Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 19.12.2019, VI R 8/18, veröffentlicht am 26.03.2020, entschieden hat, können Krankheitskosten, die durch einen Unfall auf dem Arbeitsweg bedingt sind, in voller Höhe als Werbungskosten abgezogen werden. Die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale für die Fahrtkosten ist hier unbeachtlich.
Die Klägerin erlitt bei einem Verkehrsunfall auf der Heimfahrt von der Arbeitsstätte schwere Verletzungen. Die angefallenen Krankheitskosten wurden entsprechend den Fallpauschalen im Wesentlichen durch die Berufsgenossenschaft übernommen. Darüberhinausgehende Kosten einer Nasenoperation und damit verbundene Fahrtkosten trug die Klägerin selbst. Die entsprechenden Kosten in Höhe von EUR 2.402 machte sie als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
Bei der Veranlagung wurden die Kosten nicht anerkannt, auch das Einspruchsverfahren sowie das Klageverfahren vor dem Finanzgericht blieben erfolglos.
Im Revisionsverfahren vor dem BFH erhielt die Klägerin nunmehr Recht. Wie der BFH ausführt, seien gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG durch die Entfernungspauschalen sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind. Dies gelte gemäß bestehender Rechtsprechung auch für außergewöhnliche Kosten, im Grundsatz auch für Unfallkosten, soweit es sich um Aufwendungen des Arbeitnehmers für „die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte“, also um echte Wege- bzw. Fahrtkosten handelt. Der BFH subsumiert hierunter die „fahrzeug- und wegstreckenbezogenen Aufwendungen“. Abgegolten sind somit lediglich die Fahrzeugkosten (z. B. Reparaturkosten). Aufwendungen zur Beseitigung oder Linderung von Körperschäden seien aber weder fahrzeug- noch wegstreckenbezogen. Die hier vorliegenden Krankheitskosten der Fahrerin seien demnach nicht von der Entfernungspauschale umfasst, aufgrund der Veranlassung durch die berufliche Tätigkeit folglich zusätzlich als Werbungskosten abzugsfähig.
Auf Grundlage dieses Urteils empfiehlt es sich, bei Krankheitskosten die Veranlassung zu prüfen bzw. diese Aufwendungen überhaupt erst zu erklären. Bei auf private Anlässe zurückgehende Krankheitskosten kann eine Berücksichtigung nur im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen erfolgen. Bei den meisten Steuerpflichtigen hat diese aufgrund der individuellen zumutbaren Belastung keine materielle Auswirkung, sodass entsprechende Angaben entbehrlich sind. Demgegenüber wirkt sich ein Abzug als Werbungskosten (bzw. bei Gewinneinkünften analog als Betriebsausgaben) in aller Regel vorteilhaft aus.