Am 24.06.2021 wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts (Drucksache 19/28173) beschlossen. Dadurch wurde ein bundeseinheitliches umfassendes Stiftungsrecht und ein Stiftungsregister geschaffen. Das Gesetz wird Auswirkungen nicht nur für neugegründete Stiftungen, sondern auch für bestehende Stiftungen haben, etwa im Hinblick auf Anforderungen an Satzungsänderungen. Das Gesetz tritt zum 01.07.2023 in Kraft. Das Stiftungsregister wird zum 01.01.2026 eingeführt.
Die Errichtung von Stiftungen erfreut sich unverändert hoher Beliebtheit. Zum 31.12.2020 gab es nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Stiftungen in Deutschland 23.876 rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts; 2,8 % mehr als im Vorjahr. Die in diese Statistik nicht einbezogenen nichtrechtsfähigen Stiftungen kommen noch hinzu.
Die Motivation zur Errichtung von Stiftungen ist sehr unterschiedlich. Entsprechend vielfältig sind die Arten der Ausgestaltung von Stiftungen. Eine der zentralen Weichenstellung ist es, der Stiftung durch Anerkennung durch die Stiftungsbehörde Rechtsfähigkeit zukommen zu lassen oder die Stiftung (flexibel, einfach und mit wenig Kapitaleinsatz) als unselbstständige (nicht-rechtsfähige) Stiftung auszugestalten; im letzteren Fall wird das Vermögen zweckgebunden durch einen Träger (Treuhänder) für den Stifter – und die Destinatäre – verwaltet.
Rechtsfähige Stiftungen
Das für die rechtsfähigen Stiftungen maßgebliche Stiftungszivilrecht war bislang ein Nebeneinander zwischen Bundes- und Landesrecht und führte teilweise zu Rechtsunsicherheit. Mit dem am 24.06.2021 beschlossenen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts (Drucksache 19/28173) wird ab dem Inkrafttreten zum 01.07.2023 ein bundeseinheitlicher, abschließender Rechtsrahmen im BGB geschaffen. Betroffen von dem neuen Regelungsregime sind neben neugegründeten Stiftungen auch bereits bestehende Stiftungen. Der im Regierungsentwurf ursprünglich vorgesehene Zeitpunkt des Inkrafttretens wurde um ein Jahr nach hinten verschoben, „damit die Stiftungen ausreichend Zeit haben, um sich auf das neue Stiftungszivilrecht einzustellen“. Die wesentlichen Änderungen im Einzelnen sind:
Definition Stiftung
Die Stiftung wird als (…) mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person“ definiert. Neben der Beschreibung der Stiftung als mitgliederlose juristische Person – in Abgrenzung zu Vereinen, Kapitalgesellschaften und Genossenschaften – folgt aus der Definition, dass Zweck der Stiftung nur ein solcher sein kann, der sich durch Nutzung eines Vermögens erfüllen lässt. Der Zweck einer Stiftung kann sich nicht in der Erhaltung des eigenen Vermögens erschöpfen oder etwa in der Übernahme der Komplementärstellung in einer Personenhandelsgesellschaft (Stiftung und Co. KG).
Stiftungsvermögen
Nach dem gesetzlichen Leitbild setzt sich das Vermögen der Stiftung, die auf unbestimmte Zeit errichtet wurde, zusammen aus dem Grundstockvermögen einerseits und dem sonstigen Vermögen andererseits.
Das in seinen Bestandteilen an die Eigenkapitalpositionen von Kapitalgesellschaften angelehnte Grundstockvermögen muss nicht im tatsächlichen Bestand erhalten werden; das Grundstockvermögen ist lediglich ungeschmälert zu erhalten. Ausdrücklich zulässig ist die Verwendung von Zuwächsen aus der Umschichtung des Grundstockvermögens für die Erfüllung des Stiftungszwecks, soweit dies durch die Satzung nicht ausgeschlossen wurde und die Erhaltung des Grundstockvermögens gewährleistet ist.
Zu dem sonstigen Vermögen gehören alle Vermögensgegenstände, die nicht zum Grundstockvermögen gehören. Das Vermögen von Verbrauchsstiftungen besteht nur aus sonstigem Vermögen.
