Überlässt ein Steuerausländer einem inländischen Vergütungsschuldner Rechte oder Lizenzen, wird der Steuerausländer in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Zur Sicherung des deutschen Steueraufkommens verpflichtet der Gesetzgeber den Vergütungsschuldner grundsätzlich dazu, bei Zahlung an den Vergütungsgläubiger Quellensteuer einzubehalten, anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. Ausnahmen für den Einbehalt bestehen, falls eine sog. Freistellungsbescheinigung vorliegt oder die Freistellungsoption anwendbar ist.
Hintergrund
Grundsätzlich ist jeder Steuerpflichtige selbst dafür verantwortlich, sein Einkommen im Rahmen einer Steuererklärung beim Finanzamt anzugeben und die darauf entfallende Steuer zu entrichten. In der Regel ist daher der Empfänger der Einnahmen auch der Steuerschuldner. Auch natürliche oder juristische Personen, die weder einen (Wohn-)Sitz noch eine Geschäftsleitung in Deutschland haben, unterliegen in Deutschland mit bestimmten inländischen Einkünften der sog. beschränkten Steuerpflicht. Für einige im Folgenden aufgezählte Einkünfte ordnet der Gesetzgeber zur Sicherung des deutschen Steueraufkommens an, dass die Steuer gemäß § 50a EStG durch Steuerabzug beim inländischen Vergütungsschuldner erhoben wird:
- Einkünfte, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen (z. B. Antrittsgelder, Honorare, Preisgelder, Vergütungen für die Teilnahme an Talkshows) sowie deren inländische Verwertung erzielt werden.
- Einkünfte aus der Überlassung von im Inland verwerteten Rechten, z.B. Lizenzen und Urheberrechte (Filmrechte, Musikrechte, Patentrechte etc.) aber auch von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten („Knowhow“).
- Einkünfte aus Aufsichtsratstätigkeiten bei inländischen Gesellschaften.
Der Steuersatz beträgt grundsätzlich 15 % zzgl. Solidaritätszuschlag der vereinbarten Bruttovergütung (d. h. ohne Berücksichtigung der Abzugssteuer). Für Aufsichtsratsvergütungen beträgt der Steuersatz 30 % (zzgl. Solidaritätszuschlag).
Besondere praktische Bedeutung hat die Regelung bei der zeitlich begrenzten Überlassung von Rechten, weshalb diese im Folgenden im Zentrum stehen soll. Hingewiesen sei darauf, dass der Verkauf von Rechten, also die zeitlich unbegrenzte Überlassung, nicht den Regelungen des § 50a EStG unterliegt und demnach auch nicht von einem Steuerabzug betroffen ist.
Entstehung, Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Abzugsteuer
Die Quellensteuer entsteht zu dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung dem Leistungserbringer (= Vergütungsgläubiger) zufließt. Der Leistungsempfänger (= Vergütungsschuldner) hat den Steuerabzug mit Entstehung der Steuer – also bereits bei Zahlung – vorzunehmen. Der Steuerabzug erfolgt auf Rechnung des Gläubigers der Vergütung, dieser ist Steuerschuldner.
Für das Steuerabzugsverfahrens ist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zuständig. Die Steuer ist vom Vergütungsschuldner bis zum 10. des dem Kalendervierteljahres der Zahlung folgenden Monats elektronisch über das BZStOnline-Portal beim BZSt anzumelden und an das BZSt abzuführen.
Die Steueranmeldung muss die folgenden Informationen enthalten:
- Name und Anschrift des Vergütungsgläubigers,
- Höhe der Vergütungen i. S. d. § 50a Abs. 1 EStG in Euro und den Zuflusstag,
- Höhe und Art der evtl. von den Vergütungen abgezogenen Ausgaben (bei der Überlassung von Rechten in der Regel nicht relevant),
- Höhe des Steuerabzugs.
- Im Falle einer vorliegenden Freistellungsbescheinigung des BZSt (siehe unten) sind
- der ausländische Staat und der Steuersatz nach dem jeweiligen DBA und
- der Gültigkeitsraum der Freistellungsbescheinigung zu benennen.
