Forschungs- und Entwicklungskosten werden nach IFRS, US-GAAP und HGB unterschiedlich bilanziert. Gemäß IAS 38 werden Forschungskosten stets als Aufwand erfasst, während Entwicklungskosten bei Erfüllung bestimmter Kriterien aktivierungspflichtig werden. Die US-GAAP verfolgen dagegen das Aufwandsprinzip, erlauben aber die Aktivierung bei Unternehmenszusammenschlüssen sowie bei physischen Vermögenswerten mit alternativer Nutzungsmöglichkeit. Das HGB verbietet die Aktivierung von Forschungskosten, bietet aber für Entwicklungskosten ein Wahlrecht.
Forschungs- und Entwicklungskosten nehmen in einer von Innovationen geprägten Wirtschaft eine wichtige Rolle ein. Sie bestimmen oft die Wettbewerbsfähigkeit oder die Beständigkeit von Unternehmen unterschiedlicher Größenordnung. Bei der Bilanzierung solcher immateriellen Werte stellt sich daher die Frage, wie diese anzusetzen sind. Abhängig vom angewandten Regelwerk (IFRS, GAAP oder HGB) ergeben sich unterschiedliche Voraussetzungen, die ein individuelles Endergebnis implizieren.
Im Folgenden werden genauere Herangehensweisen erläutert.
IFRS: Differenzierung zwischen Forschungs- und Entwicklungskosten
Für Ausgaben für immaterielle Vermögenswerte verlangt IAS 38 eine klare Abgrenzung zwischen Forschungs- und Entwicklungskosten. Forschungskosten sind stets sofort als Aufwand zu erfassen, da ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen in dieser frühen Phase nicht verlässlich nachweisbar ist. Entwicklungskosten sind dagegen zu aktivieren, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, etwa der Nachweis eines wahrscheinlichen künftigen wirtschaftlichen Nutzens und eine verlässliche Bewertbarkeit der Kosten.
Für selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte kommen weitere Kriterien hinzu: Technische Realisierbarkeit, Absicht und Fähigkeit zur Fertigstellung und Nutzung bzw. zum Verkauf sowie der Nachweis ausreichender Ressourcen. Lassen sich Forschungs- und Entwicklungskosten nicht trennen, sind sämtliche Aufwendungen erfolgswirksam zu erfassen. Im Rahmen einer Unternehmensübernahme sind Forschungs- und Entwicklungskosten zum Fair Value anzusetzen; eine nicht identifizierbare Komponente geht in den Goodwill ein.
Die IFRS-Regelung knüpft an den zeitlichen Ablauf an. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, ab dem die Kriterien nach IAS 38.65–66 erfüllt sind. Damit gilt Material zum Zeitpunkt seines Verbrauchs als aktivierungsfähig, sofern es nicht bereits in der Forschungsphase eingesetzt wurde. Eine nachträgliche Aktivierung bereits aufwandswirksam erfasster Beträge ist ausgeschlossen. Vorauszahlungen für Vermögenswerte und Dienstleistungen bleiben hingegen aktivierungsfähig. Liegt kein immaterieller Vermögenswert vor, kann eine Bilanzierung nach einem anderen Standard in Betracht kommen.
Ein Praxisbeispiel ist die Anschaffung einer Roboterschweißanlage für 2 Mio. € die zunächst in einem Forschungsprojekt für neue Schweißverfahren eingesetzt wird, sich jedoch später auch in der Serienproduktion nutzen lässt. Nach IFRS stellt sich die Frage, ob die Kosten im Rahmen des Forschungsprojekts nach IAS 38 sofort als Forschungsaufwand zu erfassen sind oder ob eine Aktivierung als Vermögenswert möglich ist. Forschungskosten werden grundsätzlich sofort aufwandswirksam, da in der frühen Phase kein sicherer künftiger Nutzen („alternative future use“) nachweisbar ist. IAS 38.3 und IAS 38.5 verweisen jedoch darauf, dass ein anderer IFRS-Standard Vorrang hat, wenn er die Aktivierung regelt.
Da es sich bei der Roboterschweißanlage um einen physischen Vermögenswert handelt, greift IAS 16. Die Aktivierung erfolgt, wenn ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen wahrscheinlich ist und die Anschaffungskosten verlässlich ermittelt werden können. Beide Kriterien sind hier erfüllt, sodass die Anlage als Property, Plant and Equipment (PPE) zu aktivieren und planmäßig über die Nutzungsdauer abzuschreiben ist.
Begleitende Forschungsausgaben unterliegen strengeren Vorgaben. Spezialwerkzeuge, die ausschließlich für das Forschungsprojekt genutzt werden, stellen keinen eigenständigen Vermögenswert dar und sind mangels künftigen Nutzens unmittelbar als Aufwand zu erfassen. Allgemein verwendbare Materialien, die auch in der regulären Produktion eingesetzt werden können, sind nach IAS 2 (Vorräte) zu bilanzieren und erst beim Verbrauch aufwandswirksam zu berücksichtigen. Eine nachträgliche Aktivierung bereits erfasster Aufwendungen ist nach IAS 38.71 ausgeschlossen.
