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Die unter­nehmerischen Sorg­faltspflich­ten in Liefer­ketten

Starkes Wachstum deutscher Unternehmen in globalen Beschaffungs- und Absatzmärkten bietet herausragende Chancen, jedoch schafft sie im gleichen Maße ebenfalls Herausforderungen. In der globalen Wirtschaft wird durch die Errichtung neuer Arbeitsplätze in internationalen Produktionsstätten vermeintlich Wohlstand geschaffen. Jedoch birgt der Ausbau internationaler Märkte Risiken durch Intransparenz und die mangelhafte Durchsetzung von international anerkannten Menschenrechten in Lieferketten.

I. Einführung des Lieferkettensorgfaltspflichtgesetzes (LkSG):

Mit dem Anfang März durch die Bundesregierung verfassten Entwurf für ein Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten, wird von Unternehmen aller Branchen und Supply Chain Stufen zukünftig erwartet „mit Bezug auf ihre Größe, Branche und Position“ in der Lieferkette in angemessener Weise die menschenrechtlichen Risiken in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten zu ermitteln, ihnen zu begegnen, darüber zu berichten und Beschwerdeverfahren zu ermöglichen.

Damit wurde mit der Verabschiedung des Lieferkettensorgfaltspflichtgesetzes (LkSG) am 11.06.2021 ein erster wichtiger Schritt für die Verankerung eines einheitlichen Verständnisses von Inhalt und der Bedeutung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in internationalen Arbeitsprozessen, als auch der Schutz der Umwelt in der globalen Wirtschaft, geschaffen. Mit der Verabschiedung des LkSG wurde ein unmissverständlicher jedoch verhältnismäßig und zumutbarer gesetzlicher Leitfaden geschaffen, der sich am international anerkannten Sorgfaltsstandard („due diligence standard“) orientiert. Zukünftig soll das LkSG an kommende europäische Regelungen angeglichen werden, um Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen zu verhindern.

II. Anwendungsbereich

Ab dem 01.01.2023 sind alle im Inland mit ihrer Hauptverwaltung, Satzungssitz oder Hauptniederlassung ansässigen Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform von dem Anwendungsbereich des LkSG erfasst. Zunächst ist eine weitere Anwendungsvoraussetzung, dass die jeweiligen Unternehmen in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmern im Inland beschäftigen (entspricht ca. 900 Unternehmen), jedoch wird ab dem 01.01.2024 der Schwellenwert auf 1.000 Arbeitnehmer herabgesetzt. Des Weiteren werden sodann auch Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften durch den Anwendungsbereich des LkSG erfasst.

III. Sachlicher Anwendungsbereich

Der Begriff der Lieferkette ergibt sich nach der Grundnorm des § 2 Abs. 5 LkSG, sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung von Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Lieferung an den Endkunden und erfasst

1. das Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich,

2. das Handeln eines unmittelbaren Zulieferers und

3. das Handeln eines mittelbaren Zulieferers.

Die Begriffe der drei Stufen werden im nachfolgenden Gesetzestext weiter definiert.

Abschließend ist anzumerken, dass die Sorgfalts- bzw. die Überprüfungspflicht eines Unternehmers für die gesamte Lieferkette gilt.

IV. Schutzgegenstand des Gesetzes

Um die Schwierigkeit der Definition des Menschenrechtsbegriffs zu vermeiden, wird im LkSG zwischen ihr und dem „menschenrechtlichen Risiko“ unterscheiden. So wird in § 2 Abs. 2 LkSG in den Nummern 1 bis 11 sowie in einer generalklauselartigen Form nach Nr. 12, eine Auswahl der nach Sicht des Gesetzgebers international geschützten Menschenrechte erfasst.

Dazu gehören unter anderem das Verbot von Kinderarbeit (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LkSG), das Verbot der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 LkSG), das Verbot aller Formen der Sklaverei bzw. sklavenähnlicher Praktiken (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 LkSG) sowie das Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 LkSG).

Die Auffangklausel gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 12 LkSG soll die Verstöße erfassen, die nicht exemplarisch in den Nummern 1 bis 11 erfasst werden.

Neben den besonders schützenswerten Menschenrechten, werden in § 2 Abs. 3 LkSG des Weiteren ebenfalls umweltbezogene Pflichten zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit erfasst. Dazu gehören das Verbot der Herstellung und Verwendung von Quecksilber (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 LkSG) oder das Verbot der nicht umweltgerechten Handhabung, Sammlung Lagerung und Entsorgung von gefährlichen Abfällen im Sinne des Basler Übereinkommens (§ 2 Abs. 3 Nr. 5 – 7 LkSG).

V. Pflichten und Haftung für Unternehmen

Zu den Pflichten des Unternehmers gehört nach § 3 LkSG unter anderem die Einrichtung eines Risikomanagements (§ 4 Abs. 1 LkSG), die Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit (§ 4 Abs. 3 LkSG), die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen (§ 5 LkSG), die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftbereich (§ 6 Abs. 1 und 3 LkSG) und gegenüber unmittelbaren Zulieferern (§ 6 Abs. 4 LkSG).

Jedoch werden in § 3 LkSG zwar Bemühungspflichten, jedoch weder Erfolgspflichten noch eine Garantiehaftung begründet. Bei sämtlichen Bemühungspflichten ist den Unternehmen ein Ermessens- und Handlungsspielraum eingeräumt. Folglich kann von Ihnen nichts Unmögliches verlangt werden, obgleich sie die Menschenrechte und Umweltbelange stets beachten müssen. So muss die gesamte Lieferkette nur dann nachverfolgt oder Präventions- oder Abhilfemaßnahmen vernommen werden, falls dies tatsächlich oder rechtlich überhaupt möglich ist.

Allerdings wird aus Verletzungen von Pflichten gemäß des LkSG nach § 3 Abs. 3 LkSG keine zivilrechtliche Haftung begründet; eine unabhängig von diesem Gesetz begründete zivilrechtliche Haftung bleibt jedoch unberührt. Folglich ist eine aus einem Verstoß gegen das LkSG begründete persönliche Organhaftung der Geschäftsleitung für Schäden des Unternehmens ausgeschlossen, es sei denn, die Haftung erfolgt aus einem anderen Rechtsgrund.

Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach § 3 LkSG ist nach § 10 LkSG unternehmensintern fortlaufend zu dokumentieren und jährlich ein Bericht über die Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten zu erstellen, der spätestens vier Monate nach dem Schluss des Geschäftsjahres auf der Internetseite des Unternehmens für einen Zeitraum von sieben Jahres kostenfrei öffentlich zugänglich zu machen ist (§ 10 Abs. 2). Dieser soll nachvollziehbar die Mindestinhalte gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 – 4 darstellen. Der Bericht ist gemäß § 12 LkSG in deutscher Sprache und elektronisch über einen von der zuständigen Behörde bereitgestellten Zugang einzureichen.

VI. Behördliche Kontrolle und Sanktionen Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausführkontrolle (BAFA) prüft gemäß § 13 LkSG als zuständige Behörde gemäß § 19 LkSG, inwieweit die Sorgfaltspflicht implementiert wurde. Bei einem Verstoß, kann das BAFA von Amts wegen gemäß § 14 LkSG tätig werden. Ein nicht gerechtfertigter vorsätzlicher bzw. fahrlässiger Verstoß gegen das LkSG kann gemäß § 24 LkSG mit Bußgeldern von bis zu EUR 800.000 geahndet werden oder zu einem Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge für einen Zeitraum bis zu drei Jahren führen (§ 22 LkSG).

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