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Zeitnahe Betriebs­prüfung und Auf­wertung des Steuer­kontrollsystems

Mit der Umsetzung der DAC 7-Richtlinie will der Gesetzgeber eine Modernisierung der Durchführung von Außenprüfungen vornehmen. In der Abgabenordnung sind umfangreiche Änderungen der rechtlichen Bestimmungen sowie der Anforderungen und Möglichkeiten für betroffene Unternehmen vorgesehen. Im Ergebnis soll die Betriebsprüfung künftig zeitnaher erfolgen. Zudem sollen bei einem funktionierenden steuerlichen IKS (Steuerkontrollsystem) bestimmte Erleichterungen vorgesehen werden.

Ursächlich für die Änderungen durch die DAC 7-Richtline war die Feststellung, dass die steuerliche Amtshilfe unter den Mitgliedsstaaten aufgrund rechtlicher und administrativer Hindernisse nicht ihr Potential ausschöpft, was die Identifikation von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung über digitale Plattformen erschwert.

Das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist die Umsetzung der als „DAC 7“ bezeichneten Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.03.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung. Am 12. Juli wurde der entsprechende Referentenentwurf veröffentlicht. Am 24. August wurde der entsprechende Regierungsentwurf im Kabinett beschlossen. Die finalen Verabschiedungen von Bundestag und Bundesrat sowie die offizielle Verkündung stehen noch aus. Am 07.10.2022 hat der Bundesrat bereits Stellung genommen zu dem Gesetzesentwurf und Vorschläge im Zusammenhang mit der Bedeutung des steuerlichen IKS (Steuerkontrollsystem) gemacht.

Der Entwurf kann in zwei unabhängig Teile untergliedert werden. Die Umsetzung der DAC 7 sowie die Modernisierung der Außenprüfung.

Die Umsetzung der DAC 7 zielt dahingehend ab, Betreibern digitaler Plattformen den Finanzbehörden Informationen über Einkünfte zu melden. Die Meldepflicht wird zudem um einen automatischen Austausch von Informationen zu Anbietern erweitert. Diese Regelung gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für andere in der EU ansässige Mietgliedstaaten. Man erhofft sich hieraus die wirtschaftlichen Aktivitäten von Anbietern innerhalb der EU besser nachzuverfolgen und so kriminellen Aktivitäten präventiv vorzubeugen.

In Bezug auf den zweiten Teil – der Modernisierung der Außenprüfung – zielt der Entwurf insbesondere auf eine Beschleunigung des Prozesses der Außenprüfung als Ganzes ab. Zu den wesentlichen Änderungen zählt der frühere Beginn sowie Abschluss von Außenprüfungen. Hierfür ist eine Verbesserung in der Kooperation zwischen Finanzverwaltung und Unternehmen unausweichlich. Zudem sollen die Außenprüfer künftig Prüfungsschwerpunkte bekanntgeben und mit dem Steuerpflichtigen Zwischengespräche führen. Vom Steuerpflichtigen wird ferner eine erweiterte Mitwirkungspflicht verlangt. Folgende Paragrafen in der Abgabenordnung (AO) befassen sich konkret mit einer Beschleunigung der Außenprüfung:

Ablaufhemmung § 171 Abs. 4 AO-E:

Der neu gefasste § 171 Abs. 4 Satz 1 AO-E befasst sich mit einer Änderung des Endes der Festsetzungsfrist.

Der Umfang der Ablaufhemmung bleibt von der Änderung unberührt. Dieser beinhaltet weiterhin alle von der entsprechenden Prüfungsordnung erfassten Steuerarten sowie Besteuerungszeiträume. Nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO-E wird eine neue zeitliche Grenze für die Ablaufhemmung definiert. Die Grenze beträgt fortan fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde. Durch die Kopplung an die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung erwartet der Gesetzgeber eine Beschleunigung der Außenprüfung. Die Begrenzung der Ablaufhemmung ist nach § 171 Abs. 4 Satz 4 AO-E nicht bindend, wenn der Antrag des Steuerpflichtigen den Beginn der Außenprüfung verschiebt oder unterbricht. Hierbei muss der Antrag des steuerpflichtigen maßgeblich für die Verschiebung oder Unterbrechung sein. Verschiebungen oder Verlängerungen, die auf die Finanzbehörden zurückzuführen sind, bewirken keine Verlängerung der 5-Jahres-Frist. Die Begrenzung nach § 171 Abs. 4 Satz 5 AO-E ist allerdings aufgehoben, wenn die Finanzbehörde zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch nimmt und nach § 171 Abs. 4 Satz 7 AO-E bei Eröffnung eines Steuerstrafverfahrens.

Die oben erläuterten Begrenzungen sollen erstmals für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31.12.2024 entstehen, in Kraft treten.

Bindender Teilabschluss § 180 Abs. 1a AO-E:

Durch die Neufassung des § 180 Abs. 1a AO-E wird erstmals die Möglichkeit geschaffen, bereits während der Außenprüfung sogenannte Teilabschlussbescheide zu erlassen. Da so abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen bereits vor Abschluss der Außenprüfung als Ganzes festgestellt werden können, schafft die Möglichkeit vor allem frühzeitiger Rechtssicherheit bei den Steuerpflichtigen. Die Entscheidung über den Erlass von Teilabschlussbescheiden obliegt allerdings dem Ermessen der Finanzbehörden. Durch den neu eingeführten § 180 Abs. 1a AO-E ändert sich auch § 204 AO-E hinsichtlich der Voraussetzungen zur Erteilung einer verbindlichen Auskunft.

Die Regelungen betreffend der Teilabschlussbescheide sind erstmals für Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 beginnen.

