News

BFH-Urteil: Grundstücks­wertermittlung bei Existenz eines zeitnahen Kaufpreises

BFH-Urteil vom 24.08.2022, II R 14/20

Der BFH hat in seinem Urteil vom 24.08.2022 (II R 14/20) das Vorgehen für die Bewertung eines bebauten Grundstücks für Zwecke der Schenkungsteuer klargestellt. Es wurde erläutert, dass beim Vergleichswertverfahren primär Vergleichspreise aus Gutachterausschüssen heranzuziehen sind und erst beim Fehlen dieser, sekundär auf Vergleichspreise aus zeitnahen Kaufpreisen zurückgegriffen werden kann. Das Sachwertverfahren ist hingegen nur nachrangig zu verwenden.

Im konkreten Fall hatte der Kläger den Grundbesitzwert eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Sachwertverfahren mit EUR 518.403 ermittelt. Das zuständige Finanzamt stellte im Jahr 2019 im Wege des Vergleichswertverfahrens einen Grundbesitzwert in Höhe von EUR 920.000 fest. Dafür zog es den tatsächlich gezahlten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück aus dem Jahr 2017 heran. Vergleichspreise für vergleichbare Grundstücke oder Vergleichsfaktoren konnte der Gutachterausschuss für das zu bewertende Grundstück nicht mitteilen.

Der Kläger hatte Einspruch beim BFH eingelegt und geltend gemacht, dass der Grundbesitzwert nicht im Vergleichswertverfahren bestimmt werden könne, da Vergleichspreise für mehrere Grundstücke und damit eine Abbildung der Marktsituation nicht vorlägen. Ein einzelner Verkaufspreis könne sich nur im Rahmen von § 198 des Bewertungsgesetzes (BewG) als Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken. Aus diesem Grund könnte laut Kläger der gezahlte Kaufpreis von EUR 920.000, den das Finanzamt der Grundstücksbewertung zu Grunde gelegt hatte, nicht verwendet werden.

Der BFH führte aus, dass die Bewertungsmethode für bebaute Grundstücke (§ 180 BewG) von der Grundstücksart (§ 181 Abs. 1 BewG) abhängig ist. Nach § 182 Abs. 2 Nr. 3 BewG sind Ein- und Zweifamilienhäuser grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten. Nur wenn kein Vergleichswert oder keine Vergleichsfaktoren vorliegen, sind sie im Sachwertverfahren zu bewerten (§ 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG). Konkret bedeutet dies, dass wenn weder vom Gutachterausschuss ermittelte Vergleichspreise noch Vergleichsfaktoren vorliegen, der Vergleichspreis nach § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG auch aus einem zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück abgeleitet werden kann.

Da für das betreffende Grundstück ein zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarter Kaufpreis vorlag, hat dieser laut BFH Vorrang vor einem mit dem Sachwertverfahren ermittelten Wert.

Mit der Entscheidung stellt das BFH die Vorgehensweise bei der Bewertung von Grundstücken nach dem BewG klar und erhöht die Hürde für die Anwendung des Sachwertverfahrens.

Diese Themen könnten Sie auch interessieren

Diese News könnten Sie auch interessieren

Audit Advisory Valuation

FAB äußert sich zur Bilanzierung von Altersversorgungs­verpflichtungen

Die EZB hat seit Juli 2022 in mehreren Schritten die Zinswende eingeleitet, um die derzeitige Inflation zu mindern. Im Hinblick auf die Bilanzierung von Altersversorgungsverpflichtungen sind hierdurch Zweifelsfragen entstanden, zu denen der FAB im Rahmen seiner 272. Sitzung am 26. Mai 2023 unter Berücksichtigung des IDW RS HFA 30...
Advisory Valuation

Basiszinssatz nach IDW S 1 steigt zum 01.06.2023 gerundet auf 2,50 %

Der Basiszinssatz nach IDW S 1 steigt zum 01.06.2023 auf gerundet 2,50 %. Der ungerundete Basiszinssatz steigt ebenfalls von 2,33 % zum 01.05.2023 auf 2,39 % zum 01.06.2023. Somit setzt sich der Anstieg der letzten Monate beim Basiszinssatz weiterhin fort, der sich diesen Monat auch wieder im gerundeten Basiszinssatz...
Advisory Valuation

Basiszinssatz

Basiszinssätze nach IDW S 1 i. d. F. 2008 Die folgende Tabelle stellt die Basiszinssätze für Unternehmens­bewertungen nach IDW S 1 i. d. F. 2008 bzw. IDW RS HFA 10 für Bewertungsstichtage, beginnend ab 01.11.2017, dar. Die Zinssätze wurden gemäß Vorgaben des IDW (vgl. WPH Edition, Bewertung und Transaktionsberatung,...
Tax Audit Advisory

Rückstellungen in der Steuerbilanz unter Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts

Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 09.03.2023 betreffend das Beibehaltungswahlrecht des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB für steuerlich zulässige Rückstellungen klargestellt, dass der entsprechende Ansatz grundsätzlich auch für die Steuerbilanz gilt. Ein hiervon abweichender steuerlicher Wertansatz ist nur dann zulässig – dann auch geboten -, wenn der steuerrechtliche Wertansatz...