Bundeseinheitliche Regelungen zur Satzungsänderung
Für verschiedene Anlässe für Satzungsänderungen werden die Anforderungen gesetzlich geregelt, von denen der Stifter allerdings im Stiftungsgeschäft abweichen kann. Die (dispositiven) Voraussetzungen für Satzungsänderungen sind umso strenger, je stärker die Satzungsänderungen in die Stiftungsverfassung eingreifen und damit die Stiftung verändern:
- Der Stiftung kann ein grundlegend anderer(identitätsverändernder) Zweck gegeben oder der Zweck erheblich beschränkt werden, wenn
- der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann (insbesondere, wenn eine Stiftung keine ausreichenden Mittel für die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks hat und solche Mittel in absehbarer Zeit auch nicht erwerben kann) oder
- der Stiftungszweck das Gemeinwohl gefährdet.
Die weitere Voraussetzung ist, dass gesichert erscheint, dass die Stiftung den beabsichtigten neuen oder beschränkten Zweck dauernd und nachhaltig erfüllen kann. Kann der alte Zweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden, der neue Zweck aber gesichert erfüllt werden, kann die Stiftung in eine Verbrauchsstiftung umgestaltet werden, ohne dass die Vorschriften über den Erhalt des Grundstockvermögens entgegenstehen.
- Haben sich die Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung wesentlich verändert und ist eine Anpassung erforderlich, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen, kann der Stiftungszweck – ohne weitere Voraussetzungen – geändert werden (und ohne dass dies zu einer Identitätsveränderung führt) oder es können andere prägende Bestimmungen der Satzung (Name, Sitz, Art und Weise der Zweckerfüllung und Verwaltung des Grundstockvermögens) geändert werden.
- Im Übrigen sind Satzungsänderungen ohne jegliche Voraussetzungen möglich, wenn dies der Erfüllung des Stiftungszwecks dient.
Der Stifter (und damit nicht die Organe oder Stiftungsaufsicht) kann etwa einzelne Änderungstatbestände ausschließen oder die Satzungsänderung in der Satzung an strengere Voraussetzungen binden. Der Stifter kann auch im Stiftungsgeschäft festlegen, dass Satzungsänderungen durch die Organe der Stiftung auch unter anderen Voraussetzungen möglich sein sollen. Eine Blanko- oder Pauschalermächtigung zur Satzungsänderung darf nicht erteilt werden. Vielmehr muss der Stifter in der Änderungsermächtigung der Satzung inhaltlich vorgeben, welche Änderungen möglich sind und Leitlinien und Orientierungspunkte für die Satzungsänderungen vorgeben. An die Bestimmtheit der Ermächtigung in der Satzung sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je bedeutsamer die Änderungen sind, zu denen ermächtigt werden soll.
Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen
Das Gesetz unterscheidet zwischen der Zulegung von Stiftungen und der Zusammenlegung von Stiftungen. Während bei der Zulegung das gesamte Stiftungsvermögen von der einen Stiftung auf die andere übertragen wird, wird bei der Zusammenlegung von Stiftungen das Stiftungsvermögen als Ganzes von mindestens zwei Stiftungen auf eine neu errichtete Stiftung übertragen. Die Voraussetzungen für die Zulegung und Zusammenlegung sind dabei überwiegend deckungsgleich:
- Die Verhältnisse haben sich nach der Errichtung der übertragenden Stiftung wesentlich verändert und eine Satzungsänderung genügt nicht, um die übertragende(n) Stiftung(en) an die veränderten Verhältnisse anzupassen oder die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks war noch nie möglich.
- Die übernehmende Stiftung kann ihren Zweck in gleicher Weise dauernd und nachhaltig erfüllen.
- Die Rechte von Personen, für die in der Satzung der übertragenden Stiftung Ansprüche auf Stiftungsleistungen gewährt werden, bleiben gewahrt.
Bei der Zulegung muss zudem der Zweck der übertragenden Stiftung dem Zweck der übernehmenden Stiftung im Wesentlichen entsprechen.
Erleichterungen der Zulegung und der Zusammenlegung können in der Stiftungssatzung nicht geregelt werden; die Zulegung und Zusammenlegung kann allerdings in der Satzung ausgeschlossen werden.
Der schriftlich abzufassende Zulegungsvertrag bzw. Zusammenlegungsvertrag bedarf der Genehmigung durch die für die übernehmende Stiftung nach Landesrecht zuständigen Behörde. Wird die Genehmigung des Zulegungsvertrags unanfechtbar oder wird die Entscheidung über die Zulegung unanfechtbar, geht das Stiftungsvermögen des übertragenden Rechtsträgers (Zulegung) bzw. der übertragenden Rechtsträger (Zusammenlegung) als Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Stiftung über, ohne dass es der Auflösung oder Liquidation bedarf. Die übertragenden Stiftungen erlöschen; ein Sperrjahr muss nicht mehr abgewartet werden.