Zur Abgabe der Steueranmeldungen ist grundsätzlich eine vom BZSt vergebene Steuernummer des Vergütungsschuldners nötig; ggfs. ist diese daher vorab zu beantragen.
Durch den Steuerabzug gilt die Einkommensteuer für beschränkt Steuerpflichtige in der Regel als abgegolten. Eine Einkommensteuerveranlagung in Deutschland ist nur in Ausnahmefällen möglich bzw. nötig.
Der Vergütungsschuldner ist verpflichtet, dem Gläubiger auf Verlangen die folgenden Angaben nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu bescheinigen (sog. Steuerbescheinigung):
- Name und Anschrift des Vergütungsgläubigers,
- Art der Tätigkeit und Höhe der Vergütung in Euro,
- Zahlungstag der Vergütung,
- Betrag der einbehaltenen und abgeführten Steuer.
Eine Bestätigung der Angaben in der Steuerbescheinigung durch das BZSt ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Der Schuldner kann die Steuerbescheinigung daher direkt nach Ausstellung an den Gläubiger der Vergütung versenden. Allerdings hat der Vergütungsschuldner besondere Aufzeichnungen zu führen, aus denen folgende Informationen ersichtlich sein müssen:
- Name und Anschrift des Vergütungsgläubigers,
- Höhe der Vergütung in Euro,
- Höhe und Art der berücksichtigten Betriebsausgaben/Werbungskosten (bei der Überlassung von Rechten in der Regel nicht relevant),
- Tag, an dem die Vergütungen dem Vergütungsgläubiger zugeflossen sind,
- Höhe und Zeitpunkt der Abführung der einbehaltenen Steuer.
Einschränkungen durch DBA
Der nach innerstaatlichem Recht bestehende Besteuerungsanspruch wird durch Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) häufig eingeschränkt oder ausgeschlossen. So wird beispielsweise bei Lizenzvergütungen an Ausländer Deutschland regelmäßig kein (so z. B. bei Zahlungen in die USA, die Schweiz, nach Frankreich oder Österreich) bzw. allenfalls ein begrenztes Quellensteuerrecht (z. B. maximal 5 % bei Zahlungen nach Luxemburg oder Polen) zugestanden.
Besteht zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat des Vergütungsgläubigers ein DBA, das eine solche Beschränkung vorsieht, muss der Vergütungsschuldner dennoch den Steuerabzug vornehmen. Dem Vergütungsgläubiger steht dann allerdings nach § 50c EStG ein Anspruch auf völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer durch das BZSt zu. Hierzu hat der Vergütungsgläubiger einen elektronischen Antrag beim BZSt zu stellen, welchem u.a. die Steuerbescheinigung und eine Ansässigkeitsbescheinigung der ausländischen Steuerbehörde beizufügen ist. Die Antragsfrist für die Erstattung beträgt grundsätzlich 4 Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Lizenzerträge bezogen wurden. Aufgrund der Vielzahl der Anfragen beim BZSt für Steuern, kann eine Erstattung allerdings bis zu 15 Monate in Anspruch nehmen.
Insbesondere aus diesem Grund ist es in der Praxis oft gewünscht, dass die Regelungen eines bestehenden DBAs bereits bei der Auszahlung der Vergütungen berücksichtigt wird. Dies ist allerdings lediglich in zwei Ausnahmefällen möglich:
- Vorliegen einer Freistellungbescheinigung des Vergütungsgläubigers oder
- Erfüllung der Voraussetzungen der Freistellungsoption.
Freistellungsbescheinigung Der Vergütungsschuldner kann gemäß den Bestimmungen des DBA vom Steuerabzug absehen oder einen niedrigeren Steuersatz anwenden, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung eine gültige Freistellungsbescheinigung des beschränkt Steuerpflichtigen vorliegt. Diese Bescheinigung wird dem Zahlungsempfänger auf Antrag durch das BZSt auf einem amtlich vorgeschriebenen Formular erteilt. Die Freistellungsbescheinigung wird für einen Zeitraum von max. 3 Zeitjahren und frühestens ab Eingang des Antrags beim BZSt gewährt.
