Das IDW hat mit Datum vom 20.03.2024 ein Trendwatch Positionspapier zum Thema „Krankenhausfinanzierung auf dem Prüfstand – Auswirkungen aktueller Entwicklungen auf die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser“ veröffentlicht. Das Positionspapier analysiert die Gründe und Auswirkungen der angespannten wirtschaftlichen Lage von Krankenhäusern, wobei aktuelle Entwicklungen und wesentliche Herausforderungen im Hinblick auf die Krankenhausfinanzierung beleuchtet werden.
Die finanzielle Lage im Krankenhaussektor in Deutschland ist angespannt. Vielfältige Herausforderungen wie der allgemeine Anstieg der Gesundheitskosten, der Fachkräftemangel, ein komplexes Regulierungssystem und ein zunehmender Modernisierungsstau haben sich durch die Corona-Pandemie weiter verschärft. Dabei ist ein funktionierendes Gesundheitssystem nicht nur für die medizinische Versorgung der Bevölkerung von entscheidender Bedeutung, sondern auch ein zentraler Baustein der deutschen Volkswirtschaft – so lag der Anteil der Bruttowertschöpfung der Gesundheitswirtschaft im Jahr 2021 mit rund 392 Milliarden Euro bei 12,1 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts.
Die aktuelle finanzielle Lage der deutschen Krankenhäuser ist jedoch prekär und spiegelt sich insbesondere in der seit Jahren rückläufigen Anzahl an Krankenhäusern wider. Während es im Jahr 1991 noch rd. 2.400 Kliniken in Deutschland gab, ist diese Zahl im Jahr 2022 auf rd. 1.900 Kliniken geschrumpft – ein Rückgang von ca. 500 Krankenhäusern bzw. 21 % in rd. 30 Jahren. Besserung ist leider nicht in Sicht: Im Jahr 2023 erzielten ca. 47 % der Krankenhäuser einen Jahresverlust und rd. 18 % der deutschen Krankenhäuser drohte die Insolvenz. Auch in den kommenden Jahren ist nach aktuellen Prognosen weiter mit einer Verschlechterung der finanziellen Situation zu rechnen, die voraussichtlich zu einem deutlichen Abbau der Krankenhausstandorte in Deutschland führen wird.
Ein zentrales Problem liegt in der Finanzierungssituation deutscher Krankenhäuser. Krankenhäuser werden grundsätzlich dual finanziert. Für die Investitionskosten, also z. B. Neubaukosten oder Anschaffungskosten für Geräte, stehen Fördermittel der Länder zur Verfügung. Die Betriebskosten, also alle Kosten, die für die Behandlung von Patienten entstehen, werden von den Krankenkassen bezahlt. Seit dem Jahr 2020 werden diese über eine Kombination von Fallpauschalen für bestimmte Diagnosen und eine Pflegepersonalkostenvergütung finanziert. Die zugrunde liegenden Preise von Krankenhausleistungen werden hierbei jährlich auf Basis von Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und den Landeskrankenhausgesellschaften vereinbart. Allgemeine Kostensteigerungen bei den Personal- und Sachkosten werden zwar grundsätzlich im sogenannten Landesbasisfallwert berücksichtigt, allerdings immer zeitlich versetzt.
Hohe inflationsbedingte Steigerungen der Personal- und Sachkosten zwingen die Krankenhäuser daher dazu, diese bis zu einer Berücksichtigung der Kostensteigerungen im Landesbasisfallwert vorzufinanzieren. Verschärfend wirkt sich folgende Entwicklung aus: Während die Höhe der Fördermittel seit 1992 stagniert, haben sich die Betriebskosten der Krankenhäuser im gleichen Zeitraum fast verdreifacht. Da die Förderquoten im Zeitablauf permanent abnehmen, sind die Krankenhäuser gezwungen, verstärkt Eigenmittel einzusetzen, um wenigstens den Status Quo bei der technischen und baulichen Ausstattung zu erhalten – im Ergebnis heißt das, dass die Krankenhäuser im Behandlungsbereich Überschüsse erwirtschaften müssen, um Investitionen tätigen zu können.
Die angespannte Lage führt unter anderem dazu, dass im Rahmen der durchzuführenden Jahresabschlussprüfungen in der Prüfungssaison 2024 vermehrt die Frage zu stellen sein wird, wie lange die Fortführung der Unternehmenstätigkeit des jeweils geprüften Krankenhauses noch auf absehbare Zeit gegeben ist. Dabei müssen im Einzelfall nicht nur im Bestätigungsvermerk, sondern auch in Anhang und Lagebericht eines Krankenhauses Hinweise auf bestandsgefährdende Risiken enthalten sein.
Das IDW fordert vor dem Hintergrund der derzeitigen Entwicklungen im Krankenhaussektor finanzielle Anreize und Investitionskostenförderungen seitens der Politik. Gleichzeitig betont es die Dringlichkeit eines kurzfristigen Inflationsausgleichs sowie verlässlicher Investitionskostenförderungen, um den Krankenhäusern die notwendigen Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu ermöglichen. Dabei wird die Politik aufgefordert, zusammen mit Krankenhausträgern und Krankenkassen Lösungen zu erarbeiten, um die Zukunft des deutschen Krankenhaussystems zu sichern.