Mitwirkungsverlangen und Sanktionsmaßnahmen § 200a AO-E:

Der § 200a AO-E greift Neuerungen aufgrund der verkürzten Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 4 AO-E auf. Die Mitwirkung des Steuerpflichtigen soll künftig auch dann gewährleistet sein, wenn eine Verkürzung der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO-E vorliegt. Deshalb definiert der neue § 200a Abs. 1 AO-E ein sogenanntes qualifiziertes Mitwirkungsverlangen. Die Frist zur Erfüllung beläuft sich grundsätzlich auf einen Monat ab Bekanntgabe des qualifizierten Mitwirkungsverlangens. Bei einem nicht Nachkommen der Frist wird laut § 200a Abs. 2 AO-E ein sogenanntes Mitwirkungsverzögerungsgeld fällig. Dieses beträgt EUR 100 pro vollen Kalendertag für höchstens 100 Kalendertage. Auch die Möglichkeit eines Zuschlags zum Mitwirkungsverzögerungsgeld ist nach § 200 Abs. 3 AO-E gegeben. Hier richtet sich die monetäre Höhe der Sanktionen aber nach dem Ermessen der entsprechenden Finanzbehörde.

Die Regelungen für das künftige Sanktionssystem der Behörden sind erstmals für Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 beginnen.

Prüfungsschwerpunkte § 197 Abs. 3 bis 5 AO-E:

Der neue Absatz 3 des § 197 AO-E ermöglicht den Finanzbehörden bereits mit der Bekanntgabe der Prüfungsordnung Buchführungsunterlagen anzufordern. Anhand dessen können nach Absatz 4 des § 197 AO-E dem Steuerpflichtigen bereits künftig entsprechende Prüfungsschwerpunkte mitgeteilt werden. Die Regelungen beschleunigen vor allem den Beginn der Außenprüfung.

Die Änderung hinsichtlich der Prüfungsschwerpunkte tritt zum 01.01.2023 in Kraft.

Vereinbarung von Zwischengesprächen § 199 Abs. 2 AO-E:

Nach § 199 Abs. 2 AO-E sollen Finanzbehörden mit den Steuerpflichtigen in wiederkehrenden Abständen Gespräche über mögliche steuerliche Auswirkungen sowie über festgestellte Sachverhalte führen.

Die Regelungen für die Zwischengespräche sind erstmals für Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 beginnen.

Elektronische Verhandlungen und Besprechungen §§ 201 Abs. 1, 146 Abs. 2a und 2b AO-E:

Künftig soll die Möglichkeit geschaffen werden, Verhandlungen und Besprechungen zwischen Steuerpflichtigen und Außenprüfer auch elektronisch durchzuführen. So kann bspw. auch die Schlussbesprechung mit Zustimmung des Steuerpflichtigen per Videokonferenz abgehalten werden.

Die Änderung tritt zum 01.01.2023 in Kraft.

Erprobung alternativer Prüfungsmethoden § 38 AEAO-E:

Am 07.10.2022 hat sich der Bundesrat zu dem vorliegenden Gesetzesentwurf geäußert. Die Stellungnahme des Bundesrats sieht einen § 38 AEAO-E vor. Der Bundesrat hat eine konkrete Formulierung vorgeschlagen. Hiernach soll es bestimmten Unternehmen erlaubt werden, Prüfungserleichterungen zu beantragen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Wirksamkeit des Steuerkontrollsystems bereits im Rahmen einer Betriebsprüfung überprüft wurde und kein oder nur ein unbeachtliches steuerliches Risiko für die erfassten Steuern und gesonderten Feststellungen festgestellt wurde. Die Finanzbehörde kann dann dem Steuerpflichtigen auf dessen Antrag hin Beschränkungen von Art und Umfang der Ermittlungen verbindlich zusagen. Voraussetzung ist ein funktionierendes Kontrollsystem seitens des Steuerpflichtigen, das dieser zu dokumentieren und etwaige Veränderungen unverzüglich der Finanzbehörde mitzuteilen hat.

In § 38 AEAO-E soll das Steuerkontrollsystem wie folgt definiert werden:

„Ein Steuerkontrollsystem umfasst alle innerbetrieblichen Maßnahmen, die gewährleisten, dass die Besteuerungsgrundlagen zutreffend aufgezeichnet und berücksichtigt werden sowie die hierauf entfallenden Steuern fristgerecht und vollständig abgeführt werden. Das Steuerkontrollsystem muss die steuerlichen Risiken laufend abbilden.“

Im Ergebnis können dann ein wirksames IKS und kein oder nur ein unbeachtliches Risiko für die erfassten Steuern und gesonderten Feststellungen dazu führen, dass die Finanzverwaltung dem Steuerpflichtigen einen Verzicht auf bestimmte Prüfungshandlungen zusagt.

Der vorliegende Gesetzesentwurf hat eine zeitnahe Betriebsprüfung zum Ziel. Damit soll vor allem Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen erreicht werden. Die gesetzlichen Änderungen sind zu begrüßen. Gleichzeitig stellt der Gesetzgeber klar, dass auch die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen gesetzlich verfestigt werden und bei Nichteinhalten sanktionsbewehrt sind. Mit der vorgeschlagenen Änderung in § 38 AEAO-E soll zudem die Stellung des steuerlichen IKS (Steuerkontrollsystem) deutlich hervorgehoben werden und gleichzeitig die steuerlichen Betriebsprüfungen bei Vorliegen funktionierender Kontrollen und vergleichsweise gering einzuschätzender steuerlicher Risiken in bestimmten Bereichen in eben diesen Bereichen entlasten.

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