Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Beschlüssen dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen Berufsgeheimnisträger – hier konkret Wirtschaftsprüfer – von ihren gesetzlichen Verschwiegenheitsverpflichtungen entbunden werden können und sich damit in diesem Zusammenhang auch nicht mehr auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen können. Zu den Berufsgeheimnisträgern gehören insbesondere Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, Notare und Patentanwälte.
Wirtschaftsprüfer berufen sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht. In der Folge wurde ein Ordnungsgeld verhängt.
Konkret ging es darum, dass Wirtschaftsprüfer vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestags als Zeugen aussagen sollten. Die Wirtschaftsprüfer haben sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund deren beruflicher Verschwiegenheitsverpflichtung berufen. Der Untersuchungsausschuss des Bundestags verhängte gegenüber den Wirtschaftsprüfern ein Ordnungsgeld, weil der Insolvenzverwalter und der aktuelle Vorstand der Gesellschaft diese von deren Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden habe und damit die Zeugenaussage ohne Grund verweigert worden sein soll.
Die Wirtschaftsprüfer müssen vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen. Der Insolvenzverwalter der Gesellschaft konnte die Wirtschaftsprüfer wirksam von der Verschwiegenheitspflicht entbinden.
Der Bundesgerichtshof stellte nunmehr klar, dass den Wirtschaftsprüfern kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, weil diese wirksam durch den Insolvenzverwalter (sowie dem aktuellen Vorstand der Gesellschaft) von deren Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden wurden. Die Wirtschaftsprüfer können sich daher nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen und müssen aussagen. Grundsätzlich kann nämlich nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur derjenige einen Berufsgeheimnisträger – hier konkret in Bezug auf einen Wirtschaftsprüfer – von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden, der zu diesem in einer geschützten Vertrauensbeziehung steht. Bei Wirtschaftsprüfern ist dies regemäßig der Auftraggeber. Bei einer juristischen Person wiederum ist dies das zum Zeitpunkt der Zeugenaussage vertretungsberechtigte Organ. Ist ein Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt, so kann der Insolvenzverwalter die Entbindungserklärungen abgeben, soweit das Vertrauensverhältnis die Angelegenheiten der Insolvenzmasse betrifft.
Nachdem es in diesem Zusammenhang im Vorfeld jedoch widersprüchliche obergerichtliche Entscheidungen zu der Frage gab, wer zur Aufhebung der Verschwiegenheitsverpflichtung berechtigt ist, hob der Bundesgerichtshof die Ordnungsgeldbeschlüsse auf. Denn aufgrund der nicht eindeutigen Rechtlage träfe die Wirtschaftsprüfer insoweit kein Verschulden.
Im Ergebnis müssen die Wirtschaftsprüfer nunmehr vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen.
Auswirkungen für alle Berufsgeheimnisträger. Eine Reihe bisher streitiger Fragen wird durch den Bundesgerichtshof beantwortet.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs betrifft nicht nur Wirtschaftsprüfer, sondern entfaltet darüber hinaus ebenfalls Wirkung für die in § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO genannten weiteren Berufsgeheimnisträger. Hierzu gehören neben Wirtschaftsprüfern beispielsweise auch Steuerberater, Rechtsanwälte, Patentanwälte und Ärzte. Die Grundsätze sind auch auf Zivil- und Strafverfahren zu übertragen. Der Bundesgerichtshof schafft dabei auch hinsichtlich juristischer Personen (z.B. GmbH, AG) mehr Klarheit dahingehend, durch welches Organ – insbesondere in der Insolvenz – eine Entbindung von der Verschwiegenheitsverpflichtung erfolgen kann. Dabei hält der Bundesgerichtshof ausdrücklich fest, dass dies im Falle der Insolvenz – und bei Ernennung eines Insolvenzverwalters – auch durch den Insolvenzverwalter geschehen kann, soweit Angelegenheiten der Insolvenzmasse betroffen sind. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass es im Normalfall für eine wirksame Entbindung von der Verschwiegenheitsverpflichtung nicht etwa (auch) auf die Zustimmung von z.B. ehemaligen Geschäftsleitern ankommt.