Sofern das Freistellungsverfahren genutzt werden soll, ist auf eine rechtzeitige Antragstellung durch den ausländischen Steuerpflichtigen zu achten und eine ausreichende Bearbeitungsdauer einzukalkulieren. Die Freistellungsbescheinigungen sind beim BZSt ab 2023 elektronisch zu beantragen. Hierfür ist eine Registrierung beim BZSt erforderlich, deren Bearbeitung allein schon sechs Wochen in Anspruch nehmen kann. Des Weiteren kann die abschließende Bearbeitung bis zum Vorliegen der gewünschten Freistellungsbescheinigung bis zu weitere 15 Monate in Anspruch nehmen. Daher ist ein erheblicher Vorlauf vor der ersten Zahlung nötig, damit die Freistellungsbescheinigung zum Zahlungszeitpunkt auch vorliegt. Im Rahmen der Antragstellung ist eine von der ausländischen Steuerbehörde ausgestellte Bescheinigung über die Ansässigkeit des Zahlungsempfängers im Ausland einzureichen. Eine Freistellungsbescheinigung kann nicht rückwirkend erteilt werden.
Die Freistellungsbescheinigung kann nur der ausländische Vergütungsgläubiger beantragen. Der Vergütungsschuldner selbst ist nicht antragsberechtigt. Der Vergütungsgläubiger kann jedoch den Vergütungsschuldner zur Antragstellung und zur Vornahme von anderen Verfahrenshandlungen bevollmächtigen. Zur Beantragung der Freistellungsbescheinigung kann ein bereits bestehender ELSTER- oder BOP-Zugang des Vergütungsschuldners genutzt werden.
Freistellungsoption
In sog. Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung nach § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der inländische Zahlungsverpflichtete den Steuerabzug auch ohne Vorliegen einer Freistellungsbescheinigung unterlassen und die DBA-Regelungen bereits bei Auszahlung berücksichtigen (sog. Freistellungsoption). Im Rahmen der Freistellungsoption ist weder eine Ansässigkeitsbescheinigung noch eine direkte Mitwirkung des ausländischen beschränkt Steuerpflichtigen erforderlich. Diese Option gilt ausschließlich für Zahlungen im Zusammenhang mit der Überlassung von Rechten nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Entsprechend der alten Regelung, die für Zahlungen nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 01.01.2024 Anwendung fand, lag eine geringe steuerliche Bedeutung vor, wenn die Vergütung zuzüglich der dem beschränkt Steuerpflichtigen in demselben Kalenderjahr vom Schuldner bereits zugeflossenen anderen Vergütungen 5.000 EUR nicht überstieg. Diese Sonderregelung galt pro Vergütungsgläubiger. Wurde die Freigrenze von 5.000 EUR überschritten, war nach Auffassung des BZSt die Freistellungsoption ab der Zahlung, die zur Überschreitung führte, nicht mehr anwendbar. In diesem Fall musste der Vergütungsschuldner den Steuerabzug auf die gesamte betroffene Vergütung vornehmen und die entsprechenden Abzugsbeträge anmelden und abführen. Dies galt sowohl für bereits geleistete als auch für weitere Zahlungen innerhalb desselben Kalenderjahres.
Entsprechend der aktuellen Regelung, welche für Zahlungen nach dem 31. Dezember 2023 anzuwenden ist, muss die Abzugsteuer nach § 50a EStG nicht einbehalten und abgeführt werden, wenn im laufenden Kalenderjahr an einen Vergütungsgläubiger Vergütungen i. S. d. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG gezahlt werden, die die Freigrenze von nun 10.000 EUR insgesamt nicht übersteigen. Sollte die Freigrenze überschritten werden, ist es erforderlich, für alle weiteren Zahlungen im laufenden Kalenderjahr an diesen Vergütungsgläubiger einen Steuerabzug vorzunehmen. Im Vergleich zur alten Regelung, ist für alle Zahlungen, die vor der Überschreitung der Freigrenze getätigt wurden, kein nachträglicher Steuerabzug erforderlich, weshalb für diese faktisch ein „Freibetrag“ eingeführt wurde.
