News

BFH zur Rechtmäßigkeit einer unange­kündigten Wohnungs­besichtigung durch das Finanzamt

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 12.07.2022 (VIII R 8/19) über die Rechtmäßigkeit einer unangekündigten Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt entschieden. Gemäß der Entscheidung des BFH ist eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sogenannter Flankenschutzprüfer zur Überprüfung der Angaben der Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer rechtswidrig, wenn die Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt.

Im vorliegenden Fall hatte eine selbständige Unternehmensberaterin in ihrer Einkommensteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht. Nachdem das Finanzamt (FA) weitere Nachweise in Bezug auf das häusliche Arbeitszimmer anforderte, reichte die Unternehmensberaterin eine Skizze der Wohnung ein. Diese hielt der Sachbearbeiter des FA aber für klärungsbedürftig und bat den Flankenschutzprüfer um Besichtigung der Wohnung. Der Flankenschutzprüfer erschien in der Folge unangekündigt an der Wohnungstür der Steuerpflichtigen, wies sich als Steuerfahnder aus und betrat unter Hinweis auf die Überprüfung im Besteuerungsverfahren die Wohnung. Die Steuerpflichtige hat der Besichtigung nicht widersprochen.

Der BFH urteilte nun, dass die Besichtigung rechtswidrig war. So ist die Überprüfung der Angaben zum häuslichen Arbeitszimmer im Besteuerungsverfahren unter Berücksichtigung des in Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verbürgten Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung eine Besichtigung in der Wohnung eines mitwirkungsbereiten Steuerpflichtigen erst dann durchzuführen, wenn die Unklarheiten durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel (z.B. Fotografien) nicht sachgerecht aufgeklärt werden können. Dies trifft auch zu, wenn die Steuerpflichtige – so wie im beim BFH verhandelten Fall – der Besichtigung eingewilligt hat und daher ein schwerer Grundrechtseingriff nicht vorliegt.

Weiter führte der BFH aus, dass die Ermittlungsmaßnahme unter anderem deswegen rechtswidrig war, da sie nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle durchgeführt wurde, sondern von einem Steuerfahnder. Dies hat zur Folge, dass das persönliche Ansehen der Steuerpflichtigen gefährdet wird, wenn zufällig anwesende Dritte (z.B. Besucher oder Nachbarn) glauben, dass beim Steuerpflichtigen strafrechtlich ermittelt wird.

Insgesamt stärkt der BFH die Rechte von Steuerpflichtigen und schafft Klarheit über die Voraussetzungen für eine rechtmäßige unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt.

Diese Themen könnten Sie auch interessieren

Diese News könnten Sie auch interessieren

Tax Audit Advisory

Rückstellungen in der Steuerbilanz unter Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts

Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 09.03.2023 betreffend das Beibehaltungswahlrecht des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB für steuerlich zulässige Rückstellungen klargestellt, dass der entsprechende Ansatz grundsätzlich auch für die Steuerbilanz gilt. Ein hiervon abweichender steuerlicher Wertansatz ist nur dann zulässig – dann auch geboten -, wenn der steuerrechtliche Wertansatz...
Tax

Erweiterte Kürzung bei unterjähriger Veräußerung des letzten Grundstücks

Entsprechend der Rechtsprechung des BFH und der Verwaltungsauffassung entfällt bei einer eigenen Grundbesitz verwaltenden gewerblichen Gesellschaft die sogenannte erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 ff GewStG für den gesamten Erhebungszeitraum, wenn die Gesellschaft ihre letzte Immobilie unterjährig veräußert. Das FG Münster (27.10.2022, 10 K 3572/18 G)...
Tax Audit

Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Messekosten bei Produktionsunternehmen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil III R 35/21 vom 20. Oktober 2022 (veröffentlicht am 6. April 2023) gegen die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Messekosten bei einem Produktionsunternehmen entschieden. Leitsätze des BFH-Urteils zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Messekosten: Anlagevermögen sind Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen. Zum...
Tax

Wegzugsbesteuerung und lediglich vorübergehende Abwesenheit

Der BFH hat entschieden, dass eine zum rückwirkenden Entfallen der sogenannten Wegzugsbesteuerung führende nur vorübergehende Abwesenheit im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 AStG a.F. keine subjektive Rückkehrabsicht bereits im Zeitpunkt des Wegzugs erfordert. Eine tatsächliche Rückkehr in die unbeschränkte Steuerpflicht innerhalb des gesetzlichen bestimmten Zeitraums sei...