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Hinweis­geber­schutz­gesetz: Ent­wurf zur Um­setzung der EU-Whistle­blower-Richt­linie

Hinweisgeberschutzgesetz: Für eine Reihe von Unternehmen könnte Handlungsbedarf bestehen

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbaucherschutz hat einen Entwurf des sogenannten Hinweisgeberschutzgesetzes vorgelegt. Hierdurch soll in Umsetzung der sogenannten EU-Whistleblower-Richtlinie (RL – EU 2019/1937) für Unternehmen ab 50 Mitarbeitern unter anderem die Verpflichtung geschaffen werden, ein Meldesystem für Whistleblower einzurichten. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Richtlinie bis zum 17.12.2021 in nationales Recht umzusetzen.

Der Referentenentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz

Durch die EU-Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1937 des europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden) soll ein in der Europäischen Union einheitlicher Standard zum Schutz von Hinweisgebern erreicht werden. Die Richtlinie – welche am 16.12.2019 in Kraft getreten ist – sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bis zum 17.12.2021 die enthaltenen Vorgaben in nationales Recht umsetzen. In Deutschland soll dies durch das Hinweisgeberschutzgesetz erfolgen, welches in Form eines Referentenentwurfs durch das Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegt wurde. Bisher konnte zwischen den Koalitionspartnern allerdings noch keine Einigkeit über die konkrete Ausgestaltung gefunden werden. Denn die EU-Whistleblower-Richtlinie sieht vor, dass Verstöße gegen EU-Recht vom Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst sind. Der Referentenentwurf geht jedoch darüber hinaus. Demnach sollen auch Verstöße gegen nationales deutsches Recht umfasst sein. Derzeit ist fraglich, ob die EU-Whistleblower-Richtlinie tatsächlich bis zum 17.12.2021 in nationales Recht umgesetzt werden wird.

Von den Regelungen des Hinweisgeberschutzgesetzes dürften in der Praxis eine Vielzahl von Unternehmen betroffen sein

Der Referentenentwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes sieht vor, dass insbesondere alle Unternehmen aus dem Bereich der Finanzdienstleistungen ein internes bzw. externes Hinweisgebersystem einrichten müssen, mit dem Verstöße gegen nationales oder EU-Recht des Unternehmens gemeldet werden können. Dies gilt insoweit unabhängig von der Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter. Alle weiteren Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern müssen ebenfalls ein internes bzw. externes Hinweisgebersystem einrichten. Dabei ist für Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten eine verlängerte Einrichtungsfrist bis zum 17.12.2023 vorgesehen.

Der Referentenentwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes legt den betroffenen Unternehmen eine Reihe von Pflichten auf

Der wesentliche Regelungsinhalt der EU-Whistleblower-Richtlinie bzw. des Hinweisgeberschutzgesetzes ist der Schutz von (ehemaligen) Mitarbeitern, Bewerbern und Unterstützern eines Hinweisgebers, welche Missstände melden. Die von den neuen Regelungen betroffenen Unternehmen müssen daher ein internes bzw. externes Meldesystem einrichten. Das angedachte Meldeverfahren ist grundsätzlich in zwei Stufen unterteilt: interne Meldung und die Meldung an die zuständige Behörde. Wichtig dabei ist jedoch, dass der Hinweisgeber nicht zur Einhaltung einer bestimmten Hierarchie verpflichtet ist, wenngleich zunächst interne Meldekanäle genutzt werden sollen.

Das interne Hinweisgebersystem muss dabei gewisse Mindestvorgaben erfüllen. Hierzu gehören unter anderem:

  • Uneingeschränkter Zugang für alle Beschäftigten;
  • Betreuung durch unabhängige und qualifizierte Personen;
  • Dokumentation der eingehenden Meldungen;
  • Schutz der Vertraulichkeit und Anonymität sowie Beachtung des Datenschutzes;
  • Eingangsbestätigung innerhalb von sieben Tagen;
  • Innerhalb von drei Monaten: Mitteilung der ergriffenen (Folge-)Maßnahmen.

Sofern die Voraussetzungen (unter anderem Einhaltung des Verfahrens vor internen oder externen Meldestellen, wahrheitsgemäße Information) vorliegen, ist ein Hinweisgeber vor Repressalien (z.B. Kündigung) geschützt. Dabei hat im Streitfall das Unternehmen zu beweisen, dass eine durch das Unternehmen gegenüber dem Hinweisgeber getroffene Maßnahme (z.B. Kündigung) nicht im Zusammenhang mit dem Hinweis steht (Beweislastumkehr).

Folgen bei Verstößen

Wesentliche Verstöße gegen das Hinweisgeberschutzgesetz (z.B. Verhindern von Meldungen, Repressalien) werden als Ordnungswidrigkeiten geahndet. Dabei stehen Bußgelder in Höhe von bis zu EUR 100.000,00 im Raum. Zudem kann ein Hinweisgeber aufgrund erlittener Repressalien die ihm hieraus entstandenen Schäden als Schadenersatz geltend machen.

Sofern durch einen Hinweisgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Information offengelegt wird, ist auch der Hinweisgeber zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet. Zudem kann sich ein Hinweisgeber im Falle der vorsätzlichen Offenlegung von falschen Informationen strafbar machen. 

Praxishinweis Die EU-Whistleblower-Richtlinie sieht vor, dass die getroffenen Regelungen bis zum 17.12.2021 in nationales Recht umgesetzt werden. Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht feststeht, ob dies in Deutschland tatsächlich bis zu diesem Zeitpunkt erfolgen wird, sollten die betroffenen Unternehmen gleichwohl nicht zu lange mit der Umsetzung der für sie erforderlichen Maßnahmen warten. Denn die erforderlichen Maßnahmen dürften mit einem gewissen zeitlichen und auch finanziellen Aufwand verbunden sein. Vor diesem Hintergrund sollte frühzeitig damit begonnen werden, die gleichwohl in wesentlichen Teilen bereits zum jetzigen Zeitpunkt bekannten Anforderungen der EU-Whistleblower-Richtlinie einzuführen und die entsprechenden Prozesse – unter Einbindung in die bestehenden Compliance-Management-Systeme – aufzusetzen

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