Zusammenfassendes Beispiel:
Die inländische T-GmbH leistet im Jahr 2024 vierteljährliche Lizenzzahlungen in Höhe von 3.000 EUR an die ausländische L-SA (Frankreich).

Es handelt sich dabei um Einkünfte aus der Überlassung von Rechten, die in Deutschland genutzt werden. Die ausländische L-SA wird mit den Einkünften in Deutschland beschränkt steuerpflichtig.
Die quartalsweisen Einkünfte der L-SA aus den Lizenzzahlungen unterliegen gemäß § 50a Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 1 EStG in Deutschland grundsätzlich einem Steuerabzug in Höhe von 474,75 EUR (15 % zzgl. SolZ der Bruttovergütung). Die Steueranmeldung und ggfs. –abführung hat bis zum 10. des dem Quartal folgenden Monats durch die T-GmbH zu erfolgen.
Gemäß Art. 15 DBA Deutschland und Frankreich wird das Besteuerungsrecht für Lizenzgebühren grundsätzlich allerdings Frankreich als Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebers zugewiesen. Somit besteht kein deutsches Besteuerungsrecht, doch ungeachtet dessen hat die T-GmbH die Regelungen des § 50a EStG zu befolgen. Folgende Fallkonstellationen sind denkbar:
Wurde eine Freistellungsbescheinigung erteilt, hat die T-GmbH keine Quellensteuereinzubehalten und abzuführen. Eine Steueranmeldung („Null-Meldung“) beim BZSt hat dennoch durch die T-GmbH bis zum 10. des auf das Quartal folgenden Monats zu erfolgen.
Wurde keine Freistellungsbescheinigung erteilt, erfolgt die Entlastung der L-SA vom deutschen Steuerabzug durch Erstattung der bereits abgeführten Steuerbeträge (§ 50c Abs. 3 EStG). Dem nötigen Antrag der L-SA ist die von der T-GmbH ausgestellte Steuerbescheinigung beizufügen. Die Antragsfrist für die Erstattung beträgt grundsätzlich 4 Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Lizenzerträge bezogen wurden.
Allerdings könnte die T-GmbH auch für die ersten Zahlungen die Freistellungsoption in Anspruch nehmen: Da die T-GmbH zum Ende eines jeden Quartals Lizenzzahlungen in Höhe von 3.000 EUR an die L-SA leistet, muss für die am 31.03.2024, 30.06.2024 und 30.09.2024 geleisteten Zahlungen lediglich eine Steueranmeldung vorgenommen werden. Infolge der geleisteten Zahlung zum 31.12.2024 wird die Freigrenze von 10.000 EUR allerdings überschritten. Daher hat die T-GmbH einen Steuerabzug für die gesamte zum 31.12.2024 geleistete Zahlung durchzuführen (474,75 EUR). Diese Quellensteuer kann sich die L-SA wie oben beschrieben erstatten lassen. Nicht mehr notwendig ist allerdings der nachträgliche Steuerabzug und -erstattung für die Zahlungen zum Ende der vorherigen drei Quartale.
Handlungsempfehlung
Unternehmen, die Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige zahlen, sollten zunächst prüfen, ob ein Anwendungsfall des § 50a EStG vorliegt, da der Vergütungsschuldner für die korrekte Einbehaltung und Abführung der Steuern haftet. Dies betrifft insbesondere Vergütungen für die Nutzung oder Überlassung von Rechten (z. B. Lizenzen, Patente, Urheberrechte, Markenrechte), aber auch Honorare für Künstler, Sportler und Unterhaltungsdienstleistungen sowie Vergütungen an Aufsichtsräte und Verwaltungsräte.
Im Fall einer erst in Zukunft fließenden Vergütung sollte geprüft werden, ob ein Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung gestellt werden kann (z. B. Einschränkung des inländischen Besteuerungsrechts durch ein DBA). Sofern das Freistellungsverfahren genutzt werden soll, ist auf eine rechtzeitige Antragstellung beim BZSt durch den ausländischen Vergütungsgläubiger zu achten und eine ausreichende Bearbeitungszeit einzukalkulieren.