmachung der Auflösung.
4. Jahresabschluss
Stiftungen, die handelsrechtlichen Regelungen unterliegen, müssen gemäß §§ 238 bis 263 HGB einen Jahresabschluss mit Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnungen erstellen. Ein Anhang ist unabhängig von der Stiftungsgröße sinnvoll, um Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden nachvollziehbar darzustellen, insbesondere für die Kapitalerhaltung.
Das IDW empfiehlt, den Jahresabschluss, um einen Lagebericht zu ergänzen, sofern die Größe und Komplexität der Stiftung dies erfordern. Der Lagebericht stellt den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis und die Lage der Stiftung dar und enthält eine Analyse der finanziellen Leistungsindikatoren. Das IDW rät zudem, auch nichtfinanzielle Leistungsindikatoren einzubeziehen, die für das Verständnis der Stiftungstätigkeit relevant sind. Mit der Empfehlung zum Lagebericht fördert das IDW eine umfassende Sicht auf die finanzielle und operative Lage der Stiftung.
4.1 Ansatz und Bewertung
Stiftungen, die nach handelsrechtlichen Grundsätzen bilanzieren, müssen die allgemeinen Ansatzvorschriften nach §§ 246 bis 251 HGB beachten, unabhängig von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Für die Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden gelten die allgemeinen Grundsätze des HGB (§§ 252 ff.). Besonders relevant sind die Regelungen für außerplanmäßige Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert. Bei unentgeltlich erworbenen Vermögensgegenständen (z. B. durch Stiftungsakt oder Zustiftungen) besteht ein Bewertungswahlrecht, das sich am Zweck der Zuwendung orientiert. In der Regel wird der beizulegende Zeitwert (fiktive Anschaffungskosten) angesetzt, wenn keine anderen Marktpreise verfügbar sind. Alternativ kann ein Merkposten angesetzt werden, wenn die Anschaffungskosten gering oder nicht existent sind.
4.2 Gliederung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung
Die IDW-Stellungnahme empfiehlt, diese nach den Gliederungsschemata der §§ 266 und 275 HGB aufzustellen, wobei Anpassungen für die Besonderheiten von Stiftungen möglich sind, z. B. das Weglassen von Leerposten oder das Hinzufügen neuer Posten. In der Bilanz sollten zumindest Anlage- und Umlaufvermögen, Eigenkapital, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten gesondert ausgewiesen werden. Vermögensgegenstände, die der Stiftung unentgeltlich zugewendet wurden, sind je nach Zweck entweder dem Anlage- oder Umlaufvermögen zuzuordnen. Es wird auch darauf hingewiesen, dass Aufwendungen und Erträge klar gegenüberzustellen sind, wobei eine detaillierte Aufgliederung nach den Vorgaben des Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahrens erfolgen sollte. Zur Erfüllung besonderer Informationsbedürfnisse wird empfohlen, spezifische Aufwendungen, z. B. „Projektaufwendungen“, durch separate Posten oder als Davon-Vermerke auszuweisen.
4.3 Eigenkapitalausweis und Kapitalerhaltung
Das IDW empfiehlt eine detaillierte Gliederung des Eigenkapitals von Stiftungen, bestehend aus Grundstockkapital, Verbrauchskapital, Kapitalrücklagen und Ergebnisrücklagen. Dabei soll das Grundstockkapital entweder nominal oder real erhalten werden und die Kapitalerhaltung durch entsprechende Rücklagen sowie eine Dokumentation nachgewiesen werden. Darüber hinaus müssen Zuführungen, Umschichtungen und die Verwendung von Rücklagen transparent und nachvollziehbar im Jahresabschluss dargestellt werden.
4.4 Ergebnisverwendung
Das IDW empfiehlt, die Gewinn- und Verlustrechnung um eine Darstellung der Ergebnisverwendung zu ergänzen, die den Jahresüberschuss, den Ergebnisvortrag sowie die Einstellungen und Entnahmen aus den Ergebnis- und Umschichtungsrücklagen umfasst. Zuführungen zum Grundstockkapital oder Verbrauchskapital erfolgen direkt im Eigenkapital ohne Berührung der Gewinn- und Verlustrechnung. Entnahmen aus Ergebnisrücklagen erfordern einen Beschluss des Stiftungsorgans und müssen gemäß Satzung festgelegt werden.
4.5 Einnahmen-/Ausgaben-Rechnung und Vermögensübersicht
Die Stellungnahme erläutert, wie Stiftungen, die nicht nach handelsrechtlichen Grundsätzen bilanzieren, eine Einnahmen-/Ausgaben-Rechnung sowie eine Vermögensübersicht aufstellen müssen. Diese beiden Dokumente bilden die Jahresrechnung und sollen auch den Vorjahresbetrag für jeden Posten enthalten, wie in § 265 Abs. 2 HGB empfohlen. Besondere Bedeutung hat die Nachvollziehbarkeit der angewendeten Rechnungslegungsmethoden, da das Grundstockkapital erhalten bleiben muss. Um die Jahresrechnung verständlicher zu machen, empfiehlt das IDW, die Rechnungslegungsgrundsätze in einer Anlage zu erläutern. Zusätzlich sollten relevante Angaben, wie das Konzept zur Kapitalerhaltung oder bedingte Leistungszusagen, für ein besseres Verständnis der Stiftungsaktivitäten aufgeführt werden.
5. Offenlegung
Stiftungen sind nur zur Offenlegung ihres Jahresabschlusses oder ihrer Jahresrechnung verpflichtet, wenn sie unter das Publizitätsgesetz oder spezifische gesetzliche Regelungen fallen oder wenn dies die Satzung vorsieht. Die Landesstiftungsgesetze verlangen in der Regel die Einreichung bestimmter Unterlagen (wie Jahresabschluss, Zweckbericht und Haushaltsplan) bei der Stiftungsaufsicht innerhalb einer festgelegten Frist nach Geschäftsjahresende. In einigen Bundesländern müssen Stiftungen Prüfungsberichte des Abschlussprüfers der Aufsichtsbehörde vorlegen, während in anderen Ländern die freiwillige Einreichung des Prüfungsberichts die Vorlage weiterer Unterlagen ganz oder teilweise ersetzen kann.
6. Schlussfolgerung
Die Reform des Stiftungsrechts und die IDW-Stellungnahme schaffen klare und verbindliche Regeln für die Rechnungslegung und Kapitalerhaltung von Stiftungen. Sie stellen sicher, dass das Grundstockvermögen langfristig gesichert bleibt und die Mittel der Stiftung transparent und satzungsgemäß verwendet werden. Diese neuen Vorgaben stärken die Rechenschaftspflicht und fördern eine verantwortungsvolle Verwaltung von Stiftungskapital.