Beendigung von Stiftungen
Der Regelfall der Beendigung von Stiftungen wird indes die Auflösung der Stiftung durch den Vorstand (oder ein anderes hierfür bestimmtes Stiftungsorgan) sein oder die Aufhebung durch die Stiftungsbehörde, wenn das zuständige Stiftungsorgan nicht rechtzeitig über die Auflösung entscheidet. Die zentrale Voraussetzung für die Auflösung ist, wenn die Stiftung ihren Zweck endgültig nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllen kann. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Stiftung durch eine Satzungsänderung so umgestaltet werden kann, dass sie ihren Zweck wieder dauernd und nachhaltig erfüllen kann. Ein weiterer Fall der gesetzlichen Auflösung der Stiftung ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst wird. Die Stiftungsaufsichtsbehörden haben Stiftungen aufzuheben, wenn
- die Zeit, für die eine Verbrauchsstiftung errichtet wurde, abgelaufen ist und das zuständige Organ nicht rechtzeitig tätig wird;
- die Stiftung das Gemeinwohl gefährdet und die Gefährdung nicht auf andere Weise beseitigt werden kann;
- der Verwaltungssitz im Ausland begründet wurde und die Verlegung ins Inland nicht innerhalb angemessener Zeit erreicht werden kann.
Mit der Auflösung oder Aufhebung von Stiftungen fällt das Stiftungsvermögen an die in der Satzung bestimmte Anfallberechtigten.
Haftung von Organmitgliedern
Die Stellung der Organmitglieder der Stiftung wird deutlich gestärkt. In der Satzung kann etwa die gesetzliche Beschränkung der Haftung modifiziert oder ganz ausgeschlossen werden. Zentral ist weiterhin die Einführung der Business Judgement Rule aus dem Aktiengesetz (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG): Beachtet ein Organmitglied bei der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben – etwa bei Entscheidungen über die Anlage des Stiftungsvermögens – die gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben und durfte es vernünftigerweise annehmen, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln, verletzt das Organmitglied insoweit nicht seine Geschäftsführungspflichten.
Stiftungsregister
Zum 01.01.2026 wird ein elektronisches Stiftungsregister mit Publizitätswirkung eingeführt, in das alle bereits existierenden und neugegründeten rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts eingetragen werden sollen. Eintragungspflichtige Tatsachen sind unter anderem der Vorname, der Name, das Geburtsdatum und der Wohnort der Mitglieder des Vorstands und deren Vertretungsmacht, die Dokumente über die Errichtung der Stiftung (einschließlich der Satzung) und die nach der Eintragung der Stiftung erfolgten Satzungsänderungen.
Nicht-rechtsfähige Stiftungen
Für nicht-rechtsfähige Stiftungen gelten vorstehende Gesetzesänderungen nicht. Hier besteht weiterhin ein großer Gestaltungsspielraum bei der Gestaltung des Stiftungsgeschäfts und der Satzung.
Einschätzung
Die bundesweite und abschließende Regelung des Stiftungsrechts im BGB ist ein Gewinn für eine einheitliche Rechtspraxis der Stiftungsaufsichtsbehörden. Eine gewisse Herausforderung wird allerdings die Ausgestaltung von Satzungen neu zu errichtender und auch bestehender Stiftungen sein, insbesondere im Hinblick auf die vorstehend beschriebenen Möglichkeiten von Satzungsänderung und der Zulegung- bzw. Zusammenlegung. Eindeutig positiv sind die Erleichterungen der Vermögensverwaltung und Vermögensanlage von Stiftungen. Hier erhalten Stiftungsorgane eine Flexibilität, die der Stiftung zugutekommt und im Regelfall auch vom Stifterwillen umfasst ist. Die Haftungserleichterungen für die Stiftungsorgane mit der Einführung der Business Judgement Rule sind ebenfalls positiv zu bewerten.
Die Schaffung eines Stiftungsregisters (neben dem bereits existierenden Transparenzregister) sorgt sicherlich für Transparenz. Damit geht neben einem administrativen Aufwand zugleich auch eine Öffentlichkeitswirkung hervor, die häufig sicherlich nicht gewünscht und mitunter in dem vorgesehenen Detailierungsgrad auch nicht notwendig ist. Hier bietet sich dann die Errichtung einer nicht-rechtsfähigen Stiftung an.