Bei der Entscheidung, ob Forschungs- und Entwicklungskosten aktivierbar sind, ist in einem ersten Schritt die Definition des IAS 38 entscheidend. Handelt es sich jedoch um einen physischen Vermögenswert ist maßgebend, ob der Vermögenswert eine alternative Nutzungsmöglichkeit besitzt oder eigenständig ansetzbar ist. In diesem Fall greifen die Vorschriften des jeweils einschlägigen Standards (IAS 16 oder IAS 2); die Unterscheidung zwischen Forschung und Entwicklung nach IAS 38 ist dann nicht maßgeblich.
US-GAAP: Grundsatz der Aufwandswirksamkeit
Die US-GAAP Regelungen verfolgen grundsätzlich einen aufwandsorientierten Ansatz gemäß ASC 730. Auf die Sonderregelungen nach ASC 985 (Internetpräsenzen) sowie ASC 350-40/50 (Softwareanwendungen) wird im Folgenden nicht eingegangen. Interne Forschungs- und Entwicklungskosten sind demnach unmittelbar in der Periode ihres Anfalls als Aufwand zu erfassen. Allerdings bestehen bestimmte Ausnahmen: Nach den Vorgaben der US-GAAP ist im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses (Business Combination nach ASC 805) eine Aktivierung von Forschungs- und Entwicklungskosten zum Fair Value vorgesehen, unabhängig davon, ob die entsprechenden Kosten eindeutig identifizierbar sind. Ein Ausweis im Goodwill ist hierbei ausgeschlossen.
Darüber hinaus dürfen physische Vermögenswerte aktiviert werden, sofern die Ansatzkriterien erfüllt sind und ein „alternative future use“ besteht. Das bedeutet, dass die Vermögenswerte unabhängig vom Erfolg des ursprünglichen Forschungsprojekts wirtschaftlich nutzbringend eingesetzt werden können – beispielsweise für andere Projekte oder in der Produktion. Ob ein solcher Nutzen vorliegt, hängt maßgeblich von den Einschätzungen und Erwartungen des Managements ab. Entscheidend ist, dass sinnvollerweise erwartet werden kann, dass der Vermögenswert in anderer Weise wirtschaftlich verwertbar ist. Voraussetzung dafür ist, dass der Vermögensgegenstand fertig nutzbar ist. Im Kontext von Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten gilt für erworbene physische Vermögenswerte eine widerlegbare Vermutung eines künftigen Nutzens.
Bei erworbenen bzw. selbsterstellten immateriellen Vermögenswerten besteht eine solche Vermutung hingegen nicht. Hier muss mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50 % nachgewiesen werden, dass aus weiteren Projekten ein alternativer Nutzen resultiert. Ausschlaggebend für die Beurteilung ist die Absicht des Managements, ob das Kriterium des „alternative future use“ erfüllt ist. Für aktivierte Kosten gilt: Aufwendungen, die während der Entwicklungsphase entstehen – wie etwa der Verbrauch von Materialien in F&E-Aktivitäten, die Abschreibung genutzter Anlagen und Ausrüstungen sowie die Amortisation eingesetzter immaterieller Vermögenswerte – sind als Aufwand zu erfassen.
HGB: Grundsätze und Aktivierungswahlrecht
Die Bilanzierung von Forschungs- und Entwicklungskosten ist in § 248 Abs. 2 i.V.m. § 255 Abs. 2a HGB geregelt. Für Forschungskosten gilt ein Aktivierungsverbot; sie sind zwingend als Aufwand zu erfassen. Ist eine verlässliche Abgrenzung zwischen Forschung und Entwicklung nicht möglich, ist eine Aktivierung – analog zu IFRS – ausgeschlossen.
Für Entwicklungskosten besteht dagegen ein Aktivierungswahlrecht, sofern es sich um Aufwendungen für einen selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstand des Anlagevermögens handelt. Voraussetzungen sind die Abgrenzbarkeit und selbstständige Bewertbarkeit des Vermögenswertes, eine hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit sowie die Zuordnung zum Anlagevermögen, sodass ein Nutzen über mehrere Perioden erwartet wird. Herstellungskosten in der Entwicklungsphase umfassen Ausgaben für den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten, die der Herstellung, Erweiterung oder wesentlichen Verbesserung des immateriellen Vermögenswertes dienen. Wird das Wahlrecht ausgeübt, besteht für künftige vergleichbare Fälle ein Aktivierungsgebot (Stetigkeit). Aktivierte Entwicklungskosten sind planmäßig über die Nutzungsdauer abzuschreiben und unterliegen nach § 268 Abs. 8 HGB einer Ausschüttungssperre, um den Gläubigerschutz sicherzustellen.
Für Sachanlagen und Vorräte gelten unabhängig von ihrem Einsatz in Forschungs- oder Entwicklungsprojekten die allgemeinen Aktivierungsvorschriften des Anlage- bzw. Umlaufvermögens.
Insgesamt zeigt der Vergleich, dass sich einzelne Regelungen und Voraussetzungen von IFRS, US-GAAP und HGB deutlich unterscheiden. Als gemeinsames Ziel verfolgen die Regelwerke dennoch eine vorsichtige und realistische Abbildung von Forschungs- und Entwicklungskosten in der Rechnungslegung.