Mit dem Wachstumschancengesetz wurden Konkretisierungen des Fremdvergleichsgrundsatzes für Finanzierungsaufwendungen in § 1 Abs. 3d und Abs. 3e AStG eingefügt. Im überarbeiteten BMF-Schreiben zu Verrechnungspreisen äußert sich die Finanzverwaltung zu den Regelungen des § 1 Abs. 3d und Abs. 3e AStG.
Die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024 enthalten in Bezug auf die mit dem Wachstumschancengesetz eingeführten Regelungen in § 1 Abs. 3d und Abs. 3e AStG die folgenden Ausführungen zu Finanzierungsbeziehungen:
Die Finanzverwaltung äußert sich hinsichtlich der Prüfung der Finanzierungsbeziehung dem Grunde nach (§ 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 1 AStG) und führt aus, dass zur Anerkennung einer Finanzierungsbeziehung das Bedienen können des Kapitaldienstes seitens des Schuldners glaubhaft gemacht werden muss (sog. „Schuldtragfähigkeits“-Test). Hierfür muss dargelegt werden können, dass von Anfang an ausreichende Vermögenswerte oder Zahlungsflüsse zu erwarten sind. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) führt weitere Indikatoren zur Annahme einer Finanzierungsbeziehung auf, wie beispielsweise das Vorhandensein eines festen Rückzahlungstermins und die Fähigkeit des Schuldners, Darlehen von unabhängigen Dritten aufzunehmen.
Darüber hinaus muss die Finanzierung auch wirtschaftlich benötigt werden und im Einklang mit dem Unternehmenszweck stehen (sog. „Geschäftszweck“-Test). Dabei geht das BMF davon aus, dass der wirtschaftliche Bedarf und die Verwendung des Kapitals miteinander zusammenhängen. Die Darlehensaufnahme für Zwecke einer Gewinnausschüttung widerspricht laut Finanzverwaltung dem Unternehmenszweck nicht, wenn diese der unternehmensüblichen Ausschüttungspolitik des ausschüttenden Unternehmens entspricht.
Der „Schuldtragfähigkeits“-Test sowie der „Geschäftszweck“-Test müssen kumulativ erfüllt sein.
Für die Glaubhaftmachung der Schuldtragfähigkeit und des Geschäftszwecks, sollen die konkreten Umstände substantiiert und schlüssig dargelegt werden. Sollte eine Glaubhaftmachung nicht möglich sein, so sind die durch die Finanzierungsbeziehung verursachten Betriebsausgaben in Höhe des fremdunüblichen Teils zu korrigieren. Zum fremdunüblichen Teil gehören gemäß der Verwaltungsgrundsätze auch die Folgekosten, wie beispielsweise Bereitstellungszinsen und Kreditnebenkosten.
Ferner enthält das Schreiben auch Ausführungen zum fremdüblichen Zinssatz (§ 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 2 AStG). Für die Finanzverwaltung ist für die Bestimmung des Zinssatzes unter anderem das konkrete Debitorenrisiko des Darlehensnehmers zu berücksichtigen. Hierfür ist grundsätzlich die Bonität der Unternehmensgruppe maßgebend, es sei denn, der konkrete Darlehensnehmer hat eine bessere Bonität. Die Unternehmensgruppe sollte somit über ein Rating verfügen. Dieses kann laut dem Schreiben – unter Berücksichtigung von Dokumentationsvorschriften – auch über eine Ratingsoftware erstellt werden. Aus Vereinfachungsgründen erkennt die Finanzverwaltung auch die Bonitätsanalyse der Deutschen Bundesbank für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Finanzierungsbeziehung an.
Die Finanzverwaltung führt im Hinblick auf Finanzierungsbeziehungen als funktions- und risikoarme Dienstleistung (§ 1 Abs. 3e AStG) aus, dass grundsätzlich die Preisvergleichsmethode für die Fremdkapitalüberlassung zwischen nahestehenden Personen heranzuziehen ist. Für die Beurteilung des Fremdvergleichspreises für die Fremdkapitalüberlassung sei auch das mit der Kapitalüberlassung verbundene Risiko maßgebend. So stehe einer gruppenzugehörigen Finanzierungsgesellschaft, die nicht über die Fähigkeit und die Befugnis, das Risiko eines Finanzierungsgeschäfts zu kontrollieren verfügt, als Vergütung für die Finanzierungsbeziehungen nur eine risikolose Rendite zu. Ob eine funktions- und risikoarme Dienstleistung vorliegt, kann laut den Verwaltungsgrundsätzen über eine Funktions- und Risikoanalyse nachgewiesen werden.
In Bezug auf Cash Pooling innerhalb einer Unternehmensgruppe, führt das BMF aus, dass der Cash-Pool-Leiter in der Regel eine funktions- und risikoarme Dienstleistung erbringt. Hierzu führt die Finanzverwaltung aus, dass die Vergütung des Cash Pool-Leiters im Regelfall auf Basis einer kostenorientierten Methode zu bestimmen ist.
Die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024 sind erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden.